Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
jungen Männer in Anzug gehörten der New Church of the Apostles of Christ an und kamen mit ihren Pamphleten, die Joyce mit Begeisterung studierte, zu ihnen nach Haus. Oft fand sie Trost darin, jedoch nicht ganz so viel wie in den Tagebüchern. – Lies das, Brian. Es sind die Tagebücher deines Vaters. Ich habe sie in seinem Schränkchen im Gartenschuppen gefunden. Ich war vorher noch nie da drin … das wär mir unangenehm gewesen … es war immer sein Platz. Dann hab ich diese Stimme gehört, als wär er da drin, und ich weiß, es klingt blöd, aber da ging ich rein …
Obwohl er sah, dass seiner Mutter an dieser Stelle Tränen bittersüßer Wehmut in die Augen traten, schmeckte Brian Kibby die Idee ganz und gar nicht. – Das möchte ich nicht, Mum. Das sind Dads private Sachen …, sagte er und hatte das Gefühl, als würde man den Sarg seines Vaters aufbrechen.
Doch Joyce blieb hartnäckig, angetrieben von einer Energie und Leidenschaft, die er schon lange nicht mehr an ihr beobachtet hatte. – Lies es, Junge, das ist schon in Ordnung, du wirst sehen. Nur diese Stelle hier. Sie wies auf eine Passage und nötigte seine sich weitenden Augen zum Mitlesen:
Ich habe mir früher immer Sorgen wegen Brian gemacht; dass ihn seine Hobbys, diese Sache mit den Modelleisenbahnen, von den anderen Jungs in der Schule isolierten und zum Außenseiter machten. Aber mir ist lieber, er beschäftigt sich mit der Modelleisenbahn, als sich mit solchen Gestalten herumzutreiben, wie ich es als Junge getan habe. Es ist toll, dass er in diesem Wanderverein mit anständigen jungen Leuten zusammen ist, raus ins Grüne kommt und Spaß daran hat.
Unser Brian ist ein echtes Arbeitstier. Der Junge wird alles, was er sich vornimmt, durch harte Arbeit erreichen.
Caroline kommt eher nach mir, aber sie hat mehr Grips, als ich je hatte. Ich hoffe nur, sie nutzt ihn auch und bringt es zu was an der Uni. Ich hoffe, sie lernt diese leichtfertige, arrogante Ader zu beherrschen, die mir selbst beinahe zum Verhängnis geworden ist, denn das Mädchen ist mein ganzer Stolz und meine ganze Freude.
Brian Kibby bekam beim Lesen feuchte Augen.
– Siehst du, Junge, wie sehr er dich geliebt hat!, schluchzte Joyce auf; wenn ihr Sohn doch nur die Worte ihres verstorbenen Gatten auch so auffassen würde, wie sie es getan hatte!
Aber die Passage war eindeutig genug. Es stimmte: Dort stand es schwarz auf weiß. – Aye … aye … es ist toll, das zu lesen, beteuerte er.
– Wir sollten sie Caroline zeigen, schlug Joyce vor.
Unbehagen rappelte in Brian Kibbys Brust wie eine Murmel.
– Lieber nicht, Mum, sie hat’s im Moment nicht leicht.
– Aber sie könnten sie vielleicht trösten …
– Sie muss sich ganz auf ihr Studium konzentrieren, Mum. Sie darf ihre Zeit nicht mit alten Tagebüchern vergeuden. Warten wir, bis sie sich wieder gefangen und die Prüfungen geschafft hat. Das würde Dad auch wollen!
Joyce Kibby sah die Inbrunst in den Augen ihres Sohnes und gab bereitwillig nach. – Ja … das war ihm so wichtig, stimmte sie zu.
Kibby biss auf die Zähne und genoss seine Durchsetzungskraft. Er würde allen zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt war, besonders diesem fiesen Skinner.
Während er im Lift hoch zum Konferenzraum fuhr, ratterte Danny Skinners Herz in einem wilden Rhythmus, als würde ein Kind mit einem Stock ein Eisengitter entlangfahren. Doch, das Kokain war eine prima Idee gewesen: Es hatte seinen Verstand geschärft und sein Selbstbewusstsein wiederhergestellt.
Die Sache mit Cooper war außerhalb der Arbeitszeit passiert und hatte einen Scheißdreck zu bedeuten.
Er würde Cooper voll ins Gesicht sehen, wenn er in den Konferenzraum kam, und wenn der dann was sagen wollte, sollte er ruhig.
Entweder wir regeln die Sache auf dem Dienstweg, du Sack gesicht, oder draußen vor der Tür, Mann gegen Mann. Was darf ’s also sein, Cooper? Hä? Pardon, was war das? Ich hab dich nich richtig verstanden, Kumpel, was haste da gesagt, du Fotze? Hä? Nichts? Ach ne, dann kommt also »nichts« dabei rum, hä? Aye, dachte ich mir schon.
Die Aufzugtüren schnellten auf, und Danny Skinner marschierte mit steifem Kreuz über den Flur in den Konferenzraum. Beim Hereinkommen prallte er fast vor dem grellen Licht der Neonröhren zurück, das von den beige gehaltenen Wänden reflektiert wurde und sich in sein verstrahltes Hirn bohrte. Der weiße Raum des nahenden Todes, dachte Skinner, doch ohne Furcht, denn das weiße Pulver stand ihm bei.
Leckt
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