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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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Beutel an die Brust gedrückt zur Tür hinausspähte.
    Ich sah, wie das Mädchen ein paar Türen weiter mit einer Art Glasflasche in einem anderen Zimmer verschwand. »Los jetzt«, sagte ich zu Rosaleen.
    »Sie gehn schon?«, fragte die kleine Frau.
    »Ja, aber ich bin sicher wieder hier, noch eh’ es Abend wird«, sagte Rosaleen, mehr an mich als an die kleine Frau gerichtet.
    Dieses Mal gingen wir nicht so ruhig, als wären wir Besucher, wir machten, dass wir wegkamen.
    Draußen nahm ich Rosaleens Hand und zog sie den Bürgersteig hinunter. »Wo du doch alles geplant hast, weißt du ja sicher auch, wohin wir jetzt gehen«, sagte sie, und in ihrer Stimme war ein komischer Unterton.
    »Wir gehen zum Highway 40 und fahren per Anhalter nach Tiburon, South Carolina. Zumindest versuchen wir’s.«
    Ich führte uns über Seitenwege, durch den Stadtpark, eine kleine Gasse hinunter zur Lancaster Street, dann drei Häuserblocks weiter rüber zur May Pond Road, wo wir durch das leere Grundstück hinter Glenns Gemüseladen schlüpften.
    Wir stapften durch wilde Möhren und fleischige, purpurrote Blumen, durch Libellen und den Geruch von Jasmin, der so stark war, dass man ihn beinahe als einen goldenen Dunst in der Luft sehen konnte. Sie fragte mich nicht, warum wir nach Tiburon gingen, und ich sagte es ihr nicht. Was sie mich aber fragte, war: »Seit wann sagste denn ›verdammter Mist‹?«
    Ich hatte niemals Schimpfwörter benutzt, obwohl ich jede Menge davon aus dem Mund von T. Ray gehört hatte, und auch in öffentlichen Toiletten hatte ich welche gelesen. »Ich bin jetzt vierzehn. Jetzt kann ich so was wohl sagen, wenn mir danach ist.« Und mir war danach, in genau dieser Minute. Also sagte ich: »Verdammter Mist.«
    »Verdammter Mist, Scheiße, Ausgeburt der Hölle und alter Hurensohn«, sagte Rosaleen, und sie ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen wie Süßkartoffeln.
     
    Wir standen am Highway 40 in dem Fleckchen Schatten, den ein verblichenes Werbeposter für Lucky Strike Zigaretten spendete. Ich hielt meinen Daumen hoch, und alle Fahrer gaben Gas, sobald sie uns sahen.
    Ein Farbiger in einem zerbeulten Laster, der Honigmelonen transportierte, hatte schließlich ein Einsehen. Ich kletterte zuerst rein und musste rüberrutschen, weil sich Rosaleen ans Fenster setzte.
    Der Mann sagte, dass er auf dem Weg nach Columbia sei, um seine Schwester zu besuchen, und dass er die Melonen zum dortigen Bauernmarkt brächte. Ich erzählte ihm, ich wäre auf dem Weg nach Tiburon, um meine Tante zu besuchen, und dass Rosaleen mitkäme, um ihr bei der Hausarbeit zu helfen. Keine besonders gute Geschichte, aber er fragte nicht weiter.
    »Ich kann euch drei Meilen vor Tiburon rauslassen«, sagte er.
    Das Licht bei Sonnenuntergang ist das traurigste überhaupt. Wir fuhren lange im Abendglühen, alles war still außer den Grillen und den Fröschen, die in der Dämmerung erst so richtig aufdrehen. Ich beobachtete durch die Windschutzscheibe, wie die längst erloschenen Lichter der Sterne am Himmel erschienen.
    Der Farmer drehte das Radio an, und die Supremes schmetterten »Baby, baby, where did our love go?« durch unser Laster-Taxi. Ich glaube, ein Lied über unglückliche Liebe reicht, damit man spürt, wie schnell einem all die wertvollen Dinge, mit denen man sich eingerichtet hat, entgleiten können. Ich lehnte meinen Kopf an Rosaleens Arm. Ich wollte, dass sie mein Leben wieder zurecht streichelt, aber ihre Hände blieben im Schoß liegen.
    Neunzig Meilen, nachdem er uns aufgesammelt hatte, hielt der Farmer mit seinem Laster am Straßenrand an, direkt neben einem Schild, auf dem »Tiburon, 3 Meilen« stand. Es zeigte nach links in Richtung einer Straße, deren Kurven in der silbrigen Dunkelheit verschwanden. Als wir aus dem Laster kletterten, fragte Rosaleen, ob wir eine seiner Melonen zum Abendessen haben könnten.
    »Nehmt euch zwei«, sagte er.
    Wir warteten, bis seine Rücklichter zu kleinen Pünktchen geworden waren, kaum größer als Leuchtkäfer, ehe wir wieder sprachen oder uns rührten. Ich versuchte, den Gedanken wegzuschieben, wie verlassen und einsam wir wirklich waren. Ich war mir nicht so sicher, ob das hier besser war als das Leben mit T. Ray oder selbst das Gefängnis. Es war niemand da, der uns hätte helfen können. Dennoch fühlte ich mich so lebendig, dass es geradezu wehtat, es war, als ob jede Zelle meines Körpers in Flammen stünde und lichterloh brannte.
    »Wenigstens ist Vollmond«, sagte ich zu

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