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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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Ausschnitt.
    »Woher hast du denn das Kleid?«, fragte ich.
    Sie führte mir ihr Kleid vor, drehte sich vor mir hin und her, und als ich lächelte, drehte sie sich noch einmal für mich. Es war eines von der Sorte Kleider, die man ungestraft ein Zelt nennen konnte - der Stoff fiel gleich meterweise von den Schultern herab, ohne dass ihn ein Gürtel oder Abnäher in irgendeine Form gebracht hätten. Es war aus hellrotem Stoff mit riesigen, weißen Blumen darauf. Ich sah, sie war in das Kleid verliebt.
    »Augusta hat mich gestern mit in die Stadt genommen und es mir gekauft«, sagte sie. Ich war völlig verblüfft, was so alles ohne mich passiert war.
    »Dein Kleid ist sehr hübsch«, log ich, und da fiel mir zum ersten Mal auf, dass überhaupt nichts für das Mittagessen vorbereitet war.
    Sie ließ ihre Hände über den Stoff gleiten, dann sah sie auf die Uhr am Ofen und nahm eine von Mays alten Handtaschen aus Kunststoff, die sie geerbt hatte.
    »Gehst du aus?«, wollte ich wissen.
    »Und ob sie ausgeht.« Augusta kam herein und lächelte Rosaleen an.
    »Ich bring heut’ zu Ende, was ich angefangen hab«, sagte Rosaleen und hob ihr Kinn. »Ich trag mich ins Wählerverzeichnis ein.«
    Meine Arme sackten an den Seiten herunter, und mir klappte der Mund auf. »Aber was, was, aber was ist, du bist doch - na, du weißt schon?«
    Rosaleen warf mir einen Blick zu. » Was’n?«
    »Na, du wirst doch von der Polizei gesucht«, sagte ich. »Was, wenn sie deinen Namen erkennen? Was, wenn sie dich fassen?«
    Ich sah hinüber zu Augusta.
    »Och, ich glaube nicht, dass das ein Problem geben wird«, sagte Augusta und nahm die Schlüssel für den Laster von dem Messinghaken bei der Tür. »Wir fahren ja zur High School der Farbigen.«
    »Aber...«
    »Du meine Güte, ich hol mir doch nur meine Wahlkarte«, sagte Rosaleen.
    »Das hast du beim letzten Mal auch gesagt«, wies ich sie zurecht.
    Sie überhörte es. Klemmte sich Mays Tasche unter den Arm. Eine Furche verlief vom Griff zur anderen Seite.
    »Willst du mit, Lily?«, sagte Augusta.
    Ich wollte, und ich wollte nicht. Ich sah auf meine Füße, sie waren gebräunt und nackt. »Ich bleib lieber hier und mach mir was zu essen.«
    Augusta zog die Augenbrauen hoch. »Schön, dass du zur Abwechslung mal wieder Hunger hast.«
    Sie gingen zur hinteren Veranda, die Stufen hinunter. Ich folgte ihnen zum Laster. Als Rosaleen einstieg, sagte ich: »Und spuck nicht jemandem auf die Schuhe, verstanden?«
    Sie musste so doll lachen, dass ihr ganzer Körper bebte. Es sah aus, als ob all die Blumen auf ihrem Kleid vom Wind hin und her geschüttelt würden.
    Ich ging wieder ins Haus und machte mir zwei Hot Dogs und aß sie ohne Brötchen. Dann ging ich wieder in den Wald, wo ich ein paar Küchenschellen pflückte, die wild auf einigen Lichtungen wuchsen, bevor es mir langweilig wurde und ich sie wegwarf.
    Ich saß auf dem Waldboden und wartete darauf, dass ich in meine düstere Stimmung verfallen und an meine Mutter denken würde, aber das Einzige, was mir in den Sinn kam, war Rosaleen. Ich stellte mir vor, wie sie in der Schlange stand. Ich konnte geradezu sehen, wie sie geübt hatte, ihren Namen zu schreiben. Wie sie es endlich hinbekam. Ihr großer Augenblick. Plötzlich wünschte ich, ich wäre mit ihnen gefahren. Ich wollte ihr Gesicht sehen, wenn man ihr die Karte überreichen würde. Und ich wollte ihr sagen: Weißt du was, Rosaleen? Ich bin stolz auf dich.
    Was machte ich eigentlich hier draußen im Wald?
     
    Ich stand auf und ging zurück ins Haus. Als ich im Flur am Telefon vorbeikam, hatte ich den dringenden Wunsch, Zach anzurufen. Wieder am Leben teilzunehmen. Ich wählte seine Nummer.
    Als er ans Telefon ging, sagte ich: »Na, was gibt’s Neues?«
    »Wer ist denn da?«, fragte er.
    »Sehr witzig«, sagte ich.
    »Es tut mir Leid, wegen allem«, sagte er. »Augusta hat mir erzählt, was passiert ist.« Einen Moment war zwischen uns beiden Stille, dann sagte er: »Musst du zurück?«
    »Du meinst, zurück zu meinem Vater?«
    Er zögerte. »Ja.«
    In dem Moment, als er es sagte, hatte ich das Gefühl, dass genau das geschehen würde. Ich konnte es am ganzen Leib spüren. »Wahrscheinlich«, sagte ich. Ich wickelte mir die Schnur vom Telefon um den Finger und sah den Flur hinunter zur Eingangstür. Ein paar Sekunden lang war ich nicht in der Lage, wegzusehen, ich sah mich selber, ich sah mich, wie ich durch diese Tür aus dem Haus ging und nie mehr zurückkam.
    »Ich komm dich

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