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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Mitternacht sah man sie, immer kameradschaftlich untergehakt, die gelben Alleen entlang im grellen Licht der Gasflammen hinter Weiberröcken herlaufen.
    Wenn sie nach Hause kamen, brachten sie von draußen in ihren Anzügen etwas von den Dirnen mit, die sie soeben verlassen hatten. Ihre nachlässige Haltung, Reste gewisser gewagter Ausdrücke und gemeiner Gesten erfüllten die Wohnung in der Rue de Rivoli mit dem Dunst verdächtiger Stätten. Schon die weichliche, schlaffe Art, in der der Vater dem Sohn die Hand reichte, verriet, woher die beiden kamen. Diese Atmosphäre erweckte in Renée die Launen und die Unruhe der Sinne. Sie spöttelte nervös.
    »Woher kommt ihr eigentlich?« fragte sie. »Ihr riecht nach Pfeife und Moschus … Sicherlich bekomme ich jetzt wieder meine Migräne.«
    Und wirklich erregte das merkwürdige Arom sie tief. Es war der ständige Geruch dieses sonderbaren Heims.
    Indessen verliebte sich Maxime bis über die Ohren in die kleine Sylvia. Monatelang langweilte er seine Stiefmutter mit diesem Mädchen. Renée kannte sie bald ganz genau, vom Scheitel bis zur Sohle. An der Hüfte hatte sie ein bläuliches Mal; es gab nichts Anbetungswürdigeres als ihre Knie; ihre Schultern hatten die Besonderheit, daß nur die linke ein Grübchen aufwies. Maxime machte sich ein boshaftes Vergnügen daraus, während der gemeinschaftlichen Spazierfahrten unentwegt von der Vollkommenheit seiner Geliebten zu reden. Eines Abends gerieten bei der Heimfahrt aus dem Bois de Boulogne die Wagen Renées und Sylvias ins Gedränge und mußten in den ChampsElysées dicht nebeneinander halten. Die beiden Frauen musterten sich gegenseitig mit heftiger Neugier, während Maxime, entzückt von dieser kritischen Situation, verstohlen lachte. Als sich die Kalesche wieder in Bewegung setzte und seine Stiefmutter ein düsteres Schweigen bewahrte, glaubte er, sie schmolle, und machte sich auf eine ihrer mütterlichen Szenen gefaßt, eine jener sonderbaren Zänkereien, mit denen sie noch zuweilen Stunden des Überdrusses ausfüllte.
    »Kennst du vielleicht den Juwelier dieser Dame?« fragte Renée gänzlich unvermittelt, als sie gerade den Place de la Concorde erreicht hatten.
    »O gewiß!« entgegnete er lächelnd. »Ich schulde ihm zehntausend Francs … Weshalb fragst du?«
    »Nur so!« Dann, nach erneutem Schweigen: »Sie trug ein sehr hübsches Armband, das an der linken Hand … Ich hätte es gern aus der Nähe gesehen.«
    Man war zu Hause angelangt. Sie sprach nicht mehr davon. Nur am folgenden Tag, als sich Maxime und sein Vater anschickten, zusammen auszugehen, zog sie den jungen Mann beiseite, flüsterte ihm mit verlegenem Gesicht und einem reizenden Lächeln, das um Nachsicht bat, etwas ins Ohr. Er schien überrascht und ging mit dem ihm eigenen boshaften Lachen fort. Abends brachte er Sylvias Armband mit, das ihr zu zeigen seine Stiefmutter ihn flehentlich gebeten hatte.
    »Hier ist das Ding!« sagte er. »Man könnte für dich noch zum Dieb werden, Stiefmama.«
    »Hat sie nicht gesehen, daß du es an dich genommen hast?« fragte Renée, die gierig das Schmuckstück betrachtete.
    »Ich glaube nicht … Sie hat es gestern getragen und wird es sicher heute nicht wieder tragen.«
    Mittlerweile war die junge Frau ans Fenster getreten. Sie hatte das Armband übergestreift. Sie hob das Handgelenk ein bißchen, drehte es langsam und wiederholte voll Entzücken: »O wie hübsch, wie hübsch! Nur die Smaragde gefallen mir nicht recht.«
    In diesem Augenblick trat Saccard ein, und da sie immer noch das Handgelenk in das helle Licht am Fenster hielt, rief er erstaunt: »Sieh da, das ist ja Sylvias Armband!«
    »Sie kennen dieses Schmuckstück?« fragte sie, verlegener als er, und wußte nicht, wohin mit dem Arm.
    Saccard hatte sich wieder gefaßt; er drohte seinem Sohn mit dem Finger und murmelte.: »Dieser Schlingel hat doch immer irgendeine verbotene Frucht in der Tasche. Nächstens wird er uns noch den Arm der Dame mitsamt dem Armband mitbringen!«
    »Oh, diesmal bin ich unschuldig«, entgegnete Maxime mit feiger Bosheit. »Renée wollte es gern sehen.«
    Der Gatte begnügte sich mit einem erstaunten: »Ach so.«
    Und er betrachtete seinerseits das Schmuckstück und sagte wie seine Frau: »Wie hübsch, wie hübsch!«
    Dann ging er ruhig seiner Wege, und Renée schalt Maxime, weil er sie so verraten hatte. Doch er versicherte ihr, daß dem Vater derlei Dinge ganz gleichgültig seien. Darauf gab sie ihm das Armband zurück und

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