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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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ihr?«, fragte ich und bemühte mich, einigermaßen interessiert zu klingen.
    »Nun, eines Tages, nach Jahren der Wanderung und des Leidens, verkleidete sie sich und ging zurück zu ihrem alten Kloster, um es ein letztes Mal zu besuchen. Sie ging in die Kapelle und fragte eine ihrer ehemaligen Mitschwestern: ›Erinnerst du dich an die Nonne Beatrix, die fortgelaufen ist?‹ ›Was sagst du denn da?‹, fragte die Schwester. ›Die Nonne Beatrix ist doch nicht fortgelaufen. Sie ist da drüben am Altar, dort, mit dem Besen.‹ Nun, du kannst dir sicher vorstellen, wie verblüfft die wahre Beatrix war. Sie ging hinüber zu der Frau, die den Kirchenboden fegte, um sie anzusehen, und stellte fest, es war niemand Geringeres als Maria selbst. Maria lächelte Beatrix an, führte sie dann zurück in ihre Zelle und gab ihr das Gewand zurück. Siehst du, Lily, die ganze Zeit hatte Maria ihren Platz eingenommen.«
    Das Knarren meines Schaukelstuhls ließ allmählich nach, bis ich schließlich ganz still saß. Was genau wollte mir Augusta sagen? Dass Maria meinen Platz zu Hause in Sylvan eingenommen hatte, damit T. Ray nicht bemerkte, dass ich fort war? Die Vorstellung war etwas zu wunderlich, selbst für Katholiken. Wahrscheinlich wollte sie mir sagen, dass Maria mir beistehen würde.
    Ich entschuldigte mich, heilfroh, ihrem Augenmerk zu entkommen. Aber ich fing tatsächlich an, Maria um Hilfe zu bitten - nicht etwa, mich wieder nach Hause zu führen, so wie die arme Nonne Beatrix. Nein, ich bat sie, sich darum zu kümmern, dass ich niemals wieder dahin zurück müsste. Ich bat sie, einen Vorhang vor das rosa Haus zu ziehen, damit uns hier niemand finden würde. Ich bat sie jeden Tag darum, und ich konnte kaum glauben, dass es tatsächlich half. Niemand klopfte an die Tür und zerrte uns zurück ins Gefängnis. Maria hatte ihren schützenden Schleier über uns geworfen.
     
    An unserem ersten Freitagabend bei den Schwestern ging ich, nachdem wir unsere Gebete beendet hatten, mit Augusta in den Bienengarten. Rosa- und orangefarbene Wirbel hingen noch am Himmel, die letzten Farben des Sonnenuntergangs. Ich war noch nie bei den Bienenkörben gewesen, also gab sie mir zunächst einmal eine Lektion in »Etikette bei Bienenhof«, wie sie es nannte. Sie erinnerte mich daran, dass die ganze Welt in Wirklichkeit ein großer Bienenhof sei und dass die Regeln für die Bienen eigentlich überall galten: Hab keine Angst, denn keine Biene, der ihr Leben lieb ist, wird dich stechen. Aber sei auch kein Dummkopf; trag lange Ärmel und lange Hosen. Schlag bloß nicht um dich. Denk noch nicht einmal daran. Wenn du wütend bist, dann pfeife. Wut regt die Bienen auf, während Pfeifen sie beruhigt. Benimm dich so, als wüsstest du ganz genau, was du tust, selbst wenn das nicht stimmt. Und vor allem, schick den Bienen Liebe. Jedes noch so kleine Ding auf dieser Welt will geliebt werden.
    Augusta war schon so viele Male gestochen worden, dass sie inzwischen immun war. Sie spürte den Schmerz kaum. Sie sagte sogar, die Stiche wären gut gegen ihre Arthritis, aber da ich keine Arthritis hatte, sollte ich mich besser bedecken. Sie gab mir eines ihrer langärmeligen weißen Hemden, setzte mir einen ihrer weißen Helme auf und zupfte das Netz zurecht.
    Als ich in meinem Bienenschleier hinter Augusta her ging, kam ich mir vor wie der Mond, der hinter einer nächtlichen Wolke schwebt.
    Augusta besaß allein 48 Stöcke, die im Wald um das rosa Haus herum standen, und weitere 280 waren verteilt auf mehrere Farmen, auf Flussläufe und das Hochmoor. Die Farmer liebten Augustas Bienen, weil sie alles befruchteten und weil die Wassermelonen so röter und die Gurken dicker wurden. Sie hätten die Bienen auch umsonst bei sich willkommen geheißen, aber Augusta bezahlte jeden der Farmer mit fünf Gallonen Honig.
    Sie kontrollierte unentwegt ihre Stöcke, fuhr im Landkreis Tiburon in ihrem offenen Laster hin und her. Sie nannte ihn den »Honigwagen«. Und sie brauchte ihn für ihre Bienen-Kontrollfahrten
    Ich sah zu, wie sie den roten Karren, den ich schon früher im Hinterhof gesehen hatte, mit Bruträhmchen belud, die in die Körbe eingelassen werden, damit die Bienen dort ihren Honig ablagern.
    »Wir müssen sichergehen, dass die Königin viel Platz hat, ihre Eier abzulegen, sonst schwärmen die Bienen«, sagte sie.
    »Was heißt das, sie schwärmen?«
    »Nun, wenn eine Königin sich mit einer Gruppe anderer Bienen unabhängig macht und vom Stock löst, um an einem

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