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Die Bibel für Eilige

Titel: Die Bibel für Eilige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schorlemmer
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Ausbruch des Apostels unmotiviert hervortritt: ›Freut euch und abermals sage ich euch: Freuet euch‹ –
     nicht eine Freude über das oder jenes, sondern der Seele voller Ausruf mit Zung’, Mund und voll Herzensgrund: Ich freue mich
     in meiner Freude, von, in, mit, auf, durch und an meiner Freude, ein himmlischer Kehrreim, der gleichsam plötzlich unser übriges
     Singen abschneidet: eine Freude, die einem Windhauch gleich kühlt und erfrischt, ein Stoß des Passats, der vom Haine Mamre
     weht zu den ewigen Wohnungen.« 13
    Paulus ist in diesem Sinne einer der Vorläufer des existenzialistischen Denkens, einer Linie, die von Sokrates über Paulus,
     Augustin, Luther und Pascal zu Kierkegaard führt und in das Denken von Gabriel Marcel, Albert Camus und Karl Jaspers zwar
     verschieden adaptiert eingeht, aber sich substanziell den gleichen Fragen stellt.
    Paulus hat sich nichts erspart. Was er mit aller Konsequenz versucht hat, ist jene eigentümliche Aufrichtung gegenüber Gott,
     die in die Aufrichtigkeit gegenüber sich selbst führt, und aus dieser Aufrichtigkeit heraus weiß er – mit dem Herzen, mit
     dem Kopf, mit allen Fasern seines Leibes – , wie viel Barmherzigkeit wir alle brauchen.
    Kierkegaard schrieb – und dies könnte für Paulus ebenso gelten:
    »Die Hauptsache ist doch, dass man recht aufrichtig gegen Gott ist, nicht versucht, sich um etwas herumzudrücken, sondern
     durchdringt, bis er selbst die Erklärung gibt, was es |202| auch sei, erwünscht oder unerwünscht, sie ist doch die beste« 14 – bis er selbst, Gott selbst, die Erklärung gibt. Der Weg dahin braucht Aufrichtigkeit. Das Ziel ist die Offenbarung, das
     Offenbarwerden des Verborgenen, ohne dass man davor Angst zu haben bräuchte.
    Leben mit dem Widerspruch. Erlöstwerden aus den Widersprüchen.

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    |203| III.
WORTEN NACHSINNEN
[AUSLEGUNGEN]
    Beispiele für heutigen Zugang
    zu biblischen Texten

|205| Namen
    Adam und Eva
    Adam heißt der erste Mensch. Adam, das heißt: Mensch, aus Erde genommen; aus der adama, der Erde, kommt er.
    Adam, wo bist du?
wird zur Grundfrage an den Menschen überhaupt. Gott stellt sie ihm, dem sprachbegabten Gärtner.
Im
Garten lebt Adam,
vom
Garten lebt er. Er gibt den Dingen ihren Namen, erkennt Welt durch Sprache. Erst was einen Namen hat, kann er, kann ich einordnen.
    Adam spürt, dass er unvollständig ist, so schön alles ist – er ist einsam. Erst durch Eva, die Lebensspenderin, ihm aus der
     Rippe geschnitten, wird er zum ganzen Menschen, einem Du-bezogenen Wesen. So schön, ansehnlich und nützlich Pflanzen und Bäume,
     Vögel und Fische, Pferde und Rinder sein mögen – er braucht einen Ansprechpartner. Die Partnerin (Luther übersetzt unglücklich
»Gehilfin «
) ist um ihn, mit ihm, nicht unter ihm! Er braucht eine Hilfe als ein Gegenüber, das zu ihm passt. Menschen passen zueinander.
     Der Mann »erkennt« die Frau, indem sie einander lieben. Sie erkennen gegenseitig ihre Unterschiede als reizvoll, finden sich
     in der Liebe, überwinden Einsamsein, erleben glückhaft-ekstatisch Einssein. Und
daraus
wird Leben. Aus der in Liebe, in Liebes-Glück erfahrenen Einheit des Lebens wird neues Leben!
    Die beiden ersten Menschen erleben das Paradies. Aber der Baum der Erkenntnis bleibt ihnen verwehrt. Ihre Freiheit hat eine
     Grenze. Einen Auftrag haben sie: den Garten zu bebauen und zu bewahren, ihn beim Bebauen nicht zu schädigen und zu schänden,
     auch nicht zu verbrauchen. Sie |206| leben in jenem Ursprungs-Garten im Kreislauf der Natur. Sie wollen mehr sein. Sie wollen »sein wie Gott«. Sie werden verstoßen,
     müssen außerhalb des Paradieses leben – auch ohne Gott. Aber Gott bleibt bei denen, die in die raue Wirklichkeit außerhalb
     des Paradieses verstoßen sind, mit Erfahrungen der Sinnlosigkeit ihrer Arbeit, des Schmerzes bei der Geburt, der Gefährdung
     durch das Gift der Schlangen.
    Adam und Eva, Du und Ich, zwischen Wüste und Garten, zwischen Glück der Gemeinsamkeit und Erfahrung der Einsamkeit, Liebe
     und Schmerz, immer wieder vor der Frage
Adam, wo bist du?
    Hier bin ich, ich will mich nicht verstecken.
    (Vergleiche Genesis 2,4–3,24)
    Kain und Abel
    »Ein Gedicht, das mein letztes Wort ist, nicht nur heute« – so schließt Hilde Domin ihre Frankfurter Poetikvorlesungen.
    Wie die Kain-Abel-Geschichte mehr als eine Geschichte ist, ist Hilde Domins Gedicht »Abel, steh auf« 1* mehr als ein Gedicht. Es ist Menschheitstrauma und Menschheitstraum in einem. Eine

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