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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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her gezerrt, und sie schwenkte die Männer herum, als wären sie riesige Handtaschen, die an ihrem Arm baumelten. Die Männer brüllten, sie solle sich entschuldigen und ihnen die Schuhe sauber machen.
    »Wisch es ab!« Mehr konnte ich nicht hören. Immer wieder. Und dann der schrille, spitze Schrei von Vögeln über uns, die von den niedrigen Ästen der Bäume rauschten und einen Kieferngeruch aufwirbelten, und in diesem Moment war mir klar, dass ich diesen Geruch für den Rest meines Lebens verabscheuen würde.
    »Ruf die Polizei!«, schrie der Kartengeber einem anderen Mann in einem der Häuser zu.
    Zu dem Zeitpunkt lag Rosaleen schon der Länge nach auf dem Boden und hatte ihre Finger um ein paar Grasbüschel geschlungen. Blut tropfte aus einer Schnittwunde unter ihrem Auge. Es lief an ihrem Kinn entlang, wie Tränen.
    Als der Polizist kam, sagte er, wir müssten ins Auto steigen, auf den Rücksitz.
    »Sie sind verhaftet«, sagte er Rosaleen, »wegen Körperverletzung, Diebstahls und Ruhestörung.« Dann sagte er zu mir: »Wenn wir zur Wache kommen, ruf ich deinen Vater an, und dann kann der sich um dich kümmern.«
    Rosaleen kletterte ins Auto, rutschte rüber. Ich folgte ihr, rutschte in den Sitz wie sie, setzte mich genau wie sie.
    Die Autotür wurde geschlossen. So ruhig, dass es nur ganz sachte Klapp machte, und das war das eigentlich Merkwürdige, dass ein so leises Geräusch die ganze Welt erschüttern konnte.

Wenn ein Volk sein angestammtes Nest verlässt, fliegt der Schwarm normalerweise nur einige Meter weit und lässt sich dann nieder. Kundschafterbienen suchen darauf nach einem geeigneten Platz, um eine neue Kolonie zu gründen. Wenn die Wahl dann schließlich auf einen Ort gefallen ist, erhebt sich der gesamte Schwarm wieder in die Luft.
    KAPITEL 2
    Der Polizist, der uns zum Gefängnis fuhr, hieß Avery Gaston, aber die Männer von der Esso-Tankstelle nannten ihn »Schuh«. Das war ein komischer Spitzname, denn - soweit ich sehen konnte - war an seinen Schuhen überhaupt nichts Besonderes, noch nicht einmal an seinen Füßen. Das einzig Merkwürdige an ihm waren seine Ohren, weil sie so winzig waren wie die Ohren eines Kindes und aussahen wie verschrumpelte Aprikosen. Ich fixierte sie vom Rücksitz aus und fragte mich, warum er nicht »Öhrchen« genannt wurde.
    Die drei Männer folgten uns in einem grünen Transporter, mit dem üblichen Gewehr im Heck. Sie fuhren dicht auf unsere Stoßstange auf und hupten alle paar Sekunden. Ich schrak jedes Mal zusammen, und Rosaleen tätschelte beruhigend mein Bein. Als wir bei dem Autohandel vorbeikamen, zogen die Männer dann mit dem Polizeiauto auf gleiche Höhe auf und riefen uns etwas zu, das wir aber nicht verstehen konnten, weil unsere Scheiben hochgekurbelt waren. Mir fiel auf, dass Leuten, die auf dem Rücksitz eines Polizeiautos gefahren werden, das Extra von Türgriffen oder Fensterkurbeln nicht vergönnt war, und so hatten wir das Vergnügen, in einem stickig heißen Auto zum Gefängnis gefahren zu werden und die Männer dabei zu beobachten, wie sie ihre Lippen zu Worten formten, die wir zum Glück nicht verstehen konnten.
    Rosaleen sah geradeaus und tat so, als ob die Männer lästige Fliegen wären, die vor unserer Gittertür herumsummten. Aber ich konnte fühlen, wie ihre Schenkel zitterten, der gesamte Rücksitz vibrierte.
    »Mr. Gaston«, sagte ich, »diese Männer kommen doch nicht etwa mit uns, oder?«
    Ein Lächeln erschien im Rückspiegel. »Ich weiß nich’, was Männer tun, die so was von stinksauer sind.«
    Bevor wir endlich Main Street erreichten, hatten sie den Spaß an der Sache verloren und rasten davon. Ich atmete auf, aber als wir auf den freien Parkplatz hinter der Polizeiwache bogen, warteten sie schon an der Hintertreppe. Der Mann, der die Karten ausgeteilt hatte, hielt jetzt eine Taschenlampe in der Hand, die er drohend in die andere Handfläche schlug. Die beiden anderen hatten die zwei Fächer aus der Kirche in ihren Händen und wedelten damit herum.
    Als wir aus dem Auto stiegen, legte Mr. Gaston Rosaleen hinter dem Rücken Handschellen an. Ich ging so dicht hinter ihr, dass ich die dampfende Hitze spüren konnte, die aus ihrer Haut drang.
    Sie blieb einige Meter vor den Männern stehen und weigerte sich, auch nur einen weiteren Schritt zu machen. »So, jetzt aber mal halblang, bringen Sie mich nicht dazu, meine Waffe zu ziehen«, sagte Mr. Gaston. Eigentlich benutzte die Polizei in Sylvan ihre Waffen nur dann, wenn sie

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