Die bezaubernde Rivalin
India sie danach gefragt hatte, wer denn die hübsche junge Frau auf dem Foto im Familienalbum sei, die ihr, India, so ähnlich sehe. „Erstaunlich ist eigentlich nur, dass meine Eltern überhaupt geheiratet haben, wenn man bedenkt, wie sehr meine Großmutter dagegen war.“
Jordan nickte, und India, die immer noch in der Speisekarte blätterte, fuhr fort: „Bestimmt wissen Sie, dass die Ehe sozusagen in letzter Sekunde geschlossen wurde.“
Jordan nickte. „Ein kurzer Besuch beim Standesamt, bevor es weiter zum Kreißsaal ging. Aber Ihrem Vater ist wahrscheinlich klar gewesen, dass er bei einer Heirat mehr Rechte über Sie bekam.“
India sah von der Speisekarte auf.
„Er mag seiner Frauen schnell überdrüssig geworden sein, aber seine Kinder hat er immer behalten.“
Sie schluckte. So hatte sie das noch nie gesehen. Doch dann überspielte sie ihre Reaktion, indem sie Jordan mitteilte, was sie essen wollte. „Ich nehme den Seeteufel an Basmatireis.“ Nachdem India die Speisekarte weggelegt hatte, sagte sie: „Sie scheinen ja ziemlich gut über meine Familie Bescheid zu wissen.“
„Die Farradays sind immerhin unsere Partner, da ist es doch ganz natürlich, dass ich mich für euch interessiere. Bestimmt haben Sie und Ihre Schwestern auch Ordner über mich und meine Cousins angelegt.“
„Um ehrlich zu sein, habe ich mir über die Farradays nie wirklich Gedanken gemacht.“
„Das war ein Fehler.“
„Offensichtlich“, meinte India, „aber eigentlich war ich der Meinung, dass die Farradays das Geschäft nicht interessieren würde. Schließlich hat sich Ihre Familie immer damit zufriedengegeben, nur den Zusatz ‚& Farraday‘ zum Warenhaus beizusteuern.“
„Ich bitte Sie, India, das glauben Sie doch nicht wirklich, oder?“
„Ob Sie mehr Einsatz zeigen würden, kann ich nicht beurteilen. Bis zum heutigen Tag haben wir uns ja noch nicht einmal gesehen, und von dem goldenen Aktienanteil habe ich erst durch meine Anwälte erfahren.“
„Hat Ihr Vater Ihnen denn nichts davon erzählt?“
„Ich schätze mal, er hat gedacht, bis er in den Ruhestand gehen würde, wäre ich glücklich verheiratet und würde mich auf meine Mutterrolle konzentrieren. Dummerweise hat sein Herzanfall die Sache beschleunigt.“
„Und, möchten Sie einmal Hausfrau und Mutter werden?“
„Ich und heiraten? Wer hat denn heutzutage noch Zeit für so was? Und dann auch noch bei meinem Vater als männlichem Vorbild, der alle seine Ehefrauen nach kürzester Zeit verlassen hat?“ India hob abwehrend die Hände. „Und Sie, Jordan, wollen Sie mal heiraten?“
„Bisher hat mich die Arbeit immer voll und ganz in Anspruch genommen“, erklärte er nachdenklich und fügte nach einer halben Ewigkeit hinzu: „Möchten Sie etwas trinken, India?“
„Stilles Mineralwasser, bitte, ohne Eis und Zitrone.“
Einen Augenblick herrschte Schweigen, dann sagte Jordan: „Meine Sekretärin hatte den Einfall, Ihnen doch eine Vernunftehe vorzuschlagen, um allen Streitigkeiten zwischen den Familien für immer aus dem Weg zu gehen.“
Als India das hörte, räusperte sie sich erst einmal und fragte: „Ist das nicht ein wenig anmaßend für eine Sekretärin?“
„Vielleicht, aber Christine würde auch Ihnen gegenüber nicht zögern, sich als beste Sekretärin der Welt zu bezeichnen“, meinte Jordan lächelnd, was darauf schließen ließ, dass er in diesem Punkt einer Meinung mit der Frau war.
„Und wenn schon!“
„Christine ist ein sehr praktisch veranlagter Mensch, müssen Sie wissen. Ihrer Meinung nach würde durch eine Ehe so etwas wie eine Fusion – eine Vereinigung – beider Familien zustande kommen. Das Wort „Vereinigung“ betonte er dabei besonders, sodass India nicht mehr sicher war, ob er damit wirklich nur einen Firmenzusammenschluss meinte. Auf jeden Fall wurde sie sich plötzlich wieder bewusst, wie männlich dieser Jordan Farraday war.
„Früher sind derartige Eheschließungen an der Tagesordnung gewesen“, fuhr er nun fort, „um Besitztümer und Grundstücke zusammenzuhalten.“
„Warenhäuser auch?“, fragte India lachend und machte damit deutlich, dass er das alles ja wohl kaum ernst meinen konnte. Und bevor er noch etwas dazu hätte sagen können, nahm sie ihre Handtasche und zog ein Programmheft mit den Events des Warenhauses für den Monat Juni heraus. „Also, morgen …“
Doch bevor sie fortfahren konnte, umfasste Jordan ihr Handgelenk. „Bevor wir morgen irgendetwas tun, will ich die Pläne
Weitere Kostenlose Bücher