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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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sagte Bruder Gerald immer, aber sie gehören an den ihrigen Ort und nicht hierher.
    »Heute ist mein Geburtstag«, sagte ich in der Hoffnung, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.
    »Tatsächlich? Na, dann herzlichen Glückwunsch, Lily. Wie alt wirst du denn?«
    »Vierzehn.«
    »Frag ihn doch, ob wir zu deinem Geburtstag nich’ ein paar von den Fächern haben können«, sagte Rosaleen.
    Er gab ein schwaches Geräusch von sich, das wohl ein Lachen werden sollte. »Na, wenn wir hier jedem erlauben würden, einen Fächer zu leihen, dann hätten wir ja bald keine mehr.«
    »Sie hat nur einen Scherz gemacht«, sagte ich und stand auf. Er lächelte zufrieden und ging den ganzen Weg zur Tür neben mir her, während Rosaleen uns langsam folgte.
    Draußen waren weiße Wolken am Himmel aufgezogen, und es lag ein grelles Licht über der Straße und den Dächern. Als wir den Hof des Pfarrhauses durchquert hatten und wieder auf der Hauptstraße waren, zog Rosaleen zwei der Fächer aus ihrem Kleid hervor und machte nach, wie ich vor Angst schwitzend zum Pastor aufgesehen hatte: »Oh, Bruder Gerald, sie hat nur einen Scherz gemacht.«
     
    Wir erreichten Sylvan von der hässlichsten Seite aus. Alte Häuser aus nackten Betonsteinen. Verkeilte Ventilatoren in Fensterrahmen. Schmutzige Hinterhöfe. Frauen mit rosa Lockenwicklern. Streunende Hunde.
    Nach ein paar Blöcken kamen wir zur Esso-Tankstelle an der Ecke West Market und Park Street, die berüchtigt war als Treffpunkt von Männern, die sich dort die Zeit totschlugen.
    Mir fiel auf, dass nicht ein einziges Auto zum Tanken da war. Drei Männer saßen in Wohnzimmerstühlen neben der Werkstatt und balancierten ein Stück Sperrholz auf ihren Knien. Sie spielten Karten.
    »Gib her«, sagte einer von ihnen, und der Kartengeber, der eine Kappe trug, knallte eine Karte vor ihn. Er hob den Kopf, und dann sah er uns - mich und die fächelnde, schlurfende Rosaleen, die von einer Seite auf die andere wogte. »Na, was kommt denn da«, rief er, »wo geht’s denn hin, Nigger?«
    In der Ferne gab es ein Krachen von Feuerwerkskörpern. »Geh weiter«, flüsterte ich, »achte nicht auf die Kerle.«
    Aber Rosaleen sagte in einem Tonfall, in dem man einem Kindergartenkind etwas richtig Kompliziertes erklärt: »Ich geh mich ins Wählerverzeichnis eintragen, damit ich wählen kann, drum bin ich hier.«
    »Wir sollten machen, dass wir hier wegkommen«, sagte ich, aber sie trabte gemächlich weiter.
    Der Mann, der neben dem Kartengeber saß und glatt nach hinten gekämmtes Haar hatte, legte sein Blatt weg und sagte: »Habt ihr das mitbekommen? Da haben wir ja mal’ne richtig gute und vorbildliche Bürgerin.«
    Ich hörte, wie hinter uns in der Straße und im Rinnstein ganz sacht das Rauschen eines sanften Windes anhob. Wir gingen weiter, die Männer räumten ihren provisorischen Tisch beiseite und kamen hinunter an die Straßenecke, um auf uns zu warten, so als wären sie Zuschauer bei einer Parade und wir die Hauptattraktion.
    »He Leute, guckt mal, die ist ja echt pechschwarz«, sagte der Kartengeber.
    Und der Mann mit den glatt gekämmten Haaren sagte: »Ja, und unglaublich fett ist die auch.«
    Jetzt musste der dritte Mann natürlich auch etwas sagen. Und als Rosaleen dann völlig unbeeindruckt an ihm vorbeischritt, den Fächer mit der weißen Dame darauf in der Hand, sagte er: »Wo haste den Fächer denn her, Nigger?«
    »Aus’ner Kirche geklaut«, sagte sie. Einfach so.
    Ich war einmal bei einer Bootsfahrt mit meiner Kirchengruppe den Chattooga Fluss hinab gedriftet, und genau das gleiche Gefühl verspürte ich jetzt - als würde mich eine Strömung erfassen und emporheben, als geriete ich in einen Strudel von Ereignissen, deren Verlauf ich nicht aufhalten konnte.
    Als Rosaleen auf gleicher Höhe mit den Männern war, hob sie ihr Kännchen, das voller schwarzer Spucke vom Kautabak war, und goss es seelenruhig über deren Schuhe, wobei ihre Hand einen Bogen beschrieb, als folge sie ihrem Namenszug - »Rosaleen Daise« - genau so, wie sie es geübt hatte.
    Eine Sekunde lang starrten die Männer fassungslos auf die Flüssigkeit, die ihre Schuhe wie Motoröl verdreckt hatte. Sie blinzelten, versuchten zu begreifen, was geschehen war. Als sie wieder hoch blickten, sah ich, wie sich der Ausdruck in ihren Gesichtern allmählich veränderte - von Verblüffung in Ärger, und dann in grenzenlose Wut. Sie stürzten sich auf Rosaleen, und dann fing alles an zu trudeln. Rosaleen wurde hin und

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