Die Bibel für Eilige
Territorium, Durchmarschkorridor der damaligen Weltmächte, seine
sagenhafte Blüte – und seine unverhohlen erzählte Dekadenzperiode.
Nur wegen der zeitweiligen Ruhe zwischen den rivalisierenden Großreichen am Nil und am Euphrat konnte sich das »Großreich
Davids« zwischen 1004 und 928 v. Chr. halten, bis es zu einer folgenreichen Spaltung zwischen Nordreich (Haus Jakob/Israel)
und Südreich (Haus Juda) kommt. Die nördliche Hauptstadt Samaria wird 722 v. Chr. von den Assyrern erobert. Samaria wird zur
assyrischen Provinz. Jerusalem wird in mehreren Kriegen schließlich 587 v. Chr. katastrophal geschleift.
|28| Es beginnt das 40-jährige Exil der Oberschicht, bis 538 v. Chr. der persische König Cyrus die Rückkehr nach Jerusalem ermöglicht.
Der Prophet
Deutero-Jesaja
(Jesaja 40–55) gilt als der große Trostprophet auf der Wüstenwanderung zurück ins ersehnte Jerusalem.
Unter
Esra
und
Nehemia
wird der langwierige Wiederaufbau Jerusalems vollzogen.
In der Königszeit treten die Propheten auf, die kritische Kommentatoren der Macht- und Bündnispolitik sowie scharfe Kritiker
eines veräußerlichten Kults sind, beginnend mit dem »Seher«
Nathan
, dem tragischen
Elia
– zur Zeit Ahabs und Isebels;
Amos
,
Sacharja
und
Hosea
wirken im Nordreich;
Jesaja
,
Micha
,
Jeremia
und
Hesekiel
im Südreich.
Die »Prophetenbücher« werden
neben
den Geschichtsbüchern überliefert und enthalten – abgesehen von einigen erzählenden Passagen – Prophetenreden (Heils- und
Unheilsreden) und einzelne Prophetensprüche. Die Kritik am Abfall des eigenen Volkes von dem Gott, der aus der Knechtschaft
geführt hat, steht neben Gerichtsreden über die (Feind-)Völker.
Gott selbst ist für die Propheten der eigentliche Herr der Geschichte, und das, was wir heute Gewissen nennen, ist für sie
wichtiger als alle äußeren Riten und politische Abhängigkeitsverhältnisse. Der Prophet Jeremia bringt es auf den Punkt: »Bessert
euer Leben, so will ich bei euch wohnen an diesem Ort. Verlasst euch nicht auf Lügenworte …« (ver gleiche Jeremia 7,1–11).
Am Anfang stehen die vier großen Propheten: Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Daniel, sodann die zwölf kleinen – unter ihnen die
wunderschöne Novelle von
Jona
, der Stadt Ninive und dem großen Fisch.
Mittendrin eine wunderschön erzählte, sehr bewegende Liebesgeschichte, in der die kulturellen und religiösen Grenzen |29| durch Liebe überwunden werden: das Buch
Ruth
. Dazu das überschwängliche Liebeslied als
» Hohes Lied
des Salomo«. Weisheitsworte mit schonungslosem Blick auf die Realität, bis in die Ernüchterungen des Atheismus, gesammelt
in den
Sprüchen
und im
Prediger Salomo
.
Schließlich die unbeantwortbare Frage: WARUM? Warum muss der Gerechte leiden, und warum geht es so ungerecht in der Welt zu.
Im Buch
Hiob
wird das hochpoetisch, hochdramatisch zu Sprache gebracht.
Das sind die Schriften, die Juden und Christen gemeinsam haben. Die Christen nennen sie Altes Testament.
Die Christen haben dem die Schriften des Neuen Testaments (des Neuen Bundes) hinzugefügt, weil sie der Überzeugung sind, dass
der verheißene Messias im Zimmermannssohn aus Nazareth schon gekommen ist. Von seinem Geschick und seiner Botschaft erzählen
die vier Evangelisten
Matthäus
,
Markus
,
Lukas
und
Johannes
.
In der
Apostelgeschichte
wird von der ersten (idealisierten) Christenheit, auch von ersten schwerwiegenden Konflikten in der Gemeinde sowie von den
Verfolgungen der ersten Christen berichtet. Darauf folgen die Briefe, vor allem die des Völkerapostels
Paulus
, der vom Christenverfolger zum bedeutendsten Missionar wurde.
Zum Schluss steht das »Buch mit sieben Siegeln«: Die Visionen des Johannes. Man nennt sie die
Johannes-Apokalypse
.
Diese Schriften wurden im 2. Jahrhundert nach Christus kanonisiert – was später entstand, sollte nicht dieselbe Autorität
haben wie die »heiligen Schriften«.
Vieles aus dieser Buchsammlung, entstanden in 1000 Jahren, ist religionsgeschichtlich interessant oder relevant, aber nicht
für heutiges Leben hilfreich.
Martin Luther mutete jedem Leser zu, selber zu unterscheiden, was auch
mir
und was
nur
damals Gültigkeit hatte. |30| Sein einfacher Schlüssel zum Verständnis und zur Unterscheidung ist: »Was Christum treibet« – was also dem Geist Jesu entspricht
–, das soll Gültigkeit haben. Das ist Schlüssel und Maßstab!
Im Konkreten begegnet das Verallgemeinerungsfähige, im Individuellen das
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