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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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Kerzen.
    »So, der is’ für dich. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte sie. Wir setzten uns und aßen jeder zwei Stücke und tranken ein Glas Milch. Die Milch hinterließ auf ihrer dunklen Oberlippe einen weißen Halbmond, den sie nicht wegwischte. Später erinnerte ich mich, wie sie damit ausgesehen hatte - gezeichnet von Anfang an.
    Sylvan war Meilen weit weg. Wir gingen auf dem Seitenstreifen am Rand des Highways entlang. Rosaleen bewegte sich so schwerfällig wie eine Elefantenkuh, das Kännchen, in das sie ihren Kautabak spuckte, am Finger. Unter den Bäumen hing noch der Dunst, und jeder Zentimeter Luft war getränkt von dem schweren Geruch der Pfirsiche.
    »Humpelst du?«, fragte Rosaleen.
    Meine Knie schmerzten so sehr, dass ich Mühe hatte, mit ihr Schritt zu halten. »Ein bisschen.«
    »Na, warum setzen wir uns dann nich’ an den Straßenrand und verschnaufen was?«
    »Ist schon gut«, antwortete ich ihr. »Es geht schon.«
    Ein Auto rauschte vorbei und wirbelte verbrannte Luft und Staub auf. Rosaleen war schweißnass vor Hitze. Sie tupfte ihr Gesicht ab und atmete schwer.
    Wir kamen zur Eben-Ezer Kirche der Baptistengemeinde, in die T. Ray und ich gingen. Der Kirchturm ragte durch eine Gruppe schützender Bäume; die roten Dachziegel versprachen Schatten und Kühlung.
    »Komm mit«, sagte ich und bog in die Auffahrt.
    »Wohin gehst du?«
    »Wir können uns in der Kirche ausruhen.«
    Die Luft im Innern war gedämpft und ruhig, durchdrungen von dem Licht, das durch die Seitenfenster fiel, aber nicht etwa schöne, farbige Glasfenster, sondern milchige Scheiben, durch die man nicht richtig hindurchsehen kann.
    Ich führte uns nach vorne und setzte mich auf den zweiten Sitz, um Platz für Rosaleen zu lassen. Sie nahm einen der Papierfächer, die neben den Gebetbüchern lagen, und betrachtete das Bild darauf - eine weiße Kirche mit einer lächelnden weißen Dame davor.
    Rosaleen fächelte sich Luft zu, und ich lauschte den kleinen Windstößen, die sie dabei machte. Sie selber ging niemals in die Kirche, aber bei den wenigen Malen, bei denen mir T. Ray erlaubt hatte, zu ihrem Haus hinten im Wald zu gehen, hatte ich ihr kleines Heiligtum gesehen, ein Bord, auf dem ein Kerzenstumpen, Flusssteine, eine rötliche Feder und ein Stück einer Zauberwurzel lagen, und genau in der Mitte hatte sie das Bildnis einer Frau aufgestellt.
    Als ich es zum ersten Mal gesehen hatte, hatte ich Rosaleen gefragt: »Bist du das?« Denn, ehrlich, die Frau auf dem Bild sah genau aus wie Rosaleen, mit schweren Zöpfen, blauschwarzer Haut, kleinen Augen und einem Körper, der sich nach unten hin ausbuchtet, so wie eine Aubergine.
    »Das is’ meine Mama«, sagte sie.
    Die Oberfläche des Bildes war an den Stellen, an denen sie es angefasst hatte, ganz abgerieben. Ihr kleiner Hausaltar gehörte irgendwie zu der Religion, die sie für sich selber erfunden hatte, so eine Mischung aus Natur- und Ahnenkult. Sie ging schon seit Jahren nicht mehr in ihre Kirche, das House of Prayer Full Gospel Holiness, weil es da morgens um zehn Uhr losging und bis drei Uhr nachmittags dauerte, und das war, wie Rosaleen immer sagte, mehr Religion, als ein Erwachsener verkraften kann.
    T. Ray sagte, Rosaleens Religion sei kompletter Schwachsinn, und ich solle mich bloß davon fern halten. Aber mir gefiel, dass sie Flusssteine und Spechtfedern liebte und dass sie ein Bild von ihrer Mutter hatte, genau wie ich.
    Eine der Kirchentüren öffnete sich, und Bruder Gerald, unser Pastor, trat in den Altarraum.
    »Ach du liebe Güte, Lily, was machst du denn hier?«
    Dann sah er Rosaleen und fing an, sich vor lauter Aufregung die kahle Stelle auf seinem Kopf so stark zu reiben, dass ich dachte, er würde die Haut bis auf den Schädelknochen wegrubbeln.
    »Wir sind auf dem Weg in die Stadt und machen hier Pause, um uns etwas abzukühlen.«
    Sein Mund formte sich zu einem »Oh«, aber es kam nicht über seine Lippen, denn er war vollkommen abgelenkt und viel zu sehr damit beschäftigt, Rosaleen anzustaunen, die in seiner Kirche saß und gerade diesen Moment wählte, ihren Kautabak auszuspucken.
    Es ist schon komisch, dass ich manchmal alle Regeln einfach so vergessen kann. Sie durfte natürlich überhaupt nicht hier sein. Jedes Mal, wenn das Gerücht aufkam, eine Gruppe von Negern wäre auf dem Weg, um mit uns am Sonntag die Messe zu feiern, stellten sich die Diakone mit verschränkten Armen auf die Kirchenstufen, um sie zu verjagen. Wir lieben sie im Herrn,

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