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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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Mutter, dass sie mich liebt. Wenn ich dann bei sieben angekommen war, zählte ich immer langsamer und langsamer, zog die Zahlen wie Kaugummi. Manchmal zählte ich sogar bis fünfzig, aber kein Vogel erschien.
    Nachts, wenn alle schliefen, sah ich auf meine Landkarte von South Carolina und überlegte, wo Rosaleen und ich wohl als Nächstes hingehen könnten. Ich hatte immer schon die kunterbunten Häuser von Charleston sehen wollen und auch die Straßen, auf denen noch Kutschen mit Pferden fuhren, aber so sehr mich das auch reizte, der Gedanke, dass wir hier fort müssten, war nicht zu ertragen. Und selbst wenn wie durch ein Wunder ein weiterer Melonen-Laster auftauchen und uns dorthin fahren würde, müssten Rosaleen und ich uns immer noch Arbeit suchen, ein Zimmer mieten und hoffen und beten, dass niemand zu viele Fragen stellen würde.
    Manchmal mochte ich nicht einmal aufstehen. Ich fing an, meine Unterhosen mit den Wochentagen außerhalb der Reihe zu tragen. Manchmal hatte ich am Montag eine Unterhose an, auf der dann etwa Donnerstag stand. Es war mir vollkommen egal.
     
    June sah ich nur, wenn Neil sie abholen kam. Er kam jeden Tag. June verließ das Haus, behangen mit großen Kreolen, und weg waren sie. Sie unternahmen lange Fahrten in seinem Auto, was, so sagte sie, ihr unendlich gut tat, sie meinte, der Wind ordnete ihre Gedanken neu, und draußen auf dem Land sah sie all das Leben, das darauf wartete, gelebt zu werden. Neil saß immer selbst hinter dem Steuer, aber June rutschte so nahe an ihn heran, dass sie fast mit hinter dem Lenkrad saß. Ich machte mir ernstlich Gedanken um ihre Sicherheit.
    Zach erschien auch ein paar Mal, er traf mich dann fast immer auf einem Gartenstuhl an, wo ich im Schneidersitz meine Notizen überlas. Wenn ich ihn sah, machte mein Magen Hüpfer und zog sich so komisch zusammen.
    »Du bist zu einem Drittel mein bester Freund, zu einem Drittel Bruder, einem Drittel Bienenkollege und einem Drittel mein richtiger Freund«, sagte ich ihm. Er erklärte mir darauf, es gäbe zu viele Drittel in meinem Satz, was ich natürlich selber wusste. Ich war zwar ziemlich schlecht in Mathe, aber so schlecht war ich nun wirklich nicht. Wir sahen einander lange an, und ich überlegte dabei, welches Drittel ich streichen sollte.
    Ich sagte: »Wenn ich ein farbiges Mädchen wäre...«
    Er legte mir die Finger auf die Lippen, und ich konnte seine salzige Haut schmecken. »Es hat keinen Zweck, darüber nachzudenken, wie wir unsere Hautfarbe ändern können«, sagte er. »Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Welt ändern können.«
    Er hatte nur noch ein einziges Thema - endlich Jura zu studieren und all diesen Schweinen die Wahrheit vor die Birne zu knallen. Er sagte zwar nicht, diesen weißen Schweinen, und dafür war ich ihm sehr dankbar, aber ich glaube, gemeint hat er es.
    In ihm war etwas, was vorher nicht da gewesen war. Er war hitzig, geladen und glühte vor Wut. In seiner Nähe zu sein war so, als ob man vor einen Gasboiler mit seinen blauen, unruhigen Flammen trat, und sie brannten tief unter dem dunklen und feuchten Schwung seiner Lider.
    In unseren Gesprächen ging es nur noch um die Rassenunruhen in New Jersey, darum, wie Polizisten mit Schlagstöcken auf farbige Kinder losgingen, die Steine geworfen hatten, um Molotow Cocktails, Demonstrationen, Gerechtigkeit, Malcolm X und die Afro-American Unity Group, die den Ku Klux Klan mit seinen eigenen Waffen schlug.
    Am liebsten hätte ich zu ihm gesagt: Zach, erinnerst du dich noch daran, wie wir zusammen unter den Kiefern gesessen und an Mays Eiswürfeln gelutscht haben? Wie du »Blueberry Hill« gesungen hast? Erinnerst du dich überhaupt noch an so etwas?
     
    Nach einer Woche ununterbrochenen Trauerns, als ich schon dachte, wir würden jetzt wohl für immer, jede von uns, in unserer eigenen Welt voller Trauer leben und nie mehr zusammen essen oder gemeinsam im Honighaus arbeiten, stieß ich in der Küche auf Rosaleen, die den Tisch für vier deckte, mit dem Sonntagsgeschirr mit den rosa Blumen und dem Lochrand. Ich war überglücklich, denn das bedeutete wohl, dass unser Leben wieder zu seinem normalen Gang zurückkehren würde.
    Rosaleen stellte eine Bienenwachskerze auf den Tisch, und ich glaube, das war das allererste Mal in meinem Leben, dass ich bei Kerzenlicht gegessen habe. Und das alles gab es: geschmortes Huhn mit Reis und Sauce, Butterbohnen, Tomatenscheiben, Kuchen und Kerzenlicht.
    Wir hatten kaum angefangen zu essen, da

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