Die Bibel für Eilige
es, der als Einziger den Dienst des Herren
an seinem Diener verweigerte. Wolltest Du – ob bewusst oder unbewusst –, dass die bestehende Ordnung erhalten bleibt? Warum?
Weil Du selber fürchtetest, dann auch so verfahren zu müssen, wenn Du am Ruder bist, zur Oberklasse, zur Nomenklatura, zur
höheren Geistlichkeit gehörst? Ist es selbstsüchtige Voraussicht oder ist es wirklich die Bescheidenheit des Beschämten? Ich
möchte Dir gerecht werden und denke: es ist beides. Du wehrst jedenfalls ab. Solche Umkehrung wäre ein Sakrileg für alle bisherige
Oben-Unten-Ordnung. Aber Jesus besteht darauf. Petrus, warum |250| konntest Du nicht einfach geschehen lassen, was Du erst später verstehen würdest? Aber Du trotzt. Da droht Jesus: Ohne Waschung
kein Anteil an Jesus. Und da kippst Du um. Nun willst Du
alles
, nun kannst Du nicht genug kriegen. Wenn das
so
ist, möchtest Du mehr als die anderen, die ganze Sicherheit der Jesus-Nähe. Wahrlich, die Füße sind vom Staub der Straße schmutzig,
die Hände von verkehrtem, unterlassenem Tun auch, und des Kopfes »Dichten und Trachten ist böse von Jugend auf«. Also bitte:
Generalreinigung! Kein Mensch mehr, ein strahlender Heiliger willst Du sein! Wie magst Du es empfunden haben, als Jesus dabei
bleibt? Was er den Füßen tut, gilt dem ganzen Menschen. Abwaschen der Weg-Irrungen, der Tat-Irrungen, der Denk-Irrungen. Bitter
bleibt, finde ich, dass einer ausgeschlossen bleibt. Wurde er nicht gewaschen? Oder wurde gewaschen, aber die Waschung verfehlte
ihre Wirkung, weil gar keine innere Bereitschaft war, sich reinmachen zu lassen? Muss einer immer Sündenbock sein und bleiben?
– Später in die Wüste geschickt, in die 2000-jährige Diaspora: Judas=Jude=Ver räter .
Petrus, verstehst
Du
das? Hat Johannes hier mehr gehört als Jesus gesagt hat? Es wäre schon wichtig, dass wir das zurechtrücken nach dieser Schuldgeschichte
an Deinem Volk, Petrus. Jesus ist ein Jude wie Du, Petrus, und wollte eine alle Menschen umfassende Gemeinschaft der Kinder
Gottes.
Petrus, lass uns von vorne beginnen, immer wieder von vorne beginnen. Sein Beispiel vor Augen. Lass uns wieder anfangen, ganz
unten, mit den Füßen. 17
|251| Die Klugen und die Törichten
(Matthäus 25,1–13)
Mein lieber Jesus,
immer wieder zum Totensonntag wird dieses Gleichnis gelesen. Mir kam danach nie das »Lob sei Dir, o Christe« von den Lippen,
das wir nach der Evangelienlesung im Gottesdienst singen.
Ist es nicht Deine Barmherzigkeit, Dein Verzeihen, Dein Einsatz für die Zuspätgekommenen und die Versager, ja Dein Plädoyer
sogar für Deine Feinde, was Dich sonst auszeichnet, Dich so einmalig macht? Und nun so eine Gleichnisgeschichte … Die Törichten,
die Vergesslichen, die Ungeduldigen und Unüberlegten bekommen keine Chance mehr. Sie klopfen doch an, rufen nach Dir. Und
Du machst nicht nur nicht auf – Du stößt sie sogar weg, weit weg: Ich kenne Euch nicht. Ach Jesus, warum diese Härte? Ich
vermute ganz stark, dass
Du
das
so
gar nicht erzählt hast, sondern dass Matthäus es später so erzählt vorgefunden und selber weiterbearbeitet hat.
Trotzdem: Es wird in unseren Gottesdiensten als Dein Gleichnis gelesen.
Es geht um ein Hochzeitsfest. Der Zeitpunkt für den Beginn ist offen. Er hängt ganz vom Kommen des Bräutigams ab. Ist es da
nicht gerade ein Zeichen ungläubiger Vorsorge, wenn einige Brautjungfern, die den Bräutigam feierlich einholen wollen, Öl
zum Nachfüllen mitnehmen, wo doch alles längst bereit zu sein scheint, wo schon gespannte, knisternde Festerwartung alle ergriffen
hat? Diese unerwartete Verspätung des Bräutigams wirft das Problem erst auf.
(Aber, lieber Jesus, war es denn falsch, Dich sehr bald wiederzuerwarten? Hast Du nicht selbst solche Hoffnungen geweckt?
Wie lange soll denn das vollendete Reich Gottes noch auf sich warten lassen? Siehst Du nicht, wie viele des |252| Wartens längst müde geworden sind und nichts mehr erwarten, jedenfalls nicht mehr damit rechnen, dass alles noch gut werden
kann, weil Du kommst?)
Man kann die Lampen während des Wartens nicht löschen. Das erloschene Feuer lässt sich nicht wieder so leicht entfachen. Aber
so geht beim ermüdenden Warten dem Feuer allmählich die Nahrung aus … bis es nur noch glimmt. (Das kennen wir doch: erloschene
Erwartung, ausgebrannte Hoffnung, nur noch Ruß der Enttäuschung.) Und nun kommt er ganz plötzlich. Großes Freudengeschrei.
Die einen
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