Die Bibel nach Biff
hätten es ihm erzählt.«
»Ich habe nie daran gedacht, die Hunde zu fragen.«
»Er sagt, wir sollten lernen, bescheiden zu leben, wie Hunde, ohne Ballast, ohne Affektiertheiten ... was immer das bedeuten soll.«
»Das hat Bartholomäus gesagt? Klingt wie ein Essener. Er ist viel schlauer als er aussieht.«
»Er versucht, sich selbst die Eier zu lecken.«
»Das ist nach dem Gesetz bestimmt verboten. Ich frag den Rabbi.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob du wirklich mit einem Pharisäer darüber sprechen solltest.«
»Hast du deinem Vater von dem Engel erzählt?«
»Nein.«
»Gut. Ich habe mit Josef gesprochen. Er lässt mich mit dir Steinmetz lernen. Ich möchte nicht, dass dein Vater es sich anders überlegt, was meine Lehre bei ihm angeht. Ich glaube, der Engel würde ihn ängstigen.« Josua sah mich zum ersten Mal an, wandte sich vom Pharisäer ab, der auf Hebräisch leierte.
»Hast du geweint?«
»Ich? Nein. Mir tränen die Augen von Barts Gestank.«
Josua legte mir seine Hand auf die Stirn, und alle Trauer und Beklommenheit schien in diesem Augenblick von mir zu fallen. Er lächelte. »Besser?«
»Ich bin eifersüchtig auf dich und Maggie.«
»Das kann nicht gut für deinen Nacken sein.«
»Was?«
»Wenn du versuchst, dir selbst die Eier zu lecken. Das muss doch auf den Nacken gehen.«
»Hast du mich gehört? Ich bin eifersüchtig auf Maggie und dich.«
»Ich lerne noch, Biff. Es gibt manches, was ich nicht verstehe. Der Herr hat gesagt: >Ich bin ein eifersüchtiger Gott.< Also müsste Eifersucht doch etwas Gutes sein.«
»Aber ich fühle mich schlecht damit.«
»Du siehst also das Problem? Eifersucht ist kein gutes Gefühl, aber Gott ist eifersüchtig, also muss es gut sein. Aber wenn ein Hund an seinen Eiern leckt, scheint er es zu genießen, nur ist es dem Gesetz nach sicher schlecht.«
Plötzlich wurde Josua am Ohr auf die Beine gerissen. Der Pharisäer funkelte ihn an. »Ist das Gesetz Mose für dich zu langweilig, Josua bar Josef?«
»Ich habe eine Frage, Rabbi«, sagte Josua.
»Oh, bitte.« Ich verbarg meinen Kopf unter den Armen.
4
Ein weiterer Grund, den himmlischen Abschaum zu verachten, mit dem ich dieses Zimmer teile: Heute stellte ich fest, dass ich Jesus, unseren unerschrockenen Etagenkellner, beleidigt hatte. Woher sollte ich das wissen? Als er uns die Pizza zum Abendessen brachte, gab ich ihm eine dieser amerikanischen Silbermünzen, die wir am Flughafen in einem Bonbonladen namens Cinnabon bekommen hatten. Abschätzig sah er mich an - abschätzig! - überlegte es sich dann aber und sagte: »Senor, ich weiß, dass Sie hier neu sind, also können Sie es nicht wissen, aber dieses Trinkgeld ist eine schwere Beleidigung. Sie sollten besser den Beleg für den Zimmerservice unterschreiben, damit ich den Betrag bekomme, der automatisch dazugerechnet wird. Ich sage es Ihnen, weil Sie sehr freundlich waren und ich weiß, dass Sie mich nicht kränken wollen, aber ein anderer Kellner könnte Ihnen ins Essen spucken, wenn Sie ihn derart beleidigen.«
Wütend sah ich den Engel an, der wie üblich auf dem Bett lag und fernsah, und zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass er Jesus' Sprache nicht verstand. Er besaß die Gabe der Zungen nicht, die er mir hatte zuteil werden lassen. Er sprach Aramäisch mit mir und schien Hebräisch und genügend Englisch zu beherrschen, dass er das Fernsehen verstand, nur Spanisch sprach er kein Wort. Ich entschuldigte mich bei Jesus und schickte ihn mit dem Versprechen fort, es wieder gutzumachen, dann wandte ich mich dem Engel zu.
»Du Blödmann, deine Münzen sind in diesem Land fast wertlos.«
»Was meinst du damit? Sie sehen doch aus wie die Silberdinare, die wir in Jerusalem ausgegraben haben. Und die sind ein Vermögen wert.«
Da hatte er Recht, in gewisser Weise. Nachdem er mich von den Toten hatte auferstehen lassen, führte ich ihn auf einen Friedhof im Hiddomtal, und dort lag - wo Judas es vor zweitausend Jahren hinter einem Stein versteckt hatte - das Blutgeld: dreißig Silberdinare. Sie waren etwas angelaufen, sahen aber ansonsten noch genauso aus wie an jenem Tag, an dem ich sie genommen hatte, und waren fast identisch mit den Münzen, die man in diesem Land »Dime« nannte (abgesehen von der Abbildung des Tiberius auf den Dinaren und irgendeines anderen Caesars auf dem Dime). Wir hatten die Dinare zu einem Antiquitätenhändler in der Altstadt gebracht (die noch fast genauso aussah wie damals, als ich zuletzt dort herumgelaufen war,
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