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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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warum sie fortgegangen ist. Vielleicht hat er sie ja misshandelt. Ich glaube einfach, dass wir ihr helfen können.«
    »Warum fragst du sie nicht einfach gerade heraus, in was für Schwierigkeiten sie eigentlich steckt?«
    »Alles zu seiner Zeit«, sagte Augusta. »Das Letzte, was ich will, ist, sie mit zu vielen Fragen zu verschrecken. Sie wird es uns schon sagen, wenn sie bereit ist. Lass uns ein wenig Geduld haben.«
    »Aber, Augusta, sie ist weiß .«
    Das war nun allerdings eine ganz neue Erfahrung - nicht, dass ich weiß war, sondern dass June mich wegen meiner Hautfarbe nicht hier haben wollte. Ich hatte nicht gewusst, dass man abgelehnt werden kann, weil man weiß ist. Eine Hitzewelle fuhr durch meinen Körper. »Gerechter Zorn«, so nannte Bruder Gerald so was. Jesus war in gerechtem Zorn entbrannt, als er die Tische im Tempel umgeworfen und die diebischen Geldwechsler verjagt hatte. Ich wollte auf der Stelle losstürzen, auch ein paar Tische umwerfen und sagen: » Entschuldigen Sie bitte, June Boatwright, aber Sie kennen mich doch gar nicht richtig.«
    » Lass uns abwarten, ob wir ihr nicht helfen können«, sagte Augusta, als June aus meinem Blickfeld entschwand. »Das schulden wir ihr.«
    »Ich bin nicht der Meinung, dass wir ihr irgendetwas schuldig sind«, sagte June. Eine Tür schlug. Augusta drehte das Licht aus, und die Dunkelheit trug einen Seufzer fort.
    Ich ging zurück zum Honighaus. Ich war beschämt, dass Augusta mich durchschaut hatte, aber auch erleichtert, dass sie nicht vorhatte, die Polizei zu rufen oder mich zurückzuschicken - noch nicht. Noch nicht , hatte sie gesagt.
    Am meisten aber war ich über Junes Einstellung verärgert. Ich hockte mich am Waldrand ins Gras und spürte beim Pinkeln den warmen Strahl zwischen meinen Beinen. Ich sah, wie er zu einer Pfütze wurde, und sein Geruch stieg in der Nacht auf. Zwischen meiner und Junes Pisse gab es keinen Unterschied. Als ich auf den nassen Kreis am Waldboden sah, dachte ich einfach nur, Pisse ist Pisse.
     
    Jeden Abend nach dem Essen saßen wir in dem gemütlichen Zimmer um den Fernseher herum, auf dem ein Keramikübertopf mit Bienen darauf stand. Man konnte hinter all den Philodendronzweigen, die um den Bildschirm herum rankten, kaum die Nachrichtenbilder erkennen.
    Ich mochte den Nachrichtensprecher mit seinem schwarzen Brillengestell und einer Stimme, die alles Wissenswerte zu wissen schien. Das war mal jemand, der nichts gegen Bücher hatte, ganz eindeutig. Wenn man sich alles, was T. Ray nicht war, in einer einzigen Person versammelt vorstellte, dann hatte man den Nachrichtensprecher.
    Er berichtete uns von der feierlichen Parade der Schwarzen in St. Augustine, die von einem Mob Weißer angegriffen worden war, von der weißen Bürgerwehr, von Feuerwehreinsätzen und Tränengas. Er hatte die Ergebnisse: Drei Menschenrechtler tot. Zwei Bombenexplosionen. Drei schwarze Studenten mit Äxten verjagt.
    Seit Mr. Johnson dieses Gesetz unterzeichnet hatte, schien es, als wäre das Leben in Amerika völlig aus den Fugen geraten. Wir sahen die Gouverneure der Reihe nach vor den Fernsehkameras aufmarschieren und um »Ruhe und Besonnenheit« bitten. Augusta sagte, sie hätte Angst, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis ähnliche Dinge auch in Tiburon geschehen würden.
    Ich kam mir, wie ich dort so bei den Schwestern des Sommers saß, sehr weiß vor. Besonders, wenn June im Zimmer war. Ich fühlte mich in meiner Haut sehr unwohl.
    Normalerweise sah sich May die Nachrichten nicht an, aber eines Abends kam sie doch dazu und fing mittendrin an, »O Susanna« zu summen. Was sie diesmal verstört hatte, war, dass ein Neger aus Georgia, ein Mr. Raines, durch einen Gewehrschuss aus einem fahrenden Auto heraus getötet worden war. Sie zeigten ein Bild seiner Witwe mit ihren Kindern auf dem Arm, und augenblicklich fing May an zu schluchzen. Wir sprangen alle sofort auf, als wäre sie eine entsicherte Handgranate. Aber es war schon zu spät.
    May wankte vor und zurück, schlug mit den Armen um sich und zerkratzte ihr Gesicht. Sie riss sich die Bluse auf, und die blassgelben Knöpfe flogen wie gegrillte Maiskörner durch das Zimmer. Ich hatte sie noch niemals so gesehen, und es machte mir Angst.
    Augusta und June fassten je einen von Mays Ellbogen und führten sie ganz sanft und ruhig aus dem Zimmer, und es war klar, dass sie darin Übung hatten. Einige Momente später hörte ich, wie die Badewanne, die auf kleinen Tierfüßen stand und in der ich

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