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Die Betäubung: Roman (German Edition)

Die Betäubung: Roman (German Edition)

Titel: Die Betäubung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Enquist
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wirklich. Aber ich muss jetzt trotzdem kurz bei dir sein, du riechst so gut, so vertraut. Wenn ich so ein Onkohund wäre, würde ich dich den ganzen Tag beschnüffeln.«
    Während er ihren Bauch küsst – sie fühlt seine um ihren Nabel kreisende Zunge und wundert sich über ihre ungewollte Erregung –, fliegt die Tür auf, und sie schaut direkt in das Gesicht von Rudolf Kronenburg.
    »Jeder amüsiert sich auf seine Weise«, sagt er. »Es liegt mir fern, das zu kritisieren. Das stünde mir angesichts meines Status als Besserungsobjekt auch gar nicht zu. Aber eine gewisse Verwunderung kann ich nicht verhehlen. Du wirst übrigens gesucht, Suzan, deine Tochter ist am Telefon. Ich ziehe mich diskret zurück. Schönen Tag noch.«
    Jetzt erst hebt Allard den Kopf. Suzan versucht, von seinem Schoß zu klettern, und bindet ihre Hose zu.
    »Ertappt«, sagt Allard kichernd. »Mann, der drückt sich vielleicht geschwollen aus, dieser Gimpel. Meinst du, dass er uns verpfeift?«
    »Ich habe meinen Piepser verloren«, sagt Suzan. »Deshalb konnten sie mich nicht erreichen. Ich muss Roos anrufen. Meine Tochter. Wir müssen zurück.«
    »Roos? So heißt meine Freundin auch. Wunderschöner Name. Diesem komischen Kauz glaubt sowieso keiner, wenn er etwas über uns sagt. Am besten abstreiten, das Ganze. Er verbreitet Gerüchte. Aus Rache oder was auch immer.«
    Suzan ist kreidebleich geworden. Ohne Allard anzusehen, geht sie zur Tür.
    »Bist du böse?«, fragt er. »Sag was, bitte.« Er hängt mit ausgebreiteten Armen in dem Rollstuhl.
    »Kronenburg hat viele unangenehme Eigenschaften, aber intrigant ist er nicht. Also mach dir keine Sorgen. Abstreiten ist eine gute Idee. Allen gegenüber. Hörst du? Allen. Auch außerhalb vom Krankenhaus. Tust du das?«
    Er sieht sie niedergeschlagen an. Sagt nichts.
    »Es ist nie etwas zwischen uns gewesen«, sagt Suzan. »Nie.«
    Sie tritt auf den Flur hinaus und zieht die Tür hinter sich zu.

23
    Drik ist bei seinem zweiten Whisky, als das Telefon läutet. Er überlegt, ob er abnehmen soll. Wer könnte das sein? Peter, Suzan, ein Patient, der einen Termin verschieben möchte – wer immer es auch sein mag, er will jetzt mit niemandem sprechen. Er schlurft in die Küche, um sein Glas noch einmal zu füllen. Vielleicht ist es ja seine schwedische Kollegin, die neugierig sein wird, ob er ihren Rat befolgt hat, und bestimmt wissen möchte, wie es gelaufen ist. Er wird sie dann später anrufen. Erst mal ein Weilchen sitzen. Dieser Junge ist gerade erst zur Tür raus. Er möchte nach diesem bemerkenswerten letzten Gespräch seine Gedanken ordnen. Er trinkt.
    Allard kam zu spät, fast eine Viertelstunde. Drik dachte schon, dass er gar nicht mehr kommen würde, und fragte sich, ob er sich nicht schon mal ein Gläschen einschenken könnte. Das verwarf er, auch die ungenutzte Stunde gehört dem Patienten. Er musste einen klaren Kopf bewahren.
    Nur gut, denn Allard tauchte tatsächlich noch auf. Er wirkte gehetzt und erzählte weitschweifig, dass er von einem komplizierten Eingriff weggelaufen sei, während die anderen geblieben seien, aber er habe sich verdrückt, um zu seiner Therapie zu kommen. Er gähnte und schaute Drik mit großen Augen an.
    Jetzt, hatte Drik gedacht, jetzt muss ich zuschlagen, jetzt ist der Moment. Allard rieb sich die Waden, als habe er Krämpfe.
    »Die Therapie«, hat Drik zu Allards gesenktem Kopf hin gesagt, »über die möchte ich mit dir sprechen. Die Therapie ist nach dieser Sitzung beendet. Wir hören auf.«
    Der Junge knetete und kratzte weiter, als ob er nichts gehört hätte. Zu guter Letzt schaute er auf. Ihm stand der Schweiß auf der Stirn, Drik sah einen Film aus kleinen Tröpfchen auf seiner Haut liegen.
    »Wir haben ihr ein Jahr lang die Chance gegeben. Sie hat nicht angeschlagen. Wir müssen realistisch sein und dürfen den Prozess nicht unnötig in die Länge ziehen. Dir ist vielleicht mit einem anderen Ansatz besser gedient, oder du versuchst es mal eine Zeitlang ohne Therapie. Auf jeden Fall werden wir Abschied voneinander nehmen.«
    Wie bringe ich das nur über die Lippen, hat Drik gedacht, was für eine grässliche Wortwahl. Daraus spricht die reine Ohnmacht. Ich habe mich noch nie so sehr als Scharlatan gefühlt. Zum Kotzen.
    »Wir?«, fragte Allard. »Ich habe nichts zu sagen. Mir scheint, das ist ganz allein deine Entscheidung.« Er verstummte, als sei er durch irgendetwas abgelenkt. Auch Drik schwieg. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Ich dachte

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