Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
Vom Netzwerk:
kommen!«
    Es war Alba. So schnell ihr fortgeschrittenes Alter es erlaubte, hastete sie heran und belegte Eolo Goch augenblicklich mit Beschlag. »Du bist also der Barde von Môn Mam Cymru?« strahlte sie ihn an. »Von jener Insel weit im Norden stammst du, deren leuchtender Geist einst die gesamte keltische Welt befruchtete. Man sagt, es sei in jenen Tagen, ehe die römischen Barbaren das Eiland stürmten, dort keine Seltenheit gewesen, daß gewisse Dichter und Sänger für ein einziges gelungenes Werk mit purem Gold und ausgedehnten Ländereien belohnt wurden …«
    »Diese Zeiten sind leider schon lange vorbei«, versuchte Eolo ihre Begeisterung zu dämpfen. Im nächsten Moment ließ er sich hinreißen und erklärte: »Außerdem strebt Bardentum damals wie heute höhere Ziele als Reichtum und Ruhm an, auch wenn äußerliche Anerkennung durchaus nicht zu verachten ist. Denn wir Barden sind ebenso wie die Druiden Diener der Götter. Rhiannon ist es, die uns leitet, und wir versuchen, den Menschen höhere Erkenntnis zu vermitteln – gleichgültig, ob wir dafür gefeiert oder zurückgesetzt werden.«
    »Wie schön und wahr du sprichst!« Alba schob sich zwischen ihn und Branwyn, ergriff seine Hand und beteuerte: »Ich werde jedes deiner Worte in meinem Herzen bewahren! Dasselbe gilt für die Lieder und Gedichte, mit denen du mich hoffentlich noch heute abend erfreust. Unter meinem Dach ist bereits alles dafür vorbereitet; unter anderem habe ich Wein und erlesene Leckerbissen bereitgestellt, damit auch für dein leibliches Wohl gesorgt ist, und ich bin sicher, du wirst dich sehr wohl bei mir fühlen …«
    »Aber … sollten meine Gefährtin und ich denn nicht zunächst das Gästehaus beziehen?!« unterbrach Eolo sie betroffen.
    »Das ist doch im Handumdrehen erledigt«, verkündete die betagte Druidin fröhlich und zog den Barden in Richtung des Haines. »Ihr stellt rasch euer Gepäck ab, dann machen wir es uns an meinem Herdfeuer so richtig gemütlich.«
    »Albas kleine Bitte zu erfüllen, ist das mindeste, was du zum Dank für die Gastfreundschaft tun kannst, die wir hier genießen«, äußerte nunmehr Branwyn. »Freilich wirst du verstehen, daß ich euch heute nicht mehr sehr lange Gesellschaft leisten werde, denn«, unvermittelt gähnte sie, »es war ein langer Tag, und ich bin schon jetzt müde.«
    Als Eolo ihr daraufhin einen verzweifelten Blick zuwarf, hatte sie Mühe, nicht laut loszulachen; Alba wiederum schien sich durch die Bemerkung der jungen Frau zusätzlich beflügelt zu fühlen, begann zu trällern und beschleunigte ihre Schritte noch.
    Wenig später langte der Barde, links von seiner Verehrerin und rechts von Branwyn untergehakt, bei den Wohnstätten der Druidinnen an. Die meisten von ihnen, darunter auch Bendigeida und Dyara, saßen auf der Rundbank nahe des Teiches, fanden jedoch kaum Gelegenheit, Eolo Goch zu begrüßen, denn Alba drängte ihn fast sofort weiter in Richtung auf das Gästehaus. Dort ließ sie ihm gerade so viel Zeit, wie er brauchte, um die Handharfe aus dem Reisebündel zu nehmen; sodann machte er notgedrungen gute Miene zum bösen Spiel und folgte der angegrauten Liebhaberin seiner Künste zu deren Behausung.
    Branwyn, die nun lachend mit Dyara tuschelte, sowie Bendigeida und einige andere Frauen schlossen sich an. Als sie Albas Haus betraten, trauten sie ihren Augen nicht. Der Tisch bog sich unter einer Fülle von Speisen, die für mindestens dreißig Personen ausgereicht hätte; inmitten der Köstlichkeiten stand eine zwei Ellen hohe Weinamphore griechischer Herkunft, welche mit Faunen und Nymphen geschmückt war. Das prachtvollste Stück aber war ein thronartiger, mit kunstvollem Schnitzwerk verzierter Lehnstuhl am Kopfende der Tafel; der Schein eines neunarmigen Kerzenständers beleuchtete ihn – und dorthin nötigte die bejahrte Druidin jetzt ihren Gast.
    Auch die anderen nahmen Platz, und zwei der Frauen waren Alba behilflich, den betäubend duftenden Samoswein aus der schweren Amphore in die hohen Pokale zu füllen. Nachdem alle Anwesenden versorgt waren, gebot die Hausherrin Schweigen, ergriff ihren Pokal und brachte einen gereimten Trinkspruch aus, welcher folgendermaßen lautete:
    »Bardengesänge, wie wir sie gleich vernehmen werden, sind wahrhaft Göttergeschenke für uns hier auf Erden!«
    Während höflicher Beifall ertönte, trank sie Eolo Goch zu, wartete ab, bis der Barde ihr Bescheid getan hatte, und legte ihm dar: »Wie du soeben bemerkt hast, versuche

Weitere Kostenlose Bücher