Die Bibliothek der Schatten Roman
Katherina.
»Für das Libri di Luca«, antwortete er gereizt.
»Hast du Luca umgebracht?«
»Nein, nein.« Paw schüttelte den Kopf. »Die Belohnung für die Infiltration bei euch.« Er guckte leidend. »Komm schon, Kat, ich verspreche auch, nicht zu verraten, dass ihr hier seid. Lass mich einfach gehen, damit ich meinen Boost bekomme.«
»Wann findet das Ganze statt?«, fragte Katherina.
Paw drehte den Kopf zur Seite, um ihnen nicht in die Augen sehen zu müssen. Er schwieg eine Weile, ehe er sich zu einer Antwort durchrang.
»Heute Abend, das wisst ihr doch.«
»In welcher Form?«
»Wie eine ganz normale Aktivierung«, sagte Paw. »Jon soll als eine Art Medium eingesetzt werden. Ich weiß nicht genau, wie das funktioniert.« Er bewegte den Kopf hin und her. »Es hat irgendwas mit der Energie der Bibliothek und Jons Fähigkeiten zu tun. Wenn die zusammenkommen - Bingo! Dann werden wir alle auf der Skala nach oben katapultiert.«
»Und Jon?«
Paw schüttelte den Kopf.
»Das weiß keiner. Möglicherweise passiert gar nichts, vielleicht wird er auch aufgewertet, oder aber er geht dabei drauf.«
Katherina kämpfte gegen ihre Lust an, Paw zu packen und ihm die Gleichgültigkeit aus dem Körper zu schütteln. Sie vergeudeten ihre Zeit, während die Schattenorganisation bereit war, Jon zu opfern.
»Wie kommt ihr rein?«, wollte Muhammed wissen.
Paw zeigte mit einem Nicken auf den Umhang.
»Wir sollen den Umhang tragen und die Kette.«
»Wie viele werden teilnehmen?«
»Viele«, sagte Paw und stieß die Luft durch den Mund aus. »Sie kommen aus der ganzen Welt.«
»Was ist mit der Sprache?«, fragte Henning. »Jon kann doch unmöglich in allen Sprachen reaktivieren?«
»Das weiß ich nicht«, fauchte Paw. »Wahrscheinlich läuft das über die Entladungen. Die treffen alle.«
»Und hinterher?«
»Hinterher kann uns niemand mehr aufhalten.« Paw lächelte.
Muhammed nickte Henning und Katherina zu und zog sie hinter sich her, weg von Paw, damit dieser nicht hörte, was sie zu besprechen hatten.
»Was meint ihr?«, fragte Muhammed leise.
»Ich glaube ihm«, antwortete Henning mit einem Seufzer.
Katherina schaute zu Paw, der ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen hatte.
»Ich auch«, flüsterte sie. »Leider. Es sieht verdammt finster aus, wesentlich schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe. Wir müssen das irgendwie verhindern.«
»Aber wie?«, platzte Henning verzweifelt heraus. »Wir sind zu dritt gegen eine unbekannte Anzahl von ihnen.«
»Aber es gibt nur einen Jon«, bemerkte Muhammed trocken.
»Was willst du damit sagen?«, fragte Katherina.
»Wir müssen verhindern, dass er an dem Happening teilnimmt«, antwortete Muhammed nüchtern. »Kein Jon, keine Party.«
Katherina wagte nicht daran zu denken, wie weit sie gehen müssten, um Jon aufzuhalten, aber ihr war klar, dass Muhammed Recht hatte. Jon war die Schlüsselfigur, und solange er auf der Seite der Schattenorganisation war, war er gefährlich.
»Und wie, bitte schön, sollen wir das verhindern?«, fragte Henning.
»Indem auch wir zu diesem Fest gehen«, entschied Muhammed
und nickte in Paws Richtung. »Zumindest einer von uns hat eine Eintrittskarte.«
»Ich«, sagte Katherina hastig.
Die beiden anderen sahen sich an.
»Ich kenne ihn am besten«, erklärte sie. »Wir haben zusammen trainiert, und ich weiß, wozu er in der Lage ist.«
Muhammed nickte.
»Okay. Du nimmst das Amulett und den Umhang. Henning und ich werden uns einen anderen Weg suchen, um reinzukommen.«
Henning willigte mit einem Nicken ein.
»Hallo«, rief Paw hinter ihnen. »Ich würde sagen, es wird Zeit, dass ihr mich losbindet.«
Die drei lächelten sich verschwörerisch an, ehe sie sich zu ihrem Gefangenen umdrehten.
ACHTUNDDREISSIG
I n wenigen Stunden würde es vollbracht sein.
Jon konnte es kaum fassen. Fast sein ganzes Leben lang war er daran gehindert worden, seinem Schicksal zu folgen, und bis vor kurzem hatte man ihn auch noch getäuscht und in die Irre geleitet. Erst jetzt bekam er endlich Gelegenheit, seinen rechten Platz einzunehmen. Bis jetzt waren ihm etliche Hindernisse in den Weg gelegt worden, die ihn unverzeihlich viel Zeit gekostet hatten. Er wünschte sich von ganzem Herzen, er hätte mehr Zeit für seine Vorbereitung gehabt. Er war erst vor wenigen Tagen in das wahre Wesen des Ordens eingeweiht worden, weshalb es ihn bedrückte, sich nicht wirklich bereit zu fühlen, auch wenn Remer der Meinung war, er sei der Aufgabe gewachsen.
Weitere Kostenlose Bücher