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Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Krankenhaus: die Schwestern, die Ärzte und die fröhlichen Pfleger mit ihrem Herumgealbere. Ich hasse sie alle. Die haben nichts drauf, keiner von denen. Meinen Dad haben sie hier abnippeln lassen, in diesem neuen topmodernen Krankenhaus, in diesem Laden, der schon für den Arsch war, bevor er überhaupt eröffnet wurde, genau wie unser Parlament oder unser Hogmanay-Straßenfest, die auch nie was geworden sind. Irgendwie schafft es keiner, so zuverlässig und spektakulär zu versagen wie wir. Das ist das Einzige, worin wir uns auszeichnen.
    Jetzt liegt mein Bruder hier drin, und sie kriegen wieder nichts auf die Reihe. Ihr ganzes Wissen und ihr Getue und was dabei rauskommt, sind gleich null. Machen wir uns doch nichts vor, unserem Brian geht es dreckig, und jetzt heißt es, sie suchen eine Spenderleber für ihn. Aber bemühen sie sich wirklich? Suchen sie weiträumig genug? Würden sie gründlicher suchen, wenn wir reich wären? In größerem Umkreis? Vielleicht finden sie keine, und selbst wenn, vielleicht verläuft die Transplantation nicht erfolgreich. Und würde diese Krankheit die neue Leber nicht genauso angreifen wie die alte?
    Mein großer Bruder wird sterben. Ich schaue ihn an und sehe sein aufgedunsenes, gelbliches Gesicht, höre den dünnen Ton seiner schwachen Stimme. Die Lider gehen auf und zu, LebenTod-Leben-Tod-Leben, immer hin und her. Und dann ist da dieser durchdringende Geruch; es stinkt nach Tod. Ich weiß noch, wie dieser düstere Mief aus allen Poren der Haut meines Vaters kam. Ich weiß es, ich spüre es. Und meine Mutter, meine arme Mutter, macht alles noch mal durch, was sie bei Vater durchgemacht hat. Ihre Welt bricht ihr weg.
    Beten ist das Einzige, was sie noch tut. Wenigstens scheinen diese unheimlichen amerikanischen Jungs nicht mehr zu kommen. Aber sie geht immer noch jeden Tag in die kleine Kirche auf dem grasbewachsenen Hügel. Dieser Ort, der mich jeden Sonntag meiner Kindheit zu Tode gelangweilt hat, wenn ich wach wurde und mir das Grauen beim Gedanken, dass wir hingehen würden, beinahe die Schädeldecke sprengte. Jetzt rennt sie zusätzlich auch noch zu dieser Presbyterian Free Church in der Stadt, dem Verein, dem sie als junges Mädchen in Lewis angehörte.
    Manchmal versuche ich sie daran zu erinnern, dass die Ärzte Brian kaum noch eine Chance geben. Ich weiß auch nicht, warum; es ist, als ob ich mich seelisch auf den großen Crash einstelle und ihr beizubringen versuche, dass sie mit mir im rasenden Auto sitzt. Mit blindem Gottvertrauen ist es für mich einfach nicht mehr getan, war es wahrscheinlich nie. Aber sie will es ja gar nicht hören, weil Gottvertrauen alles ist, was sie will, alles was sie braucht und wahrscheinlich auch alles, was sie hat. Sie scheint zu glauben, dass Brians Güte und Rechtschaffenheit ihn beschützen werden.
    Also lasse ich sie im Gebet und Brian in seinem beunruhigenden Schlaf im Krankenzimmer zurück und gehe in die Cafeteria. Sie bemerken mein Weggehen nicht oder vielleicht doch.
    Was suchte sie hier, an diesem Ort der Andacht, was redete sie mit diesem Fremden, diesem Mann, der noch nie eine Beziehung zu einer Frau hatte, zumindest nicht offiziell, und erzählte ihm alles? Und nachdem sie mit der ganzen Geschichte herausgeplatzt war und ihn gefragt hatte, was sie tun solle, wusste sie, dass ihr drei Ave Maria genügen würden, ihr ausreichend Stärke geben würden, um das Geheimnis zu bewahren.
    Sie verließ die Kirche St Mary’s Star of the Sea, die sie als Kind nur widerwillig aufgesucht hatte, in die sie aber in Zeiten großer Belastung doch immer wieder kleinlaut zurückgeschlichen war. Sie ging die Constitution Street und die Bernard Street hinunter und setzte sich dann an den Shore, und während sie die wunderschönen weißen Schwäne betrachtete, die über das schwarze Wasser glitten, fragte sich Beverly Skinner, was für eine Katholikin und was für eine Mutter sie eigentlich war.
    Aber sie hatte ihre Geschichte nun dem Pfarrer erzählt. Heute Abend würde Tina vorbeikommen, sie würden Carlsberg Special und Wodka trinken, Dope rauchen und die Pistols, Clash, die Stranglers und The Jam hören, bis die arme, alte Mrs Carruthers anfing, mit dem Besenstiel gegen ihre Decke, Bevs Fußboden, zu trommeln; dann würde wieder alles im Lot sein.

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