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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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mich, ob ich jemals hierhin zurückkommen würde. »Auf Wiedersehen«, sagte ich, und mich beschlich ein Hauch von Wehmut.
    Draußen suchte ich nach der Lücke in dem Gitterwerk, das sich um das Fundament des Hauses zog. Ich quetschte mich hindurch und versteckte mich in violettem Licht und Luft, die voller Spinnfäden hing.
    T. Rays Stiefel stampften über die Veranda.
    »Lily! Li-liiiiiii!« Ich hörte, wie seine Stimme über die Dielen des Hauses getragen wurde.
    Plötzlich entdeckte ich Snout, der an der Stelle herumschnüffelte, durch die ich gekrochen war. Ich verbarg mich tiefer in der Dunkelheit meines Schlupflochs, aber der Hund hatte meinen Geruch aufgenommen und fing an, aus schäbiger Kehle lauthals zu bellen.
    T. Ray erschien mit meinem jetzt völlig zerknitterten Zettel in der Hand und schrie Snout an, verdammt noch mal die Schnauze zu halten, und raste in seinem Laster davon, von dem ich bald nur noch die Abgaswolken sah.
     
    Als ich zum zweiten Mal an diesem Tag den Gras bewachsenen Seitenstreifen des Highways entlangging, hatte ich das Gefühl, viel älter als vierzehn geworden zu sein.
    Innerhalb weniger Stunden war ich vierzig geworden.
    Die Straße lag, so weit ich sehen konnte, vollkommen leer vor mir, und in der flimmernden Hitze schien die Luft an einigen Stellen Wellen zu schlagen. Selbst falls ich Rosaleen frei bekommen würde - und das »Falls« war mindestens so groß wie der Planet Jupiter - wohin sollten wir dann bloß gehen?
    Plötzlich blieb ich stehen. Tiburon, South Carolina. Natürlich! Die Stadt, deren Namen hinten auf dem Bild der schwarzen Maria stand. Hatte ich nicht sowieso vorgehabt, eines Tages dorthin zu gehen? Es machte vollkommen Sinn: Meine Mutter war dort gewesen. Oder aber sie kannte dort Leute, die sich ihretwegen die Mühe gemacht hatten, ihr ein schönes Bild der Mutter Jesu zu schicken. Und wer würde uns da schon vermuten?
    Ich hockte mich neben die Straße und breitete die Landkarte aus. Tiburon war ein kleiner Punkt neben dem großen Stern, der für Columbia stand. T. Ray würde sicher an der Bushaltestelle nach uns suchen, also müssten Rosaleen und ich per Anhalter fahren. Das konnte so schwierig ja wohl kaum sein: Man stellt sich an den Straßenrand und hält den Daumen hoch, dann wird sich schon irgendjemand erbarmen und anhalten.
    Als ich kurz hinter der Kirche war, sauste Bruder Gerald in seinem weißen Ford vorbei. Ich sah seine Bremslichter aufleuchten. Er setzte zurück.
    »Ich dachte doch, dass du das bist«, sagte er durch das Fenster. »Wo geht’s hin?«
    »In die Stadt.«
    »Schon wieder? Und wozu brauchst du die Tasche?«
    »Ich... ich bringe Rosaleen ein paar Sachen. Sie ist doch im Gefängnis.«
    »Ja, ich weiß«, sagte er und öffnete die Beifahrertür. »Steig ein, ich fahr auch da hin.«
    Ich hatte noch nie im Auto eines Geistlichen gesessen. Ich hatte nicht erwartet, dass da ein Stapel Bibeln auf dem Rücksitz liegen würde, aber ich war doch überrascht, dass es genauso aussah wie jedes andere gewöhnliche Auto.
    »Sie wollen Rosaleen besuchen?«, fragte ich.
    »Die Polizei hat mich angerufen und gebeten, Anklage wegen Diebstahls von Kircheneigentum zu erheben. Es heißt, sie hätte sich ein paar von unseren Fächern genommen. Weißt du was davon?«
    »Aber es waren doch nur zwei Fächer...«
    Seine Stimme nahm augenblicklich ihren Predigerton an. »In den Augen des Herrn spielt es keine Rolle, ob es zwei Fächer sind oder aber deren hundert. Diebstahl ist Diebstahl. Sie hatte mich gefragt, ob sie die Fächer haben dürfte, und ich habe deutlich Nein gesagt. Aber sie hat sie trotzdem genommen. Das ist eine Sünde, Lily.«
    Fromme Leute sind mir schon immer auf die Nerven gegangen.
    »Aber sie ist doch auf einem Ohr taub«, sagte ich. »Sie muss das falsch verstanden haben. Das macht sie ständig. T. Ray sagt zu ihr ›Bügle meine blauen Hemden‹, und sie bügelt die grauen.«
    »Schwerhörig. Na, das habe ich natürlich nicht gewusst«, sagte er.
    »Rosaleen würde niemals stehlen.«
    »Die Polizei sagt auch, sie hätte ein paar Männer von der Esso-Tankstelle beleidigt.«
    »So war es nicht«, sagte ich. »Sehen Sie, sie sang ihr liebstes Kirchenlied ›Herr Jesu, meine Zuversicht‹. Ich glaube nicht, dass diese Männer Christen sind, Bruder Gerald, denn sie riefen, sie solle mit diesem dämlichen Jesus-Singsang aufhören. Rosaleen sagte dann: ›Mich könnt ihr beschimpfen, aber lästert mir nicht Jesus, meinen Herrn.‹ Aber sie gaben

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