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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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der Bois de Boulogne in Schlummer sank, war ihr der noch unklare Gedanke an die Blutschande gekommen wie ein Kitzel, der ihr einen nie gekannten Schauder über die Haut rieseln ließ; und abends dann, in dem halbtrunkenen Zustand nach dem Diner, unter dem Stachel der Eifersucht, hatte dieser Gedanke Gestalt angenommen, hatte sich in der Hitze des Treibhauses und angesichts von Louise und Maxime glühend vor ihr aufgerichtet. In dieser Stunde hatte sie den Willen zum Bösen gehabt, zu dem Bösen, das man nicht tut, jenem Bösen, das nun ihr leeres Dasein erfüllte und sie schließlich in jene Hölle versetzte, vor der sie sich immer noch so fürchtete wie damals, als sie ein kleines Mädchen war. Am nächsten Morgen dann wollte sie es nicht mehr, aus einer merkwürdigen Regung von Reue und Mattigkeit. Ihr war, als habe sie bereits gesündigt, als sei das gar nicht so schön, wie sie gedacht hatte, und doch wirklich allzu übel. Dieser Ausbruch war schicksalhaft, mußte von selber kommen, ohne das Zutun dieser beiden Wesen, dieser Kameraden, die dazu bestimmt waren, eines schönen Abends einer Täuschung zu verfallen, sich zu paaren, während sie glaubten, einander nur die Hand zu drücken. Aber nach diesem dummen Fehltritt gab sich Renée von neuem ihrem Traum von einem namenlosen Genuß hin, und wieder schloß sie Maxime in die Arme, neugierig auf ihn, neugierig auf die grausamen Freuden einer Liebe, in der sie ein Verbrechen sah. Ihr Wille bejahte die Blutschande, forderte sie und wollte sie bis zur Neige auskosten, bis zur Reue, falls diese sich jemals einstellen sollte. Sie handelte mit vollem Bewußtsein. Sie liebte mit der Leidenschaft der großen Weltdame, mit ihren ängstlichbürgerlichen Vorurteilen, mit all den Kämpfen, den Freuden und dem Ekel einer Frau, die in Selbstverachtung untergeht.
    Maxime kam jede Nacht. Gegen ein Uhr stahl er sich durch den Garten. Meistens erwartete ihn Renée im Gewächshaus, das er passieren mußte, um in den kleinen Salon zu gelangen. Sie waren übrigens völlig unbekümmert, verbargen sich kaum und ließen die ältesten bei einem Ehebruch üblichen Vorsichtsmaßnahmen außer acht. Allerdings gehörte dieser Flügel des Palais ihnen allein. Nur Baptiste, der Kammerdiener des Hausherrn, hatte das Recht, hier einzudringen, und Baptiste, als ernsthafter Mann, verschwand, sobald seine Obliegenheiten erfüllt waren. Maxime behauptete sogar lachend, er zöge sich zurück, um seine Memoiren zu schreiben. Eines Nachts jedoch, als Maxime gerade angelangt war, zeigte ihm Renée den Diener, wie er feierlichen Schritts durch den Salon ging, einen Leuchter in der Hand. Mit seiner hochgewachsenen Ministergestalt, vom gelben Licht der Wachskerze beleuchtet, sah er in dieser Nacht noch korrekter, noch strenger aus als gewöhnlich. Die beiden Liebenden beugten sich vor und konnten beobachten, wie er das Licht löschte und nach den Stallungen ging, wo die Pferde und die Stallknechte schliefen.
    »Er macht seine Runde«, meinte Maxime.
    Renée blieb zitternd stehen. Baptiste hatte fast immer etwas Beunruhigendes für sie. Manchmal konnte sie sagen, er sei der einzige anständige Mensch im Hause, mit seiner Kälte, seinem klaren Blick, der nie an Frauenschultern haftenblieb.
    Von jetzt an beobachteten sie einige Vorsicht bei ihren Zusammenkünften. Sie schlossen die Türen des kleinen Salons ab und konnten somit in aller Ruhe den Salon, das Gewächshaus und Renées Räume genießen. Es war eine ganze Welt für sich. In den ersten Monaten fanden sie hier die raffiniertesten, mit aller Feinheit ersonnenen Genüsse. Sie trugen ihre Liebe aus dem großen grau und rosafarbenen Bett des Schlafzimmers in die rosigweiße Nacktheit des Ankleidezimmers und von dort in die gelbe Mollsymphonie des kleinen Salons. Jeder dieser Räume verlieh ihnen durch seinen besonderen Duft, sein eigenes Leben, eine neue Art von Zärtlichkeit, machte aus Renée eine andere Liebende; sie war zart und anmutig in dem gepolsterten Luxusbett der großen Dame, in der lauen Wärme des vornehmen Raumes, wo die Liebe zurückhaltende, stilvolle Formen annahm; unter dem fleischfarbenen Zelt, in der mit Duft und Feuchtigkeit geschwängerten Atmosphäre des Badezimmers war Renée die launische, sinnliche Hetäre113, die sich so hingab, wie sie dem Bade entstieg, und hier war sie Maxime am liebsten; unten dann, im lichten Sonnenaufgang des kleinen Salons, umfangen vom gelbglänzenden Morgenschein, der ihr Haar vergoldete, wurde sie zur

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