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Die Bienenkönigin

Titel: Die Bienenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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halluzinierend? Was auch immer – es war furchtbar gut gewesen – besser als alles.
    Die Katze sprang ihr auf den Schoß und sah sie an. Sie schloss das Pillenfläschchen. Sie stand auf, um der Katze Milch zu
     geben.
     
    Am nächsten Morgen las ich die Briefe nochmals und steigerte mich wieder in Hysterie. Die Briefe wurden zur einzig bestehenden
     Realität, und die Realität wurde zum Traum, als ich sie in meinen Koffer legte und in aller Eile Easton verließ, um in unser
     New Yorker Haus zu fahren.
    |54| Meine Haushälterin Phoebe hüllte sich in Schweigen, kaum dass sie mich begrüßt hatte, einzig interessiert, ihre Aufgaben zu
     erledigen, indem sie mir, wie aufgetragen, meine Mahlzeiten auf einem Tablett vor dem Kamin in der Bibliothek servierte und
     überdies Sorge trug, dass in den Zimmern mit Blick über den Fluss stets frische Blumen standen.
    Das Schlafzimmer, das ich mir mit Talbot geteilt hatte, war nach den Farbnuancen einer Muschel gestaltet und lackiert, die
     wir an einem Strand in Afrika gefunden hatten. Eine silberne Trennwand, bemalt mit Flamingos, hatte er so schräg aufgestellt,
     dass der Balthus, der über unserem Bett hing, nur teilweise zu sehen war, wenn man den Raum betrat. Das Gemälde zeigte ein
     Mädchen, das mit gespreizten Beinen auf einem Diwan ruhte. Unter diesem Bild lag ich und durchlebte in Gedanken noch einmal
     Talbots und meinen letzten Aufenthalt in New York, als wir kurz vor seinem Tod an einer Wohltätigkeitsveranstaltung teilgenommen
     hatten. Ich war gereizt gewesen, weil er wieder einmal in eine seiner Launen verfallen war – reserviert, in sich gekehrt auf
     diesem Kurztrip, unverbindlich, bis er mich Wochen später auf einer Geschäftsreise nach Rio, bereits verspätet auf dem Weg
     zu einem Geschäftstreffen, urplötzlich wieder in unser Hotelzimmer zog, die Fensterläden schloss, um die Mittagshitze auszusperren,
     und mich dann mit Gewalt von hinten nahm, in einer Version des Liebesakts, mit der ich mich trotz meines Widerwillens abgefunden |55| hatte, zumal er glücklicherweise nur selten verlangte, dass ich mich ihr unterwarf. Doch so abstoßend dieser Akt war, weckte
     er wieder ein Selbstbild in mir, an das ich glauben konnte.
     
    Jetzt in New York lag ich Morgen für Morgen nach dem Aufwachen da und starrte hinauf auf den Kronleuchter, in dessen Prismen
     sich die von den Fenstern gefilterten Sonnenstrahlen brachen. Mein Herz schlug schwer, und ich hob eine Hand vor die Augen,
     bemüht, die blitzenden Glassplitter zu immer neuen Kaleidoskopmustern zu ordnen, um Aufschub zu gewinnen vor den Qualen, die
     mich erwarteten, wenn ich die Schublade neben meinem Bett aufzog, denn ich wusste, ich würde nichts tun, niemanden sehen,
     sondern nur lesen, immer wieder diese Briefe lesen und jedes Mal von neuem in ohnmächtige Wut ausbrechen, dass Bee seit Jahren
     von meiner Existenz gewusst hatte und ich erst von ihr erfuhr, als ich die Briefe entdeckte.
     
    Immer schon hatte Priscilla ihrer äußeren Erscheinung übertriebene Aufmerksamkeit geschenkt, um auf Talbot so verführerisch
     wie möglich zu wirken, und jetzt gestattete sie sich kurze Unterbrechungen der selbstquälerischen Lektüre, indem sie sich
     in den Spiegeln an den Wänden ihres Ankleidezimmers betrachtete, um prüfende Blicke auf ihren Körper zu werfen und |56| sich der Leidenschaft zu besinnen, die er einmal in Talbot entfacht hatte.
    Im Spiegelbild – eine Frau mit kupfern glänzendem Haar, Lockenpracht, wie von einer leichten Brise aufgewirbelt, Haar, durch
     das Talbot so liebend gern gestrichen hatte, um zuzuschauen, wie es sich anschließend wieder zum Glorienschein sammelte. Ihr
     Teint durchscheinend und, höchst ungewöhnlich, von derselben Beschaffenheit wie die Haut ihres Körpers. Ihre Augen waren (obwohl
     sie sich grün gewünscht hätte) blau wie ein reiner Saphir, ein wenig zu weit auseinander stehend in einem dreieckigen Gesicht
     von bestechender Zartheit, das etwas Hintergründiges hatte – etwas, das nicht greifbar war. Bei Verzicht auf jegliches Make-up
     bildeten die langen pechschwarzen Wimpern einen auffälligen Kontrast zum hellen Glanz ihres Haars, und ohne dass sie mit einer
     Wimpernzange hantieren oder Mascara bemühen musste, bogen sich die Wimpern mit natürlichem Schwung nach oben und betonten
     ihre Augen wie rußfarbene Ponyfransen. Die Nase war klein, fast ein Stupsnäschen. Die Lippen deuteten stets ein Lächeln an,
     und wenn es erstrahlte, war es,

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