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Die Bibliothek der Schatten Roman

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Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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musste er eingestehen, dass alle Puzzleteilchen zusammenpassten. Die Hitze, Remers Kleidung, die fremden Gerüche. Er traute Remer nicht über den Weg, aber in diesem Fall schien er die Wahrheit zu sagen.
    »Wir sind bereits am Morgen nach unserem … Treffen geflogen«, erklärte Remer. »Es war nicht ganz einfach, so kurzfristig einen Krankentransport zu organisieren, aber dann haben wir einen Platz in einem Charterflugzeug bekommen.« Er stieß ein kurzes Grunzen aus. »Sie können froh sein, dieses Erlebnis verpasst zu haben.«
    »Aber wieso?«, wollte Jon wissen.
    Remer lächelte wieder und hob die Hand in einer beruhigenden Geste.
    »Dazu kommen wir noch, immer mit der Ruhe.«
    Da er entführt worden und an ein Krankenbett gefesselt war, hatte Jon massive Probleme, ruhig zu bleiben. Ihm kam es vor, als wäre es erst wenige Minuten her, dass Katherina aus der Kellerzelle unter der Demetriusschule geflohen war, wie er ihr befohlen hatte. Obgleich ihm in diesem Augenblick völlig egal war, wie es mit ihm weiterging, fühlte er sich erniedrigt
und zunehmend verbittert. Es waren mehrere Tage vergangen, seit er in dieses Land geflogen worden war, und er hatte keine Ahnung, wo Katherina steckte oder ob es ihr überhaupt gelungen war, Remers Leuten zu entkommen.
    »Ich hoffe, Sie sind sich im Klaren darüber, dass ich Ihnen niemals helfen werde«, krächzte Jon von seinem Bett.
    »Als Unternehmer habe ich gelernt, nie das Wörtchen ›niemals‹ zu benutzen«, sagte Remer beiläufig. »Obgleich das Wort ›niemals‹ eine Unendlichkeit bezeichnet, schränkt es unsere Fantasie ein und begrenzt unser Potenzial. Als Unternehmer muss man sich bis zum letzten Augenblick alle Türen offen halten, und selbst danach noch eine Katzenklappe als allerletzten Ausweg.« Er legte die Arme hinter den Rücken und ähnelte, sicher unfreiwillig, einem Oberlehrer. »Menschen, die ständig das Wort ›niemals‹ benutzen, werden es irgendwann bereuen. Hätten Sie etwa damit gerechnet, dass Sie Ihre Karriere als Anwalt aufgeben würden, um Buchhändler zu werden? Oder dass Ihr Vater der Kopf einer Herde gutgläubiger, intellektueller Hippies mit magischen Fähigkeiten war? Nein, vermute ich? Vor kurzem hätten Sie noch mit ›niemals‹ geantwortet.«
    »Der Vergleich ist grotesk«, protestierte Jon aufgebracht.
    »Ist er das?«, fragte Remer. »Sie stimmen mir aber schon zu, dass es genauso gekommen ist und dass Sie davon profitieren. Die Reichtümer Ihres Vaters gehören jetzt Ihnen, und Sie haben Kräfte in sich entdeckt, von deren Existenz Sie keine Ahnung hatten. Sogar die Liebe haben Sie gefunden.«
    Bei der Anspielung auf Katherina stutzte Jon und sah Remer eindringlich an. Hatte er nicht gerade ganz leicht in Richtung Tür genickt? Oder bildete er sich das nur ein? Sein Herz begann zu hämmern. Wenn sie hier war, war alles verloren.
    Remer schien seine Reaktion bemerkt zu haben. Ein dämonisches Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.
    »Sehen Sie, Sie wissen, dass Sie davon profitiert haben. Und
zwar in solchem Maße, dass Sie Angst haben, es wieder zu verlieren.« Er schlug sich mit der Faust in die Hand. »Überlegen Sie doch mal, was für eine Zukunft Sie erwartet.«
    Jon schaute an sich herab.
    »Vorläufig bin ich noch an ein Bett gefesselt«, stellte er trocken fest.
    »Ja, ja«, entgegnete Remer ungeduldig. »Aber das ist nur zu Ihrem eigenen Schutz.«
    »Zu meinem was ?«, platzte Jon höhnisch heraus.
    Remer blinzelte ihn an.
    »Um Sie vor dem ›niemals‹ zu schützen.«
    Er drehte sich um und marschierte resolut aus dem Raum. Die Tür fiel mit einem metallischen Klicken hinter ihm ins Schloss.
    Jon starrte auf die geschlossene Tür, die jedoch keine neuen Informationen preisgab. Er ließ den Blick durch den leeren Raum schweifen. Obwohl er jetzt wusste, wo er sich befand, konnte er mit diesem Wissen nichts anfangen.
    Ägypten. Was hatte er in Ägypten verloren? Jon ging zwar davon aus, dass es auch außerhalb der Grenzen Dänemarks Lettori gab, aber der unmittelbare Zusammenhang mit Ägypten war ihm nicht klar. Bei Ägypten dachte er an Pyramiden, Sand und verführerische Schönheiten aus 1001 Nacht, aber nicht an ein Versteck für eine Verbrecherorganisation.
     
    Ob es die Nachwirkungen der Betäubung waren oder die Tatsache, dass es so schlagartig dunkel wurde, konnte Jon nicht sicher sagen. Er hatte nur einmal kurz die Augen geschlossen, und als er sie wieder aufschlug, war es draußen dunkel. Die einzige

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