Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees
über den Rücken.
Also, ehrlich gesagt, sehr gewehrt haben Augusta und ich uns nicht. Was sollten wir auch tun gegen zwei völlig irre gewordene schwarze Frauen.
Wir tanzten um den kühlen Nieselregen herum wie vier Wassernymphen. So muss es wohl auch gewesen sein, als die Indianer im Kreis um ihre Lagerfeuer tanzten. Ein paar Eichhörnchen und einige Zaunkönige hüpften so nahe heran, wie sie sich gerade noch trauten, und tranken aus den Pfützen, und man konnte fast zusehen, wie sich die braunen Grashalme erhoben und wieder grün wurden.
Dann knallte die Verandatür. June kam raus. Sie kochte vor Wut. Mein klarer Verstand muss wohl von Wasser, Luft und Tanz vollkommen berauscht gewesen sein, jedenfalls hob ich den Sprenger und rief: »Kommen Sie her, Sie kriegen auch’ne Dusche!« Und dann hielt ich den Wasserstrahl direkt auf June.
Sie schrie los: »Verdammt noch mal...« Das lief eindeutig in die falsche Richtung, aber ich konnte es nicht lassen. Ich war die Feuerwehr und June ein wütendes Inferno.
Sie riss mir den Rasensprenger aus der Hand und richtete den Strahl auf mich. Mir lief das Wasser in die Nase, es brannte. Dann griff ich wieder nach dem Sprenger, und wir hielten ihn beide von einer Seite fest umklammert, während er kaltes Wasser rhythmisch gegen unsere Mägen und in unsere Gesichter schleuderte. Wir gingen zu Boden, aber wir kämpften weiter, der Geysir wogte zwischen uns, ihre Augen starrten mich an, sie waren ganz nah und hell, Wassertropfen saßen auf ihren Wimpern. Ich hörte, wie May anfing, »O Susanna!« zu summen. Ich lachte, damit sie sah, es war alles in Ordnung, aber los ließ ich nicht. Ich würde June Boatwright niemals im Leben gewinnen lassen.
Rosaleen sagte: »Es heißt ja, wenn man’nen Schlauch auf zwei Hunde hält, die sich ineinander verbissen ham, lassen die los, aber das nutzt hier wohl nix.«
Augusta lachte, und ich sah, wie Junes Mundwinkel zuckten, wie sie versuchte, nicht zu lachen, aber es war, als ob man einen Stöpsel gezogen hätte - in dem Moment, als sich ihr Mund ganz verzog, brach der Damm. Ich konnte fast sehen, wie sie sich innerlich gegen die Stirn schlug und dachte: Ich ringe hier mit einem vierzehnjährigen Mädchen um einen Rasensprenger. Das ist einfach zu albern.
Sie ließ los und fiel zurück ins Gras, sie zuckte vor Lachen. Ich ließ mich neben sie plumpsen und lachte auch. Wir konnten nicht aufhören. Ich war nicht sicher, worüber wir eigentlich lachten - ich war nur froh, dass wir zusammen lachten.
Als wir wieder aufstanden, sagte June: »Große Güte, ist mir schwindelig, mir ist, als ob mich jemand angezapft und völlig leer gesogen hätte.«
Rosaleen, May und Augusta waren wieder zu Wassernymphen geworden. Ich sah auf den Boden, wo unsere Körper Seite an Seite gelegen hatten, das nasse Gras war noch platt. Ich ging mit großer Vorsicht darum herum, und als June sah, was ich tat, ging auch sie behutsam um das niedergedrückte Gras herum. Und dann, völlig aus heiterem Himmel, umarmte sie mich. June Boatwright umarmte mich, und unsere Kleider quietschten vor Nässe.
Wenn es in South Carolina noch heißer als 40 Grad wird, muss man ins Bett gehen. Das ist gewissermaßen Gesetz. Manche Leute mögen das zwar bloß für Trägheit halten, aber das stimmt nicht. Wenn wir uns bei Hitze hinlegen, geben wir unserem Verstand Zeit, nach neuen Ideen zu suchen, über den Sinn des Lebens nachzudenken und all die Dinge in unsere Köpfe zu lassen, die da unbedingt hinein müssen. Im letzten Jahr war ein Junge in meiner Klasse gewesen, der eine Stahlplatte in seinem Schädel hatte und der sich immer darüber beklagte, dass die Antworten auf die Prüfungsfragen einfach nicht zu ihm durchdrangen. Unser Lehrer sagte dann immer: »Nun mach aber mal’nen Punkt.«
Aber irgendwo hatte der Junge Recht. Jeder Mensch auf dieser Erde hat so eine Stahlplatte im Kopf, nur wenn man sich ab und zu hinlegt und ganz ruhig ist, dann geht sie auf, in etwa so wie eine Aufzugtür, und dann können all die geheimen Gedanken eintreten, die während der ganzen Zeit so geduldig herumgestanden und auf eine Fahrt in unser Oberstübchen gewartet haben. So richtig schwierig macht man es sich eigentlich erst selbst, wenn nämlich diese Türen zu lange verschlossen bleiben, aber das ist bloß meine persönliche Meinung.
Augusta, May, June und Rosaleen waren drüben im rosa Haus in ihren Zimmern und lagen unter ihren Ventilatoren im Halbdunkel. Ich, allein im Honighaus, lehnte
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