Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees
Quatschen vergessen hatten zu schälen. Oder sie strichen einen Klecks Erdnussbutter in die Tannenzapfen für die Vögel.
Rosaleen war es auch, die schließlich das Rätsel um »O Susanna« löste. Sie sagte, wenn man über fröhliche Dinge sprach, ging es May gut, aber wenn man auf ein unerfreuliches Thema kam - wie etwa die Wunde an Rosaleens Kopf oder faulende Tomaten -, dann fing May an, »O Susanna« zu summen. Es schien ihre ganz eigene Methode zu sein, gegen das Weinen anzukämpfen. Es schien allerdings nur bei faulen Tomaten zu helfen.
Einige Male musste sie so heftig weinen und sich die Haare raufen, dass Rosaleen zu uns ins Honighaus kommen und Augusta holen musste. Augusta sprach ganz ruhig mit May und schickte sie zu ihrer Steinmauer. Dorthinaus zu gehen schien das Einzige zu sein, das sie wieder beruhigen konnte.
May erlaubte nicht, dass im Haus Rattenfallen aufgestellt wurden, denn sie konnte den Gedanken an eine leidende Ratte nicht ertragen. Aber was Rosaleen wirklich wahnsinnig machte, war, dass May Spinnen fing und in der Kehrschaufel nach draußen trug. Mir gefiel das, denn es erinnerte mich daran, wie sich meine Mutter um das Leben von Käfern und Schaben gesorgt hatte. Ich ging im Haus herum und half May, Schneider zu fangen, nicht nur, weil der Anblick eines zertretenen Insekts sie aus dem Gleichgewicht brachte, sondern auch, weil ich das Gefühl hatte, es wäre im Sinne meiner Mutter gewesen.
May aß jeden Morgen eine Banane, aber die Banane durfte keinen einzigen braunen Fleck haben. Eines Morgens beobachtete ich, wie sie sieben Bananen nacheinander schälte, ehe sie eine gefunden hatte, die ihre Reise durch den Lebensmittelhandel unbeschadet überstanden hatte.
Rosaleen machte Bananenkuchen, Bananencremetörtchen, Bananenwackelpeter und legte sogar Bananenscheiben auf Salatblätter, bis Augusta dann meinte, nun wäre es gut, sie solle die verflixten Dinger einfach wegwerfen.
Diejenige, die es einem wirklich schwer machte, war June. Sie unterrichtete Englisch und Geschichte an der Highschool der Farbigen, aber ihre eigentliche Liebe galt der Musik. Wenn ich früh genug im Honighaus fertig war, ging ich immer in die Küche, um Rosaleen und May beim Kochen zuzusehen, aber in Wirklichkeit wollte ich June beim Cello Spielen zuhören.
Sie spielte für Menschen, die im Sterben lagen. Sie ging in ihre Häuser und sogar ins Spital, um sie auf dem Weg in ihr nächstes Leben mit Musik zu begleiten. Ich hatte noch niemals von so etwas gehört, und ich saß oft am Küchentisch mit einem gesüßten Eistee und fragte mich, ob das der Grund war, warum June so selten lächelte. Vielleicht war sie einfach zu viel vom Tod umgeben.
Ich wusste, dass sie noch immer vergrätzt darüber war, dass Rosaleen und ich hier bleiben durften, das war der einzige Schatten, der auf unser Leben hier fiel.
Eines Abends, als ich durch den Garten ging, um das Badezimmer im rosa Haus zu benutzen, bekam ich ein Gespräch zwischen ihr und Augusta mit. Als ich ihre Stimmen hörte, blieb ich hinter dem großen Hortensienbusch stehen und lauschte.
»Du weißt, dass sie lügt«, sagte June.
»Natürlich«, sagte Augusta. »Aber sie stecken in irgendwelchen Schwierigkeiten und sie brauchen ein Dach über dem Kopf. Wer sonst würde sie denn bei sich aufnehmen - ein weißes Mädchen und eine Farbige? Hier ganz bestimmt niemand.«
Eine Sekunde lang sprach keine von beiden. Ich hörte, wie Motten gegen die Glühbirne auf der Veranda klatschten.
June sagte: »Wir können doch nicht einfach eine Ausreißerin beherbergen, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen.«
Augusta wandte sich zur Fliegentür und sah hinaus in den Garten. Ich wich zurück und presste meinen Rücken gegen die Hauswand. »Wem Bescheid sagen?«, fragte sie. »Der Polizei? Die würden sie doch nur in ein Heim stecken. Vielleicht ist ihr Vater ja wirklich gestorben. Und falls ja, wo wäre sie dann besser aufgehoben als bei uns?«
»Und was ist mit der Tante, von der sie gesprochen hat?«
»Es gibt keine Tante, und das weißt du so gut wie ich«, sagte Augusta.
Junes Stimme klang verärgert. »Was aber, wenn ihr Vater nicht bei diesem so genannten Traktorunfall ums Leben gekommen ist? Glaubst du nicht, er ist verrückt vor Sorge und sucht nach ihr?«
Eine Pause folgte. Ich kroch näher an die Veranda heran. »Es ist nur so ein Gefühl, June. Ich möchte sie nicht dahin zurückschicken, wo sie nicht sein will. Noch nicht, jedenfalls. Es gibt einen guten Grund,
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