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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Lendenschurz trug. In einem anderen Leben hätten sie vielleicht eine Armee gelenkt oder in einem Palast gelebt, doch nun schwitzten sie in der Morgenfrische und schleppten Steine, die einem Esel das Kreuz gebrochen hätten.
    »Sind das Eure Sklaven?«, fragte Josua meinen Vater.
    »Bin ich ein reicher Mann, Josua? Nein, diese Sklaven gehören den Römern. Der Grieche, der dieses Haus baut, hat sie für die Arbeit angeworben.«
    »Weshalb tun sie, was Ihr wollt? Es sind so viele. Ihr seid nur einer.«
    Mein Vater ließ den Kopf hängen. »Ich hoffe, dass ihr nie mit ansehen müsst, was die Bleispitzen einer Römerpeitsche den Menschen antun. Diese Männer haben es gesehen, und das allein hat sie gebrochen. Ich bete jede Nacht für sie.«
    »Ich hasse die Römer«, sagte ich.
    »Ach ja, mein Kleiner, tust du das?« Eine Männerstimme hinter mir.
    »Heil Euch, Zenturio«, sagte mein Vater, und seine Augen wurden groß.
    Josua und ich drehten uns um und sahen Justus Gallicus zwischen den Sklaven stehen, den Zenturio von der Beerdigung in Jafia. »Alphäus, mir scheint, du ziehst eine Bande von Zeloten groß.«
    Mein Vater legte mir und Josua die Hände auf die Schultern.
    »Das hier ist mein Sohn Levi, und das sein Freund Josua. Heute beginnt ihre Lehrzeit. Sie sind noch kleine Jungen«, sagte er als Entschuldigung.
    Justus trat näher, bedachte mich mit einem kurzen Blick, dann starrte er Josua lange an. »Ich kenne dich, Junge. Ich habe dich schon mal gesehen.«
    »Die Beerdigung in Jafia«, sagte ich eilig. Ich konnte meinen Blick nicht von dem sonderbaren Kurzschwert abwenden, das am Gürtel des Zenturios hing.
    »Nein.« Der Römer schien seine Erinnerung zu durchforsten.
    »Nicht Jafia. Ich habe das Gesicht schon mal auf einem Bild gesehen.« 
    »Das kann nicht sein«, sagte mein Vater. »Unser Glaube verbietet uns, das menschliche Antlitz abzubilden.«
    Zornig sah Justus ihn an. »Mit dem primitiven Glauben deines Volkes bin ich sehr wohl vertraut, Alphäus. Dennoch kenne ich diesen Jungen.«
    Mit gänzlich leerer Miene starrte Josua den Zenturio an.
    »Du hast Mitleid mit diesen Sklaven, Junge? Du würdest sie befreien, wenn du könntest?«
    Josua nickte. »Das würde ich tun. Der Geist des Menschen sollte ihm allein gehören, damit er ihn Gott schenken kann.«
    »Du weißt, dass es vor etwa achtzig Jahren einen Sklaven gab, der so gesprochen hat wie du. Ein Heer von Sklaven hat er gegen Rom geführt, zwei unserer Armeen vertrieben, sämtliche Gebiete südlich von Rom besetzt. Jeder römische Soldat kennt diese Geschichte.«
    »Wieso, was ist passiert?«, fragte ich.
    »Wir haben ihn gekreuzigt«, sagte Justus. »Am Straßenrand, und seine Leiche haben die Raben gefressen. Die Lektion, die wir alle daraus lernen, lautet: Nichts kann Rom standhalten. Eine Lektion, die auch kleine Jungen lernen sollten, Jungs, neben der Steinmetzerei.«
    In diesem Augenblick kam ein weiterer römischer Soldat heran, ein Legionär ohne den Umhang und den Helmbusch eines Zenturios. Er sagte Justus etwas auf Lateinisch, dann sah er Josua an und stutzte. In holprigem Aramäisch sagte er: »He, hab ich den Jungen nicht schon mal auf irgendeinem Brot gesehen?«
    »War er nicht«, sagte ich.
    »Wirklich? Sieht aber so aus.«
    »Nein, nein, das war ein anderer Junge auf dem Brot.«
    »Ich war es«, sagte Josua.
    Mit dem Handrücken schlug ich ihm an die Stirn, warf ihn zu Boden. »Nein, war er nicht. Er ist irre. Tut mir Leid.«
    Der Soldat schüttelte den Kopf und eilte Justus nach.
    Ich hielt Josua eine Hand hin, um ihm aufzuhelfen. »Du wirst lernen müssen, wie man lügt.«
    »Muss ich? Aber ich denke, ich bin hier, um die Wahrheit zu sagen.«
    »Ja, klar, aber nicht jetzt.«
    Ich weiß nicht genau, was ich mir von der Arbeit als Steinmetz erwartet hatte, aber ich weiß, dass noch keine Woche vergangen war, bis Josua Zweifel an seiner Entscheidung bekam, nicht Zimmermann zu werden. Große Steine mit kleinen Eisenmeißeln zu behauen, ist sehr harte Arbeit. Wer konnte das ahnen?
    »Sieh dich um, siehst du irgendwo Bäume?«, äffte mich Josua nach. »Steine, Josh, Steine.«
    »Es ist nur schwer, weil wir nicht wissen, wie es geht. Es wird schon noch einfacher werden.«
    Josua sah meinen Vater an, der mit nacktem Oberkörper auf einen Stein von der Größe eines Esels einschlug, während ein Dutzend Sklaven darauf wartete, den Brocken anzuheben. Er war von grauem Staub bedeckt, und Ströme von Schweiß zogen dunkle Linien zwischen den

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