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Die Betäubung: Roman (German Edition)

Die Betäubung: Roman (German Edition)

Titel: Die Betäubung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Enquist
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dir höre, bin ich Donnerstag um halb zwei am Bahnhof.«
    Ach du Schreck. Donnerstag. Ist das heute? Wie spät ist es? Drik macht auf dem Absatz kehrt und läuft im Eiltempo nach Hause. Dort gleich ins Auto, keuchend, ungewaschen, unrasiert. Ein Überfall, ein Einbruch in seine Isolation. Wie kommt sie dazu? Viertel nach eins ist es, gerade rechtzeitig. Tolles Auto, der neue Jeep, man sitzt so hoch, dass man alles überblickt, und die riesigen Reifen haben in dem Matsch eine gute Haftung.
    Vor dem kleinen Bahnhofsgebäude wartet Leida mit einer Handtasche. Sie trägt einen altmodischen Regenmantel und einen schrulligen Südwester. Drik hält mit quietschenden Reifen, direkt vor Leidas Füßen. Sie zuckt nicht mit der Wimper.
    Prüfend schaut sie auf seinen Stoppelbart, dann wandert ihr Blick zu seinen Gummistiefeln hinunter. Sie hält ihm ihre Wange hin und lässt sich küssen.
    »Soweit ich verstanden habe, hast du dich mit der Familie überworfen«, sagt sie, als Drik sie mit Mühe in den Jeep gehievt hat. »Also habe ich beschlossen, mir selbst ein Bild davon zu machen, wie es dir geht. Du siehst vernachlässigt aus.«
    Er kann keinerlei Ausdruck von ihrem Gesicht ablesen, als sie auf den Hof fahren und der unordentliche Holzstapel in Sicht kommt. Die schwarze Plastikplane liegt daneben. Drik hilft Leida aus dem Wagen, und sie gehen hinein. Jetzt, da sie dabei ist, merkt er, dass es stinkt.
    »Schließt du das Haus nicht ab, wenn du wegfährst?«
    »Nein«, sagt er resolut, »hier lässt man Tag und Nacht die Türen offen stehen. Unter Bauern, weißt du, so machen wir das hier. Entschuldige die Unordnung, ich habe draußen gearbeitet und bin hier noch nicht zum Aufräumen gekommen. Möchtest du Kaffee?«
    Leida lässt sich auf dem Campingstuhl nieder. Ihren Mantel behält sie an. Den Hut hat sie auf den Tisch gelegt. Sie schaut sich um. Spüle voll schmutzigem Geschirr. Leere und volle Whiskyflaschen. Umzugskartons mit feucht gewordenen Büchern. Das nackte Fenster.
    »Hast du keine Vorhänge?«
    »Ich bin jetzt mit dem Zaun beschäftigt. Zur Abgrenzung des Grundstücks. Diese Spaziergänger latschen einfach quer über mein Land mit ihren Navis und Karten. Das möchte ich so schnell wie möglich abstellen.«
    »Ein Jammer«, findet Leida. »Damit durchbrichst du die Einheit der Felder und Wiesen. Absurd, dass man das so einfach darf, gibt es hier denn keine Landschaftsschutzkommission? Hast du überhaupt eine Genehmigung eingeholt?«
    »Ich stelle alle drei Meter einen Pfahl auf. Und die verbinde ich mit Stacheldraht. Es ist mein Land. Ich habe keine Milch mehr, du bekommst deinen Kaffee schwarz.«
    Die Rehe könnten sich die Bäuche aufreißen, fürchtet Leida, und wie er den Draht straff spannen wolle, wenn die Pfähle derart krumm und schief im Boden stünden? Drik schweigt und schaut in den Kühlschrank. Ich kann ihr ein Spiegelei braten. Das Brot ist schimmelig. Wenn ich die leeren Flaschen einsammle, kann ich eine volle dazwischenlegen und draußen auf dem Flur kurz einen Schluck daraus nehmen.
    Er stellt die Tragetasche mit dem Leergut in den Hausflur und die angebrochene Flasche in den Sicherungskasten, wischt sich über die Lippen und geht wieder in die Küche zurück.
    Als Leida isst, erkundigt er sich nach Roos. Leida legt Messer und Gabel neben ihren Teller und sieht ihn an.
    »Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich habe den Eindruck, dass sie sich von dir verraten fühlt, aber sie hat mir nichts erzählt. Ihre Mutter will sie auf keinen Fall sehen, darüber spricht sie schon mit mir. Ich kann nichts dazu sagen. Das ist etwas zwischen ihr und Suzan. Roos hat ihr Studium aufgegeben, wusstest du das? Sie war in Rückstand geraten und konnte sich nicht dazu aufraffen, das wieder einzuholen. Jetzt arbeitet sie bei Aldi an der Kasse, bis sie weiß, was sie will. Sie wohnt bei mir, in Hendriks Räumen. In ihrer Wohnung hat sie es nicht mehr ausgehalten.«
    Der Wind hat aufgefrischt und lässt die schwarze Plane flattern. Von Zeit zu Zeit brechen Sonnenstrahlen durch die Wolken. Dann blinkt der Fluss wie ein silbernes Band.
    »Hast du Probleme mit der Blase? Du musst so oft auf die Toilette. Hendrik hatte das auch. Ein Altmännerleiden.«
    Die Flasche im Sicherungskasten ist jetzt halb leer. Leida muss weg, denkt Drik, bevor ich sie erwürge.
    »Es ist gut, dass du dich um Roos kümmerst«, sagt er. »Was mich betrifft: Ich habe das Bedürfnis, eine Weile allein zu sein und nachzudenken. Um Viertel vor fünf

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