Die Bischöfin von Rom
zwei weitere Lieder zum Besten geben müssen …«
»Ich hoffe, du wirst uns ein andermal mit ihnen erfreuen«, lachte Bendigeida. »Doch vorerst hast auch du dir Ruhe in unserem Gästehaus verdient, und ich wünsche dir und deiner Freundin eine gute Nacht. – Schade nur, daß wir jetzt nicht mehr in den Genuß der Leckerbissen kommen, die Alba für uns vorbereitet hatte, aber sie wären zu dieser späten Stunde vermutlich sowieso nicht mehr sehr bekömmlich gewesen.«
»Das glaube ich auch«, bekräftigte Branwyn, die soeben zusammen mit Dyara herangekommen war und Bendigeidas letzten Satz vernommen hatte. »Um so weniger verstehe ich, warum Alba, die doch gewiß reiche Lebenserfahrung besitzt und als Druidin zudem heilkundig ist, die Folgen schweren Essens nach Einbruch der Dunkelheit nicht bedachte?«
»Sie gilt sogar als unsere beste Ärztin, und es gibt eine ganze Reihe von Menschen auf der Ynys Avallach, die sich ausschließlich von ihr behandeln lassen wollen«, antwortete Bendigeida. »Aber in ihrer Jugend war sie einmal ebenso unsterblich wie unglücklich in einen Dichter verliebt …«
»Und deshalb ist sie bis heute, sobald ein Barde bloß in ihre Nähe kommt, schwieriger als ein Sack Flöhe zu hüten«, fiel ihr Dyara respektlos ins Wort. »Die nächsten Tage allerdings besteht dahingehend keine Gefahr mehr, denn sie wird außerordentlich zerknirscht darüber sein, daß sie dir deine erhebenden Gesänge letztlich durch nichtswürdiges Schnarchen dankte, Eolo.«
»Ich werde wiedergutmachen, was ich ihr angetan habe, und ihr ein wenig Hilfestellung bei ihren eigenen Dichtungen geben«, versprach der Barde – und gähnte plötzlich selbst.
Gleich darauf verabschiedeten er und Branwyn sich und verließen nach einem letzten Blick auf Alba, welche mittlerweile friedlich unter ihren Decken schlief, das Rundhaus. Quer über den Anger und vorbei am Teich, in dessen Wasser sich die Sterne spiegelten, gingen sie im Schein einer Fackel, die Eolo trug, zu ihrer eigenen Unterkunft. Unter der Dachtraufe blieb die junge Frau stehen, wandte sich um und ließ ihren Blick über den nächtlichen Apfelhain mit seinen Lauben schweifen. Auch Eolo genoß das friedliche Bild; nach einer Weile hörte er Branwyn flüstern: »Es ist ganz anders als auf der Ynys Vytrin – dennoch habe ich das Empfinden, als ob sich die beiden Orte in Wahrheit sehr ähnlich wären, und möglicherweise fühle ich mich auch deshalb so heimisch hier.«
Kaum waren ihr die Worte über die Lippen gekommen, bereute die junge Frau sie, denn die Hand des Barden, die auf ihrer Schulter lag, hatte sich jäh verspannt. Sie ahnte, was in ihm vorging; nach wie vor hoffte er ja, daß sie mit ihm nach Tintagel weiterwandern würde. Er wünschte es sich von ganzem Herzen, weil er sie liebte; sie hingegen würde ihn enttäuschen und ihm die Wahrheit sagen müssen …
Aber ich brauche nichts zu überstürzen, dachte sie mit dem nächsten Lidschlag. Und wenn ich es tue, darf es ihn nicht verletzen!
Sie atmete tief durch, dann forderte sie Eolo auf: »Laß uns jetzt hineingehen und es uns gemütlich machen. Und falls du nicht allzu müde bist, würde ich gerne von dir erfahren, ob du von allem Anfang an plantest, deiner armen Verehrerin einen solch nichtswürdigen Streich zu spielen, oder ob es dir erst im Lauf des Abends in den Sinn kam, sie in ein schlummerndes Murmeltier zu verwandeln?«
Der Barde ließ sich ablenken und scherzte: »Also gut, ich werde dich in die Abgründe meiner Seele schauen lassen. Doch ich warne dich …«
»Ganz so schlimm, wie du tust, bist du nun wieder nicht, auch wenn du mich das gerne glauben machen möchtest«, spöttelte Branwyn und schlüpfte, ohne ihm Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben, an ihm vorbei ins Haus.
Geraume Zeit saßen sie bei Kerzenlicht an dem wunderschönen Intarsientisch zusammen und plauderten, bis Eolo schließlich immer anhaltender gähnte und sich zuletzt auf eine der Ruhebänke zurückzog.
Auch die junge Frau fühlte sich jetzt schläfrig; ehe sie jedoch ihr Lager aufsuchte, zog es sie noch einmal nach draußen. Tief sog sie die weiche, duftende Luft des Apfelgartens ein und erinnerte sich dabei voller Vorfreude an die Verabredung, die sie mit Dyara getroffen hatte: Gleich morgen früh würden sie zusammen aufbrechen, denn ihre neue Freundin wollte sie abermals zur Quelle mit dem rötlichen Wasser sowie auf den Twr führen und ihr außerdem jene heiligen oder anderweitig sehenswerten Orte
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