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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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anderen Ort zu siedeln, dann schwärmen sie aus. Sie ballen sich dann meistens irgendwo an einem Ast zusammen.«
    Es war deutlich, dass sie das nicht guthieß.
    »Daher«, sagte sie und kam zum Kern der Sache, »daher müssen wir die vollen Honigwaben entnehmen und durch leere ersetzen.«
    Augusta zog den Karren, ich folgte mit dem Raucher, der voller getrockneter Tannenzweige und Tabakblätter war. Zach hatte auf jeden der Stöcke einen Ziegelstein so gelegt, dass Augusta daran erkennen konnte, was zu tun war. Wenn der Ziegelstein vorne lag, hatte die Kolonie die Waben fast vollständig gefüllt, und sie benötigten neue Zargen. Lag der Stein hinten, gab es Probleme wie Wachsmotten oder eine kränkliche Königin. Lag der Ziegel auf der Seite, kündete er von einer glücklichen Bienenfamilie - weit und breit kein Mann im Haus, nur Königin Viktoria und ihre zehntausend Töchter.
    Augusta zündete ein Streichholz an und setzte die trockenen Blätter im Raucher in Brand. Ich sah, wie ihr Gesicht kurz aufstrahlte und dann wieder in die Dunkelheit zurück sank. Sie schwenkte das Gefäß und blies Rauch in die Stöcke. Der Rauch, sagte sie, wirkte besser als jedes Sedativum.
    Aber als Augusta die Deckel abhob, flogen die Bienen trotzdem in Scharen dicker, schwarzer Taue heraus, die sich in einzelne Stränge auflösten, es war ein einziges, aufgeregtes Gestöber kleiner Flügelschläge um uns herum. Die Luft war erfüllt von Bienen, und ich schickte ihnen Liebe, genau wie Augusta es mir gesagt hatte.
    Sie zog ein Bruträhmchen heraus, eine Leinwand, übervoll mit kreiselndem Schwarz und Grau, dazwischen Tupfer aus Silber. »Hier ist sie, Lily, siehst du sie?«, sagte Augusta. »Das ist die Königin, die Große hier.«
    Ich knickste, so wie die Leute vor der Königin von England knicksen, worüber Augusta herzhaft lachen musste.
    Ich wollte, dass sie mich liebte, damit sie mich für immer bei sich behielte. Wenn ich sie dazu brächte, mich zu lieben, würde sie vielleicht das mit der Nonne Beatrix, die wieder ins Kloster zurückgekehrt war, vergessen, und ich dürfte bleiben.
     
    Als wir zum Haus zurückgingen, hatte sich die Dunkelheit schon ausgebreitet, und um uns herum blitzten Leuchtkäfer auf. Ich konnte durch das Küchenfenster sehen, wie Rosaleen und May den Abwasch machten.
    Augusta und ich setzten uns in die klappbaren Gartenstühle neben einer Myrte, deren Blüten überall auf dem Boden verstreut lagen. Aus dem Haus klang Cellomusik, deren Töne höher und höher wurden, bis sie die Erde verließen und hinauf zur Venus stiegen.
    Ich konnte mir gut vorstellen, dass diese Musik es den Seelen der Sterbenden leichter machte, ihre Körper zu verlassen, und sie in ein anderes Leben führte. Ich wünschte, Junes Musik hätte meine Mutter begleitet.
    Ich starrte auf die Steinwand, die den Garten begrenzte.
    »In der Wand dort stecken lauter kleine Zettel«, sagte ich, als ob Augusta das nicht wüsste.
    »Ja, ich weiß, das ist Mays Mauer. Sie hat sie selbst gebaut.«
    »May?« Ich versuchte mir vorzustellen, wie sie Zement mischt und in ihrer Schürze Steine herumträgt.
    »Die meisten Steine kommen von dem Fluss, der hinten im Wald fließt. Sie hat über zehn Jahre daran gearbeitet.«
    Daher hatte sie also diese kräftigen Armmuskeln - vom Steine Schleppen. »Was bedeuten denn alle diese Zettel, die in der Mauer stecken?«
    »Ach, das ist eine lange Geschichte«, sagte Augusta. »Es ist dir ja sicher aufgefallen - May ist speziell.«
    »Sie regt sich leicht auf, allerdings«, sagte ich.
    »Das liegt daran, dass May die Dinge anders sieht als wir alle.« Augusta streckte den Arm aus und legte ihre Hand auf meinen Arm. »Weißt du, Lily, wenn du oder ich von all dem Elend hören, das es auf dieser Welt gibt, dann macht uns das sicher für eine Weile sehr betroffen, aber es zerstört doch nicht unser Leben. Es ist, als hätten wir eine natürliche Schutzmauer um unsere Herzen, die uns davor bewahrt, von zu viel Schmerz überwältigt zu werden. Aber May, May hat so etwas nicht. Alles dringt bis tief zu ihr durch - all das Leiden in dieser Welt -, es ist, als ob es ihr selber widerfahren würde. Sie kann es nicht unterscheiden.«
    Bedeutete das, wenn ich May von T. Ray erzählen würde, von den Grießflocken und von seinen unzähligen kleinen Grausamkeiten und davon, dass ich meine Mutter getötet hatte, dass sie all das dann auch fühlen würde? Würde der Schmerz nur noch halb so schwer sein, würde er leichter zu

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