Die Bettelmoenche aus Atlantis
aßen, wären lieber unter sich geblieben. Jedenfalls blickten sie strafend, wenn an Nebentischen zu laut gelärmt wurde.
Tarzan suchte nach einem bekannten Gesicht, entdeckte aber lediglich Ralf Müller, zu dessen Begrüßung er sich nicht aufgerafft hätte. Der Junge war 14, aber immer noch in einer der achten Klassen. Nun ist zwar eine Ehrenrunde keine Schande; und so was kommt bei Söhnen und Töchtern bester Familien vor – aber Ralf Müller gewann bei seinen Mitschülern wenig Sympathien.
Er galt als Drückeberger und Einzelgänger, der nirgendwo mitmachte, aber über enorm viel Taschengeld verfügte und damit angeberisch um sich warf. Er war blass und hellblond.
Seine Blicke irrten umher, als fühle er sich ständig gehetzt.
Jetzt saß er allein in der Ecke. Er erhielt den zweiten – oder dritten – Eisbecher und stach gierig mit dem Löffel hinein. Dass er viel aß, war bekannt – obschon er an Klößchens Appetit nicht ranreichen konnte. Außerdem war er – im Gegensatz zu Klößchen – hohlwangig und rippenblank.
Gaby war Tarzans Blick gefolgt und meinte: »Dieses Jahr bleibt er wieder hängen, habe ich gehört.«
»Wäre schlimm. Dann müsste er runter von der Schule.« »Ihm scheint das egal zu sein.«
Die Eisbecher und der Orangensaft wurden serviert.
Als Tarzan sein Glas hob, meinte sie aufgeregt: »Da sind ja die beiden.«
Mit ihrem Eislöffel deutete sie zur Straße. Dort, auf der gegenüberliegenden Seite, standen zwei Bettelmönche. Sie waren lächerlich anzusehen in ihren himmelblauen Kutten.
Es waren Argoub und Grombali.
»Unsere Freunde«, stellte Tarzan fest. »Offenbar treiben die sich überall rum.«
Er erklärte Klößchen, um wen es sich handele, und hatte noch nicht ausgesprochen, als ihm vor Verblüffung beinahe das Wort wegblieb.
Ralf Müller, auf den er nicht mehr geachtet hatte, rannte nämlich plötzlich über die Straße – hin zu den Bettelmönchen. Sie begrüßten ihn wie einen alten Bekannten. Dann standen sie zu dritt beisammen. Sie redeten angeregt. Die Bettelmönche grinsten. Ralf strahlte übers ganze Gesicht. Die Eintracht schien vollkommen.
»Er spendet nicht mal«, sagte Gaby. »Um Himmels willen! Was wollen die von ihm? Ist er das nächste Opfer?«
Tarzan presste die Zähne aufeinander. »Die umgarnen ihn regelrecht. Sieh dir das an!«
Er hatte recht. Eben klopfte Argoub dem Jungen auf die Schulter und Grombalis Narbengesicht drückte Anerkennung aus. Ralf genoss das mit stolz geschwellter Hühnerbrust. Den Blick aus Argoubs Glotzaugen hinter seinem Rücken bemerkte er nicht.
»Da spinnt sich was an«, sagte Tarzan. »Fragt sich nur, wann wir eingreifen.«
Er überlegte, ob er sich ungebeten zu den dreien gesellen sollte. Aber das war nicht mehr nötig. Die Bettelmönche verabschiedeten sich. Ralf kam zurück. Freude rötete sein sonst blasses Gesicht.
Offenbar hatte er bezahlt, bevor er hinausgelaufen war, denn sein Tisch war inzwischen besetzt. Suchend sah er sich nach einem freien Platz um.
Tarzan stand auf, um sich bemerkbar zu machen und winkte ihm. Ralf kam heran.
»Hallo«, sagte er mit verzogener Oberlippe. »Ist bei euch noch ein Stuhl frei?«
Frei war nur einer am Nebentisch. Den zog Tarzan heran. Kaum dass Ralf Platz genommen hatte, ging Tarzan auf sein Ziel los.
»Wir konnten beobachten, Ralf, wie du mit den Bettelmönchen geredet hast. Kennst du sie näher?«
»Klar. Seit etwa vier Wochen. Ich treffe sie oft. Auch die andern. Dufte Kumpel sind das. Einfach Klasse, obwohl sie sich so himmelblau kleiden. Aber ihre Gemeinschaft – ich sag euch: Das ist riesig. Die Jünger aus Atlantis sind eine einzige große Gemeinschaft von Freunden. Das merkt man sofort. Außerdem wissen die, wo es lang geht. Geistig, meine ich. Ihr Führer ist eine Persönlichkeit, die man wirklich verehren muss. Wer bei ihm ist, ist gut aufgehoben.«
»Würde es dir Spaß machen, dabei zu sein?«
»Klar. Guck doch mal um dich rum in dieser bekackten Welt.Wo gibt es noch so eine Gemeinschaft? Die Jünger aus Atlantis stehen da allein auf weiter Flur.«
»Interessant.« Tarzan tauschte einen raschen Blick mit seinen Freunden, verzog aber keine Miene. »Haben sie dir angeboten, in die Sekte einzutreten?«
»Äh... Nicht direkt. Aber eintreten kann jeder. Das wäre meine Entscheidung. Wenn ihr Interesse habt, kann ich euch mit ihnen bekannt machen.«
»Wir kennen sie schon«, sagte Tarzan. »Es sind wirklich prächtige Menschen. Argoub und Grombali hatten
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