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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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ich mir gar nicht erst vorstellen, wie es sein musste, wenn man in Florida auch nur atmen wollte. Ich würde sicher auf der Stelle ersticken und würde Augusta niemals wiedersehen.
    Die Angst blieb die ganze Nacht. Ich hätte sonst was darum gegeben, wieder in Mays Zimmer zu sein und zu hören, wie Rosaleen schnarchte.
     
    Am nächsten Morgen wurde ich erst spät wach, was nach so einer unruhigen Nacht ja kein Wunder war, außerdem war ich ein bisschen faul geworden und schlief immer ein wenig länger, jetzt, wo es im Honighaus ja nichts mehr für mich zu tun gab. Der Duft von frisch gebackenem Kuchen wehte den ganzen weiten Weg vom rosa Haus bis zu meinem Bett herüber, stieg in meine Nase und weckte mich auf.
    Als ich in die Küche kam, waren dort Augusta, June und Rosaleen, über und über mit Mehl bestäubt, und buken kleine, flache Kuchen, die aussahen wie Honigtörtchen. Sie sangen bei der Arbeit, so wie die Supremes, wie die Marvelettes oder die Crystals, und sie wiegten ihre Hintern im Takt: »Da du dam dam dam.«
    »Was is’n hier los?«, sagte ich und grinste in die Küche hinein.
    Sie hörten auf zu singen und kicherten, schubsten und knufften sich gegenseitig.
    »Oh, da is’ ja wer wach geworden«, sagte Rosaleen.
    June trug fliederfarbene Caprihosen mit Gänseblümchenknöpfen an der Seite - so etwas hatte ich noch nie gesehen. Sie sagte: »Wir machen Kuchen für unseren Marientag. Wurde aber auch Zeit, dass du mal rüber kommst und uns hilfst. Hat Augusta dir nicht gesagt, dass heute Marientag ist?«
    Ich sah zu Augusta. »Nein, Ma’am, hat sie nicht.«
    Augusta, die eine von Mays Schürzen trug, die mit den Rüschenträgern, wischte sich die Hände daran ab und sagte: »Ich glaube, ich hab tatsächlich vergessen, dir etwas zu sagen. Wir feiern bei uns jetzt seit fünfzehn Jahren immer im August den Marientag. Na, frühstücke erst einmal, dann kannst du uns helfen. Wir haben so viel zu tun, ich weiß gar nicht, wie wir das alles schaffen sollen.«
    Ich füllte meine Schüssel mit Reiskrispies und Milch und versuchte, während es darin knackte und knisterte, nachzudenken. Wie sollte ich denn bloß eine lebensentscheidende Unterhaltung mit Augusta führen, wenn hier so viel los war?
    »Schon vor tausend Jahren haben Frauen genau das Gleiche gemacht, was wir jetzt tun«, sagte Augusta. »Sie haben zu Ehren Mariens an ihrem Festtag Kuchen gebacken.«
    June sah meinen verständnislosen Blick. »Heute ist doch Maria Himmelfahrt. Der fünfzehnte August. Sag bloß, du hast noch nie davon gehört.«
    Aber sicher, Maria Himmelfahrt, darüber hielt Bruder Gerald doch jeden Sonntag eine Predigt ab. Natürlich hatte ich noch nie davon gehört. Ich schüttelte den Kopf. »Bei uns darf Maria lediglich zu Weihnachten in die Kirche.«
    Augusta lächelte und tunkte einen hölzernen Schöpflöffel in den Bottich mit Honig, der auf der Anrichte beim Toaster stand. Und während sie Honig über ein frisches Blech Kuchen sprenkelte, erklärte sie mir, dass dies der Tag war, an dem Maria in den Himmel aufgefahren war. Maria war gestorben und auferweckt worden, und Engel trugen sie auf wirbelnden Wolken gen Himmel.
    »May ist zuerst auf die Idee gekommen, diesen Tag Marientag zu nennen«, sagte June.
    »Wir feiern nämlich nicht nur Himmelfahrt«, sagte Augusta und schob die Kuchen auf den Backrost. »Es ist ein besonderer Tag zum Gedächtnis an Unsere Liebe Frau der Ketten. Wir führen ihre Geschichte auf. Wir danken ihr für die Honigernte. Und die Töchter Mariens kommen. Dies sind unsere beiden Lieblingstage im ganzen Jahr.«
    »Ihr feiert zwei Tage lang?«
    »Wir fangen heute Abend an und feiern bis morgen Nachmittag«, sagte Augusta. »Beeil dich mal ein bisschen mit deinem Frühstück, du musst nämlich Luftschlangen und Girlanden machen, die Weihnachtsbeleuchtung aufhängen, die Kerzenleuchter aufstellen, den Karren waschen und die Ketten holen.«
    Ich dachte nur: He, mal langsam. Den Karren waschen? Die Weihnachtsbeleuchtung aufhängen? Die Ketten holen? Die Ketten?
    Als ich gerade meine Schüssel in das Spülbecken stellte, klopfte es an der Tür. »Wenn es hier nicht duftet wie im Paradies, dann fress ich einen Besen«, sagte Neil, als er in die Küche kam.
    »Na, da hast du aber Glück, dass dir der Besen erspart bleibt«, sagte June und bot ihm ein Stück Honigkuchen an. Neil aber schüttelte den Kopf, was ein todsicheres Zeichen dafür war, dass er irgendetwas auf dem Herzen hatte. Neil lehnte niemals etwas

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