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Die Bienenkönigin

Titel: Die Bienenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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als sei in einem dunklen Zimmer die Sonne aufgegangen. Priscillas Blick verweilte bei ihren
     breiten Schultern, der geschwungenen Linie hinunter zu ihrer Taille, und sie stellte sich vor, wie Talbots Hand sie umfasste.
     Zu leugnen war nicht, dass ihre Brüste denen eines jungen Mädchens glichen, und wenn er sie mit seiner Hand bedeckte, dann
     waren es nicht ihre, sondern |57| sie stellte sich vor, sie seien die volleren Brüste, die Bee gehörten, und sie hatte nur Spott für sich selbst übrig, wenn
     sie an Maja dachte, die Vermittlerin, die Bee entdeckte. Sie sann nach über eine andere Kurtisane, Ninon de l’Enclos … War
     sie es nicht gewesen, die gesagt hatte: »Will man alles richtig machen in der Liebe, bedarf es hundertmal mehr Esprit, als
     Armeen zu befehligen«? Priscilla glaubte von sich, über diesen Scharfsinn zu verfügen – fragte sich aber verbittert, warum
     Maja wohl instinktiv gewusst haben mochte, was Talbot gefallen würde, und ob sie selbst, an Majas Stelle, die mollige Rowena
     oder vielleicht die raffinierte Nadine ins Spiel gebracht hätte? Zu leugnen war jedenfalls nicht, dass ihr Spiegelbild durchaus
     reizvoll war – äußerlich wirkte es weder kalt noch hart –, zu erahnen war nur anschmiegsame Weiblichkeit, die hinwegtäuschte
     über die eisige Kälte ihres Herzens.
    ***
    Talbot, mein Liebling,
    ich kann das hier kaum schreiben, so viele Tränen fallen aufs Papier. Aber warum sich darum sorgen? Du wirst diesen Brief
     niemals lesen. So allein, wie ich war, als die Vorahnung Deines Todes mich heimsuchte, bin ich auch jetzt, da ich Dir schreibe,
     um Halt an Dir zu finden. Ich las und trank wie jeden Abend meinen Ingwertee
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in unserem Schlafzimmer, als sich plötzlich eine geisterhafte Erscheinung bemerkbar machte und vom Tor zu unserem eingefriedeten
     Garten immer näher kam, bis sie das Zimmer in tiefe Dunkelheit stürzte. Etwas Schreckliches war geschehen. Als ich später
     Rowena und den anderen von diesem Vorkommnis erzählte, schenkte mir niemand Glauben. Aber ich weiß, dass es so war.
    Die REGELN – aufgehoben. Da dies der letzte Brief sein wird, den ich je an Dich richte, kann ich mir die Freiheit nehmen,
     endlich auszusprechen, wie schrecklich eifersüchtig ich auf Priscilla gewesen bin, die Dich jetzt ein für allemal in Besitz
     genommen hat. Sie – die Gattin, welche die Flamme Deines Genies hochhält. Die Gattin, der Anerkennung und Respekt der Welt
     zuteil werden. Die Gattin, umgeben von den liebenden Freunden, die sie hätscheln und schützen. Die Gattin, bewunderte Verkörperung
     des Lebens, das sie und Du gemeinsam geschmiedet habt. Die Gattin und die Welt wissen nicht einmal von meiner Existenz. Die
     REGELN, denen Du jetzt gehorchst, sind ihre Regeln: Kontinuität der bestehenden Ordnung, Entschlossenheit, Zielstrebigkeit,
     die eingebunden sind in die Alltagswahrheiten der sogenannten wahren Welt. Die REGELN hingegen, die Du für uns aufgestellt
     hast, gehörten nur zu einem Spiel und haben nach Deinem Tod jede Bedeutung verloren. Ohne Beistand von meiner Umwelt versinke
     ich in Kummer. Was bleibt denn? Für die Mätresse: das Alleinsein, nur gestützt von der vergänglichen Erinnerung an einen Geliebten,
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der niemals mein war. Für die Gattin: der Ehemann, gestützt durch die Macht der Legende Talcilla. Wie bitter schmeckt diese
     Wahrheit. Ich trauere ohne das Mitgefühl meiner Umwelt. Was bleibt denn? Die Erinnerung und die Schönheit und der Luxus von
     Akeru. Maja hat im Janus Club immer wieder die Mahnung ausgesprochen, uns im innersten geheimen Zentrum des Herzens niemals
     berühren zu lassen, denn das hätte verhängnisvolle Folgen. Welch bittere Erfahrung, dass sie recht hatte. Ich ließ es zu,
     mich in Dich zu verlieben, wie eine Gattin sich in einen Ehemann verliebt, aber nicht wie Deine hartherzige Priscilla, sondern
     wie eine Frau, die gesegnet ist mit der ganzen wunderbaren Kraft des staunenden Herzens. Ich werde diesen Brief zerreißen,
     sobald ich ihn beendet habe, obwohl ich ihn am liebsten per Nachtkurier an Priscilla schicken würde. Es wäre nämlich dringend
     erforderlich, dass sie ihn liest. Ich sehne mich danach, dass sie von meiner Existenz erfährt. Das muss sie. Und das
wird
sie. Aber so seltsam es ist (ich kann nicht erklären, warum) , ich werde es nicht tun. Vielleicht weil es die Erinnerungen an das Paradies schmälern würde, das Du und ich uns in Akeru
     schufen. Sie sind alles, was mir bleibt. In

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