Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees
sagte Rosaleen auch schon zu June: »Na, heirateste Neil jetzt oder nich’?«
Augusta und ich hörten auf zu kauen und setzten uns ganz gerade hin.
»Nun, wenn ich mich entschieden habe, wirst du es schon erfahren«, sagte June.
»Und wie solln wir das erfahrn, wenn du’s uns nich’ sagst?«, fragte Rosaleen.
Als wir mit dem Essen fertig waren, holte Augusta aus dem Kühlschrank vier Flaschen eiskalter Coca Cola und dazu vier kleine Päckchen gesalzener Erdnüsse. Wir sahen zu, wie sie die Flaschen öffnete.
»Was um alles in der Welt wird das ?«, fragte June.
»Das ist das Lieblingsdessert von Lily und mir«, erklärte ihr Augusta und grinste mich an. »Wir schätzen es nämlich sehr, unsere Erdnüsse in die Cola-Flasche zu schütten, aber du darfst sie natürlich auch so essen, wenn dir das lieber ist.«
»Allerdings ist mir das lieber«, sagte June und verdrehte die Augen.
»Ich wollt’ ja Obst überbacken«, meinte Rosaleen zu June, »aber dann sagt Augusta zu mir, es gibt Cola und Erdnüsse.« Sie sagte »Cola und Erdnüsse«, so wie man »Rotze und Popel« sagt.
Augusta lachte. »Ach, die beiden haben eben keine Ahnung, was eine echte Delikatesse ist, nicht wahr, Lily?«
»Genau, Ma’am«, sagte ich und schüttete die Erdnüsse in meine Flasche, sie brachten die braune Flüssigkeit zum Schäumen und schwammen darin herum. Ich trank und kaute und genoss den herrlichen Geschmack von Salzigem und Süßem zugleich, sah dabei aus dem Fenster und beobachtete, wie Vögel zurück in ihre Nester flogen und wie das Mondlicht sich langsam über das Herz von South Carolina ergoss, über den Ort, an dem ich Unterschlupf gefunden hatte, wo ich mit drei Frauen, deren Gesichter im Kerzenschein leuchteten, beisammensaß.
Nach unserem Cola-Dessert gingen wir in den Salon, um unsere »Gegrüßet Seist Du, Marias« aufzusagen. Es war das erste Mal seit Mays Tod.
Ich kniete auf dem Teppich neben June, während Rosaleen sich, wie üblich, auf einem Schaukelstuhl niederließ. Augusta stand neben Unserer Lieben Frau und faltete den Abschiedsbrief von May zusammen, bis er wie ein kleines Papierflugzeug aussah. Dann steckte sie ihn in einen tiefen Spalt, der am Hals Unserer Lieben Frau entlang lief. Sie tätschelte die Schulter Marias und gab einen langen Seufzer von sich, der den Raum wieder mit lebendigem Atem füllte. Und dann sagte sie. »So, das wäre das.«
Ich hatte die ganzen letzten Nächte seit Mays Tod mit in Rosaleens Zimmer geschlafen, aber als ich an diesem Abend gerade mit Rosaleen die Treppen zu unserem Zimmer hochsteigen wollte, sagte ich plötzlich: »Weißt du was? Ich glaube, ich gehe wieder zurück ins Honighaus.« Allmählich vermisste ich es, ein Zimmer für mich alleine zu haben.
Rosaleen stemmte die Hände in die Taille. »Allmächtiger, da machste all das Theater, weil ich auszieh und dich allein lass’, und jetzt willste mich selber hier allein lassen.«
Im Grunde war es ihr vollkommen gleichgültig, dass ich jetzt wieder in mein Zimmer zurück wollte, aber sie konnte sich doch die Gelegenheit nicht entgehen lassen, mich ein wenig zu foppen. »Na los, ich helf dir und trag dein Zeug mit rüber«, sagte sie.
»Jetzt gleich ?«
»Was de hast, das haste«, sagte sie.
Ich glaube, auch sie hatte sich schon zu sehr daran gewöhnt, alleine zu schlafen.
Nachdem Rosaleen gegangen war, sah ich mich in meinem alten Zimmer im Honighaus um - es war so still. Ich konnte nur an eins denken - morgen um diese Zeit würde die Wahrheit endlich heraus sein, und dann würde alles anders werden. Nur wusste ich nicht, wie anders.
Ich nahm das Foto meiner Mutter und ihr Bild der Maria aus meiner Tasche. Ich war bereit, Augusta endlich all das zu zeigen. Ich stopfte beide Bilder unter mein Kissen, aber als ich das Licht gelöscht hatte, machte sich die Angst in meinem engen und harten Bett breit. Sie flüsterte mir zu, was von morgen an in meinem Leben alles schief gehen könnte. Sie schickte mich in ein Mädchengefängnis in den Florida Everglades. Keine Ahnung, warum gerade in die Everglades, wohl, weil ich immer gedacht habe, wenn man ins Gefängnis müsste, wäre das der schlimmste Ort von allen. Mir grauste es, wenn ich nur an Schlangen und Alligatoren dachte, ganz zu schweigen von der Hitze da. Schließlich hieß es ja allgemein, dass es schon in South Carolina so heiß war, dass man auf dem Bürgersteig nicht nur Spiegeleier, sondern auch noch Schinken und Würstchen dazu braten konnte - da mochte
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