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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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schon zwei Mal in Honigwasser gebadet hatte, gefüllt wurde. Augusta holte ein Paar roter Socken, die sie den Wannenfüßen anziehen musste - warum auch immer. Es war bestimmt wegen May, und die brauchte keinen vernünftigen Grund.
    Rosaleen und ich schlichen zur Badezimmertür. Sie stand einen Spalt weit offen, so dass wir sehen konnten, wie May von einer Dampfwolke umgeben in der Wanne saß und ihre Knie umschlungen hielt. June schöpfte Wasser mit den Händen und ließ es sanft über Mays Rücken rieseln. Ihr Geheule war jetzt zu einem leisen Schnüffeln geworden.
    Augustas Stimme drang durch den Türspalt. »Das ist gut so, May. Lass all den Kummer von dir abgleiten. Lass ihn einfach los.«
     
    Jeden Abend nach den Nachrichten knieten wir gemeinsam auf dem Teppich im Salon vor der schwarzen Maria und beteten, das heißt, eigentlich knieten nur die drei Schwestern und ich, Rosaleen musste in einem Stuhl sitzen. Augusta, June und May nannten die Statue Unsere Liebe Frau der Ketten, aber mir war nicht klar, warum.
    Gegrüßet seist Du, Maria. Du bist voll der Gnade; der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen... Die Schwestern hielten dabei Schnüre mit hölzernen Perlen in den Händen und ließen sie langsam durch ihre Finger gleiten. Anfangs weigerte sich Rosaleen mitzumachen, aber ziemlich bald schon schloss sie sich uns an. Schon nach dem ersten Abend wusste ich die Worte auswendig. Das lag daran, dass wir sie so oft aufsagten, bis sie sich von selbst in meinem Kopf wiederholten, noch Stunden danach.
    Es schien so etwas wie eine katholische Sitte zu sein, aber als ich Augusta fragte, ob sie Katholiken seien, sagte sie: »Nun, ja und nein. Meine Mutter war eine gute Katholikin - sie ging zwei Mal in der Woche in die Marienkirche in Richmond, aber mein Vater war orthodoxer Eklektiker.«
    Ich hatte keine Ahnung, was die orthodoxen Eklektiker wohl sein mochten, aber ich nickte bedeutsam, als ob es auch in Sylvan eine große Gemeinde davon geben würde.
    Sie sagte: »May, June und ich mischen unsere eigenen Zutaten in den Katholizismus unserer Mutter. Ich könnte dir nicht sagen, wie man unseren Glauben genau nennen soll, aber für uns ist er genau das Richtige.«
    Als wir mit den ungefähr dreihundert »Gegrüßet seist Du, Marias« fertig waren, sprachen wir im Stillen unsere eigenen Gebete, was meistens sehr schnell ging, denn zu dem Zeitpunkt schmerzten unsere Knie schon ganz entsetzlich. Ich sollte mich eigentlich nicht beklagen, denn das war schließlich gar nichts, verglichen mit den Grießflocken, auf denen ich sonst knien musste. Zum Schluss machten die Schwestern ein Kreuz von der Stirn hinunter zum Bauch, und dann war es vorbei.
    Eines Abends, als sie sich bekreuzigt hatten und alle außer Augusta und mir den Raum verlassen hatten, sagte Augusta: »Lily, wenn du Maria um Hilfe bittest, dann wird sie dir ihren Beistand gewähren.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, also zuckte ich bloß mit den Schultern.
    Sie winkte mich zu sich herüber in den anderen Schaukelstuhl. »Ich will dir eine Geschichte erzählen«, sagte sie. »Es ist eine Geschichte, die unsere Mutter uns immer erzählt hat, wenn wir die Hausarbeit leid waren oder wenn wir mit unserem Leben unzufrieden waren.«
    »Ich bin meine Arbeit aber nicht leid«, sagte ich.
    »Ich weiß, aber es ist eine gute Geschichte. Hör einfach zu.«
    Ich wippte vor und zurück und lauschte dem Knarzen und Knarren, für das Schaukelstühle ja so berühmt sind.
    »Vor langer Zeit, auf der anderen Seite des Ozeans, in Deutschland, gab es eine junge Nonne namens Beatrix, die Maria sehr liebte. Sie war es dennoch eines Tages müde, Nonne zu sein, mit all den Pflichten und Regeln, die ihr auferlegt waren. Und eines Nachts, als ihr alles zu viel wurde, warf sie ihr Nonnengewand ab, faltete es zusammen und legte es auf ihr Bett. Dann kletterte sie aus dem Fenster und lief aus dem Kloster davon.«
    Mir schwante, worauf sie hinaus wollte.
    »Sie glaubte, von nun an würde ihr Leben wundervoll sein«, sagte Augusta. »Aber das Leben einer entflohenen Nonne war nicht so einfach, wie sie sich das vorgestellt hatte. Sie irrte umher, war sehr einsam und musste auf der Straße betteln. Nach einer Weile wünschte sie sich sehnlichst, ins Kloster zurückzukehren, aber sie wusste, dass man sie dort nicht mehr aufnehmen würde.«
    Wir sprachen nicht über die Nonne Beatrix, das war ja wohl offensichtlich. Hier ging es um mich.
    »Was geschah dann mit

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