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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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nur dass an Stelle des Tempels zwei große Moscheen standen). Der Händler gab uns zwanzigtausend Dollar amerikanisches Geld dafür. Damit waren wir gereist und hatten es an der Rezeption für unsere Spesen hinterlegt. Der Engel hatte mir gesagt, so ein Dirne müsse ebenso viel wert sein wie ein Dinar, und ich - blöd wie ich bin - hatte ihm geglaubt.
    »Du hättest es mir erzählen sollen«, sagte ich dem Engel. »Wenn ich dieses Zimmer verlassen dürfte, könnte ich es selbst rausfinden.«
    »Du hast zu arbeiten«, sagte der Engel. Dann sprang er auf und schrie den Fernseher an: »Möge der Zorn Gottes über dich kommen, Stephanos!«
    »Was schreist du so?«
    Drohend deutete der Engel mit dem Zeigefinger auf den Bildschirm: »Er hat Catherines Baby gegen dessen bösen Zwilling ausgetauscht, den er mit seiner Schwester gezeugt hatte, als sie im Koma lag. Aber Catherine bemerkt nichts von der Übeltat, da er sein Gesicht verändert hat und sich als Bankdirektor ausgibt, der dem Geschäft von Catherines Mann die Kredite kündigen will. Würde ich hier nicht festsitzen, würde ich den Dämon höchstpersönlich direkt in die Hölle schicken.«
    Seit Tagen hatte sich der Engel irgendwelche Serien angesehen und dabei abwechselnd den Bildschirm beschimpft oder war in Tränen ausgebrochen. Er las nicht mehr über meine Schulter hinweg, und so hatte ich versucht, ihn einfach zu ignorieren. Jetzt wurde mir klar, was los war.
    »Es ist nicht real, Raziel.«
    »Wie meinst du das?«
    »Es ist Theater, wie es die Griechen gemacht haben. Es sind Schauspieler, die eine Rolle spielen.«
    »Nein, niemand könnte solche Bosheit vortäuschen.«
    »Das ist noch nicht alles. Spider-Man und Doctor Octopus? Nicht real. Figuren in einem Stück.«
    »Du verlogener Hund!«
    »Wenn du mal das Zimmer verlassen und dir anhören würdest, wie echte Menschen reden, wüsstest du es, du blonder Kretin. Aber nein, du hockst hier wie ein abgerichteter Vogel auf meiner Schulter. Zweitausend Jahre war ich tot, und selbst ich weiß es besser.« (Noch immer will ich dringend einen Blick in dieses Buch im Nachtschränkchen werfen. Ich dachte, vielleicht, ganz vielleicht könnte ich den Engel dazu verleiten, mir fünf Minuten Privatsphäre zu lassen.)
    »Du hast doch keine Ahnung«, sagte Raziel. »Zu meiner Zeit habe ich ganze Städte zerstört.«
    »Da frage ich mich doch irgendwie, ob du die Richtigen zerstört hast. Wäre doch peinlich, oder?«
    Dann kam auf dem Bildschirm Werbung für eine Zeitschrift, die versprach »alle offenen Fragen zu klären« und die wahren Hintergrundgeschichten sämtlicher Seifenopern preiszugeben: Der Seifenopernführer. Ich sah, wie die Augen des Engels immer größer wurden. Er griff sich das Telefon und rief die Rezeption an.
    »Was machst du?«
    »Ich brauche dieses Buch.«
    »Sollen sie Jesus raufschicken«, sagte ich. »Er wird dir helfen, es zu beschaffen.«
    An unserem ersten Arbeitstag waren Josua und ich vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Wir trafen uns beim Brunnen und füllten die Wasserschläuche, die unsere Väter uns gegeben hatten, dann aßen wir unser Frühstück, Fladenbrot mit Käse, auf unserem Fußweg nach Sephoris. Zwar bestand die Straße größtenteils nur aus festgetretener Erde, doch war sie eben und bequem zu bewandern. (Wenn sich Rom in seinen Provinzen um irgendetwas kümmerte, dann um die Lebensadern seiner Armee.) Während wir wanderten, sahen wir, wie sich die mit Felsen übersäten Berge unter der aufgehenden Sonne rosig einfärbten, und ich sah, wie Josua erschauerte, als zöge ein kalter Wind an seinem Rückgrat hinauf.
    »Der Ruhm Gottes ist in allem, was wir sehen«, sagte er. »Das dürfen wir niemals vergessen.«
    »Ich bin eben in Kameldung getreten. Lass uns morgen gehen, wenn es heller ist.«
    »Gerade ist mir klar geworden, dass die alte Frau aus eben diesem Grunde nicht wieder leben wollte. Ich hatte vergessen, dass es nicht meine Macht war, die sie hat auferstehen lassen, sondern die des Herrn. Ich habe sie aus dem falschen Grund zurückgeholt, aus Arroganz, und deshalb ist sie ein zweites Mal gestorben.«
    »Das Zeug hängt an meiner ganzen Sandale. Mann, das stinkt bestimmt den ganzen Tag.«
    »Aber vielleicht lag es auch daran, dass ich sie nicht berührt habe. Wenn ich andere Lebewesen wieder zum Leben erweckt habe, dann habe ich sie immer berührt.«
    »Steht irgendwas im Gesetz, dass man sein Kamel von der Straße nehmen soll, damit es sein Geschäft macht? Das sollte es.

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