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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Hintergrund ab, gleich dem Haupt einer blonden Diana35, die beim Morgenschein erwacht, und sicherlich liebte sie diesen Raum deshalb, weil er ihre Schönheit voll zur Geltung brachte.
    Auch jetzt saß sie hier mit ihren besten Freundinnen. Ihre Schwester und ihre Tante waren schon gegangen, nun gab es um sie her nur noch überspannte Leute. Tief in die Polster einer Causeuse zurückgelehnt, lauschte Renée ihrer Freundin Adeline, die ihr mit katzenhaften Gebärden und jähen Lachanfällen allerlei Vertraulichkeiten ins Ohr flüsterte. Viele umringten Suzanne Haffner; sie behauptete sich erfolgreich gegen eine Gruppe junger Leute, die sich recht nahe an sie herandrängten, ohne daß sie dabei ihre deutsche Ruhe verloren hätte, ihre herausfordernde Keckheit, die unverhüllt und kalt war wie ihre Schultern. Abseits in einer Ecke belehrte Frau Sidonie leise eine junge Frau mit mädchenhaft gesenkten Wimpern. Etwas weiter weg plauderte Louise, hochaufgerichtet, mit einem großen schüchternen Jüngling, der immerfort errötete, während Baron Gouraud, mitten im hellen Licht in seinem Sessel eingenickt, sein welkes Fleisch, seine farblose Elefantengestalt neben der zerbrechlichen Anmut der Damen und der seidigen Zartheit ihrer Toiletten zur Schau stellte. Und über das ganze Zimmer, über die seidenen Kleider, deren Falten hart und glänzend waren wie Porzellan, über die milchweißen Schultern, auf denen sternengleich die Diamanten funkelten, fiel wie Goldstaub ein feenhaftes Licht. Irgendein feines Stimmchen, ein girrendes Lachen erklang hell und klar wie Kristall. Es war sehr warm. Langsam, wie Flügel, regten sich die Fächer und Warfen mit jeder Bewegung die Moschusdüfte der Korsagen in die drückende Luft.
    Als Maxime auf der Türschwelle erschien, erhob sich Renée, die der Marquise nur mit halbem Ohr zugehört hatte, mit großer Lebhaftigkeit und tat, als riefen sie ihre Hausfrauenpflichten. Sie ging in den großen Salon, wohin der junge Mann ihr folgte. Hier teilte sie lächelnd Händedrücke aus, zog aber nach einigen Schritten Maxime beiseite.
    »Sieh da«, sagte sie halblaut in ironischem Ton, »der Frondienst ist also leicht, es ist gar nicht mehr so albern, jemandem den Hof zu machen.«
    »Ich verstehe nicht ganz«, antwortete der junge Mann, der sich für Herrn de Mussy einsetzen wollte.
    »Aber mir scheint, ich habe gut daran getan, dir Louise nicht vom Halse zu halten. Ihr beide geht ja recht schnell drauflos.«
    Und etwas unwillig fügte sie hinzu: »Ihr habt euch bei Tisch reichlich unpassend benommen.«
    Maxime fing an zu lachen.
    »Ach ja, wir haben einander Geschichten erzählt. Ich habe die Kleine vorher gar nicht gekannt. Sie ist drollig. Sie wirkt wie ein Junge.«
    Und da Renée immer noch mit gereiztem Gesichtsausdruck die Sittenstrenge spielte, fuhr der junge Mann, der Entrüstung solcher Art bei ihr nicht kannte, mit seiner gewohnten lächelnden Vertraulichkeit fort: »Glaubst du etwa, liebe Stiefmama, ich hätte sie unter dem Tisch ins Knie gekniffen? Zum Teufel, ich weiß doch, wie ich mich einer Braut gegenüber zu benehmen habe! Übrigens habe ich dir Wichtigeres zu sagen. Hör mal zu … Du hörst doch, nicht wahr?«
    Er sprach noch leiser.
    »Nun also, Herr de Mussy ist tief unglücklich, wie er mir soeben gesagt hat. Du wirst begreifen, daß es nicht meine Sache ist, eure etwaigen Streitigkeiten beizulegen. Aber du weißt ja, ich kenne ihn vom Gymnasium her, und da er ein ehrlich verzweifeltes Gesicht machte, habe ich ihm versprochen, bei dir ein gutes Wort für ihn einzulegen.«
    Er hielt inne.
    Renée sah ihn mit einem Ausdruck an, aus dem er nicht klug wurde.
    »Du antwortest nicht?« fuhr, er fort. »Das kann mir gleich sein, meinen Auftrag habe ich ausgeführt, macht nun, was ihr wollt … Aber, nimm mir’s nicht übel, ich finde dich grausam. Dieser arme Junge hat mir leid getan. Ich würde ihm an deiner Stelle wenigstens ein freundliches Wort ausrichten lassen.«
    Renée hatte nicht aufgehört, Maxime mit starrem Blick anzusehen, in dem eine helle Flamme brannte; sie entgegnete: »Sage Herrn de Mussy, daß er mich langweilt.«
    Und sie mischte sich wieder unter die Gäste, ging langsam zwischen den Gruppen hindurch, lächelte, grüßte, schüttelte hier und dort eine Hand. Maxime war mit erstauntem Gesicht stehengeblieben, dann überkam ihn ein lautloses Lachen.
    Da es ihn wenig lockte, Herrn de Mussy die Antwort zu überbringen, schritt er durch den großen Saal. Die Soiree36,

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