Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
irgendwann ein Zeitpunkt, an dem man sich von Alkoholikern lösen muss. Es ist immer dasselbe.
Skinner fühlte sich plötzlich etwas unwohl unter dem prüfenden Blick des Kochs. Ob De Fretais etwas über sein Trink-verhalten wusste? Sich von Alkoholikern lösen . Das erschien ihm doch zu einfach.
Skinners Unbehagen spürend, führte er aus: – Leider ist das die Geißel der Gastronomie, die viele Köche irgendwann zu spüren bekommen.
Skinner deutete mit einem Nicken auf das Glas Wein in De Fretais’ Hand. – Hat Sie aber noch nicht vom Trinken abgehalten.
– Für eine Weile schon, behauptete De Fretais und rang sich ein knappes Grinsen ab. Seine Haut war gebräunt. Skinner fragte sich, ob die Bräune aus Spanien stammte oder von der Sonnenbank. – Ich hatte ein Alkoholproblem und habe dann jahrelang kein Glas angerührt. Irgendwann merkte ich, dass ich kontrolliert trinken konnte. Das Problem war gar nicht der Alkohol, sagte er mit einem Grinsen und nahm ein Schlückchen Wein, – es war die Selbstsucht. Alkohol ist die Medizin des Egomanen.
– Aber Egomanen sind wir doch wohl alle, sagte Skinner in einem Anflug von Panik. – Ich meine, Sie sind doch … Ich meine, Sie sind doch … na ja, Sie sind doch kein Mensch, dem es an Selbstwertgefühl mangelt!
– Oh, aber das hat mit Selbstbezogenheit nichts zu tun. Die Sache ist sehr viel komplizierter. De Fretais schüttelte den Kopf. – Selbst der größte Egozentriker muss nicht jede Kleinigkeit einzig und allein auf sich beziehen, während es durchaus vorkommt, dass ein äußerst zurückhaltender, schüchterner oder einfach rundum netter Mensch genau dieser Wahrnehmung erliegen kann, fuhr er fort, während sein Blick über die Anwesenden im Raum schweifte. – Uns mag der traurige, von Selbsthass zerfressene Alkoholiker mehr leidtun als der aufgeblasene, der glaubt, dass alle Menschen außer ihm verrückt geworden seien, doch im großen Ganzen sind sie nur zwei Seiten einer Medaille.
Skinner nickte nachdenklich, sammelte sich dann wieder und meinte: – Ich muss gestehen, am meisten haben mich an Ihrem Buch die Stellen interessiert, wo’s ums Bumsen geht.
Er sah zu, wie De Fretais herzhaft lachte, ihn dann mit neuem Interesse ansah und die Augenbrauen hob, um Skinner zum Weitersprechen zu ermutigen.
– Wissen Sie, alles, was mit der Archangel Tavern zu tun hat, hat mich interessiert. Das muss eine aufregende Zeit gewesen sein damals. Anthony Bourdain hat mal über die Auswirkungen von Punk auf die kulinarische Entwicklung in den USA geschrieben, aber bei Ihnen habe ich so was zum ersten Mal über Großbritannien gelesen. Erinnern Sie sich noch an Bev Skinner? Sie hat damals da gekellnert. Meine Mutter, fügte er hinzu.
De Fretais lächelte und nickte, seine Miene verriet jedoch nichts. Skinner schloss daraus, dass wenn ihn mit seiner Mutter irgendwann etwas gefühlsmäßig verbunden hatte, das lange vorbei sein musste. Es gab weder Anzeichen für Animosität noch für Zuneigung. – O ja, an die erinnere ich mich. Sie hing immer mit dieser Band von hier rum, den Old Boys. Waren gar nicht schlecht, wenn ich mich recht erinnere, sind aber nie so bekannt geworden, wie sie es verdient gehabt hätten.
– Aye … Wes Pilton, der Sänger, der hatte gar keine üble Stimme, log Skinner. Mit den Old Boys hatte ihn seine Mutter immer wieder mal genervt.
– Und, wie geht’s Ihrer Mutter?
– Oh, danke, gut. Tut immer noch so, als hätte es nach Punkrock nie wieder Musik gegeben.
– Ich hatte Punk ziemlich schnell satt. So für sechs Monate war das ja ganz interessant, aber wenn man danach nicht die Nase voll davon hatte, musste man schon ein bisschen unterbelichtet sein, sagte er und schien dann zu zögern, als sei ihm gerade erst der Gedanke gekommen, Bev Skinner könnte immer noch Hardcorepunk sein. – Aber grüßen Sie Ihre Mutter herzlich von mir. Das waren schöne Zeiten damals.
– Sie war doch nicht … äh … Sie beide haben doch nicht? … Sie wissen schon, grinste Skinner und versuchte, so harmlos wie möglich zu erscheinen, obwohl nun kleine Funken banger Erwartung in seiner Brust glommen.
– Was könnten Sie dami t bloß meinen, Mr Skinner?, fragte De Fretais und rollte scherzhaft die Augen.
– Na ja, Sie haben einen gewissen Ruf … durch das Buch, und ich hab mich bloß gefragt … Skinner grinste komplizenhaft.
– Hand aufs Herz, nein, sagte De Fretais und schien es aufrichtig zu meinen. – Vermutlich nicht, weil ich nicht
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