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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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weinst du?«, sagte Bartholomäus. Er war größer als alle anderen Männer im Dorf, Haar und Bart waren wild und wirr, und mit dem gelben Staub, der ihn von Kopf bis Fuß bedeckte, sah er wie ein selten dummer Löwe aus. Seine Tunika war zerlumpt, und er trug keine Sandalen. Sein einziger Besitz war eine Holzschale, aus der er aß und die er sauber leckte. Er lebte von der Barmherzigkeit des Dorfes und den Ähren, die er von den Feldern auflas (es blieben immer für die Armen ein paar Ähren auf den Feldern liegen - so bestimmte es das Gesetz). Ich bekam nie heraus, wie alt er war. Er verbrachte seine Tage auf dem Dorfplatz, spielte mit den Hunden, kicherte vor sich hin und kratzte sich am Sack. Wenn die Frauen vorübergingen, streckte er ihnen die Zunge heraus und machte: »Bäääh.« Meine Mutter sagte, er habe den Verstand eines Kindes. Wie üblich hatte sie Unrecht.
    Er legte mir seine große Pfote auf die Schulter und streichelte mich, bis ein staubiger Kreis von Zuneigung auf meinem Hemd zu sehen war. »Was weinst du?«, fragte er wieder.
    »Ich bin einfach traurig. Du würdest es nicht verstehen.«
    Bartholomäus blickte sich um, und als er sah, dass wir - von seinen Hundefreunden abgesehen - ganz allein auf dem Platz waren, sagte er: »Du denkst zu viel. Denken wird dir nichts als Leid einbringen. Lebe einfach.«
    »Was?« Es war das Zusammenhängendste, was ich je von ihm gehört hatte.
    »Siehst du mich je weinen? Ich besitze nichts, also bin ich auch nichts und niemandem ein Sklave. Ich habe nichts zu tun, und also kann mich nichts versklaven.«
    »Was weißt du schon?« fuhr ich ihn an. »Du lebst im Dreck. Du bist unrein! Du tust nichts. Ich muss nächste Woche anfangen zu arbeiten und mein ganzes Leben lang zur Arbeit gehen, bis ich mit gebrochenem Rücken sterbe. Das Mädchen, das ich will, liebt meinen besten Freund, und er ist der Messias. Ich bin ein Nichts, und du, du ... du bist ein Idiot.«
    »Nein, bin ich nicht. Ich bin Grieche. Zyniker.«
    Ich wandte mich um und sah ihn an. Seine Augen, die für gewöhnlich trübe wie Schlamm waren, leuchteten wie kleine, schwarze Edelsteine in der staubigen Wüste seines Gesichts.
    »Was ist ein Zyniker?«
    »Ein Philosoph. Ich bin Schüler des Diogenes. Kennst du Diogenes?«
    »Nein, aber was kann er dich schon gelehrt haben? Deine einzigen Freunde sind Hunde.«
    »Diogenes lief im hellen Tageslicht mit einer Lampe umher, hielt sie den Leuten ins Gesicht und erklärte, er sei auf der Suche nach einem ehrlichen Menschen.«
    »Also war er so was wie der Prophet der Idioten?«
    »Nein, nein, nein.« Bart hob einen kleinen Terrier an und gestikulierte mit ihm herum, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Dem Hund schien es zu gefallen. »Sie alle haben sich von ihrer Kultur zum Narren halten lassen. Diogenes hat gelehrt, dass die Affektiertheiten modernen Lebens falsch sind, dass der Mensch bescheiden leben muss, unter freiem Himmel, ohne Ballast, ohne Kunst, ohne Dichtung, ohne Religion ...«
    »Wie ein Hund«, sagte ich.
    »Ja!« Bart schwang den Rattenhund mit großer Geste durch die Luft. »Ganz genau!« Es schien, als müsste der kleine Köter beinahe kotzen. Bart setzte ihn ab, und er taumelte davon.
    Ein sorgenfreies Leben: In diesem Augenblick klang es einfach wundervoll. Ich wollte nicht im Dreck sitzen und in den Augen anderer Leute irre sein wie Bartholomäus, aber ein Hundeleben klang wirklich nicht so übel. In all den Jahren hatte der Idiot tiefe Weisheiten in sich verborgen.
    »Ich versuche zu lernen, wie ich mir selbst die Eier lecken kann«, sagte Bart.
    Vielleicht aber auch nicht. »Ich muss Josua suchen.«
    »Du weißt, dass er der Messias ist, oder?«
    »Warte mal, du bist kein Jude ... ich dachte, du glaubst nicht an irgendeine Religion.«
    »Die Hunde haben mir erzählt, dass er der Messias ist. Ich glaube ihnen. Sag Josua, dass ich ihnen glaube.«
    »Die Hunde haben es dir erzählt?«
    »Es sind jüdische Hunde.«
    »Klar. Sag mir Bescheid, wenn das Eierlecken klappt.«
    »Schalom.«
    Wer hätte gedacht, dass Josua seinen ersten Apostel im Dreck zwischen den Hunden von Nazareth finden würde? Bäääh.
    Ich fand Josua in der Synagoge, wo er den Pharisäern lauschte, die das Gesetz lehrten. Ich stieg zwischen den Jungen hindurch, die dort am Boden saßen, und flüsterte ihm ins Ohr.
    »Bartholomäus sagt, er weiß, dass du der Messias bist.«
    »Der Idiot? Hast du ihn gefragt, wie lange er es schon weiß?«
    »Er sagt, die Dorfhunde

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