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Die Bibliothek der Schatten Roman

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Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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keinen Nørreskov, mein Name ist Klausen. Das steht auch an der Tür, verschwinden Sie!«
    »Wir wissen, dass Sie 86 Ihren Namen geändert haben«,
sagte Jon. »Ebenso wissen wir, dass Sie zuvor aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden sind, und wir kennen auch die Gründe dafür.«
    Ein paar Sekunden blieb es still hinter der Tür. Dann hörten sie ein leises Murmeln. Katherina und Jon sahen sich an.
    »Ich glaube, er hat die Worte ›ausgeschlossen worden‹ wiederholt«, flüsterte Jon.
    »Warum flüstern Sie?«, rief der Mann hinter der Tür. »Wer sind Sie eigentlich? Und was wollen Sie?«
    »Wir wollen nur mit Ihnen reden«, wiederholte Katherina. »Ich heiße Katherina, und ich bin mit Jon Campelli hier.«
    Wieder blieb es hinter der Tür für ein paar Sekunden still.
    »Campelli?«
    »Jon Campelli«, bestätigte Jon. »Ich bin der Sohn von …«
    Er wurde vom Kreischen des Riegels unterbrochen, der zur Seite geschoben wurde. Langsam öffnete die Tür sich einen Spaltbreit, und ein Kopf kam zum Vorschein. Das Gesicht war vor Haaren und Bart kaum zu erkennen. Ein paar weit geöffnete blaue Augen musterten Jon von Kopf bis Fuß.
    »Campelli«, wiederholte der Mann und nickte still.
    »Wir wollen nur …«, begann Katherina, verstummte aber, als der Mann die Tür weit öffnete und einen Schritt zur Seite trat.
    »Kommen Sie rein, Jon, kommen Sie rein. Ich habe eine Nachricht von Ihrem Vater.«

ACHTZEHN
    J ons Füße waren plötzlich schwer wie Blei. Er stand wie angewurzelt auf der Schwelle und starrte den Mann in der Türöffnung an. Der üppige Vollbart mit den grauen Strähnen war so verfilzt und voller Knoten, dass er alles andere als einen gepflegten Eindruck machte. Mitten in dem haarigen Nest saß wie ein rotes Loch ein breiter, lächelnder Mund mit vollen Lippen. Der Mann war mager, sicher noch magerer, als der große dunkelgrüne Sweater und die ausgebeulte Cordhose es vermuten ließen. Sein Rücken war leicht gekrümmt.
    »Kommen Sie rein«, forderte der Mann sie erneut auf und winkte sie eifrig mit dünnen, knochigen Fingern nach drinnen.
    Jon fühlte Katherinas Hand auf seiner Schulter und trat langsam in den schmalen, dunklen Hausflur. Tom Nørreskov warf die Tür hinter ihnen ins Schloss. Sie standen reglos in der Dunkelheit und hörten, wie er sorgfältig abschloss. Es roch streng, und die Luft war zum Schneiden.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Tom Nørreskov und drängte sich an ihnen vorbei. »Ich mache gleich Licht.« Eine schwache Lampe an der Decke erwachte zum Leben und tauchte den kleinen Eingangsbereich, der mit Pappkartons in den unterschiedlichsten Größen zugebaut war, in gelbes Licht. »Ich selbst brauche nicht viel. Licht, meine ich.«
    Er verschwand in einem Durchgang zwischen den Kartons, der in einen anderen Raum führte, in dem er ebenfalls Licht anmachte. Katherina und Jon folgten ihm in ein geräumiges Wohnzimmer. Alle vier Wände waren mit Zeitungsausschnitten, Bildern und einer Unmenge kleiner, gelber Notizzettel
gepflastert. Zwischen einigen davon spannten sich Garnfäden in unterschiedlichen Farben. Es war ein Netzwerk von Informationen, eine Art Papierversion des Internets. Mitten im Raum, unter einer nackten Glühbirne ohne Lampenschirm, stand ein großer, blank gescheuerter Ledersessel. Davor lag ein orientalisches Sitzkissen, das aussah, als wäre es geplatzt. Um den Sessel herum standen Bücherstapel ohne erkennbare Ordnung.
    Tom Nørreskov führte sie weiter ins nächste Zimmer, das von Bücherregalen dominiert wurde und ein großes Sofa beherbergte, das, den Decken nach zu urteilen, als Bett fungierte. Davor stand ein niedriger Couchtisch, der von unzähligen ledereingebundenen Büchern bedeckt war. Tom raffte eilig das Bettzeug zusammen und schmiss es hinters Sofa. Nachdem er sporadisch mit der Hand über die Kissen gefahren war, machte er eine einladende Geste mit dem Arm.
    »Setzen Sie sich«, bat er. »Es gibt eine Menge zu bereden.«
    Jon und Katherina nahmen Platz, während ihr Gastgeber das Sitzkissen aus dem Nachbarraum holte und sich vor sie setzte. Er ließ Jon nicht aus den Augen, und seine Lippen umspielte die ganze Zeit ein kleines, äußerst zufriedenes Lächeln.
    »Sie sagten, Luca habe eine Nachricht hinterlassen?«, eröffnete Jon das Gespräch.
    Tom nickte energisch.
    »Wissen Sie, Ihr Vater hat geahnt, dass Sie sich irgendwann wieder rühren werden, und für den Fall, dass ihm etwas zustoßen, Sie aber zufällig hier aufkreuzen sollten, hat er mich

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