Die Bismarcks
weltweit gelesenes Wirtschaftsblatt. Das elterliche Haus in der Potsdamer Wörther Straße, die nun Menzelstraße heißt, erhielt die Familie 1994 zurück. Sie verkaufte es später jedoch.
Zusammen mit seiner Frau, die mit großen Teilen des mittel- und südeuropäischen Adels verwandt und verschwägert ist – auch die Agnellis gehören dazu, über die die Journalistentochter gerade eine Biografie schreibt –, verkörpert Leopold-Bill von Bredow auf eine geheimnisvolle Art und Weise alle Teile und Richtungen der Bismarck-Familie und geht damit weiter auf dem Weg, den die Familie seit der Vermählung seines Großvaters Herbert mit Melanie Hoyos eingeschlagen hat.
Der hochgewachsene Mann könnte ein ehemaliger preußischer Offizier sein, ein Landedelmann, aber genauso auch ein Diplomat und Weltbürger, der er ist. Seine Gattin mit ihrer leicht österreichisch gefärbten Stimme steht dagegen für die Hoyos, die Schwarzenbergs und damit für den k. u. k.-Anteil der großen Familie. Dieser Teil der Bismarcks hat 1914 deutsch-österreichische Geschichte und am Ende im Rahmen der Hoyos-Mission sogar Weltgeschichte geschrieben. 16 Jahre nach dem Tod des Reichsgründers kehrte die Familie damit nochmals an die Schalthebel der Macht in der Weltpolitik zurück. Sie agierte transnational in Gestalt des österreichischen Sondergesandten Alexander Graf Hoyos.
Hoyos kam am 5./6. Juli 1914 für wenige Stunden nach Berlin. Nach einer Begegnung mit Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Bethmann Hollweg fuhr er mit dem sogenannten Blankoscheck nach Wien zurück. Der Scheck war die deutsche Rückendeckung für das bevorstehende österreichische Ultimatum an Serbien. An der Abfassung war Hoyos maßgeblich beteiligt. Die Schwester des engsten Beraters des österreichischen Außenministers hieß Marguerite. Sie war die Witwe von Herbert von Bismarck. Melanie, eine Tochter von Alexander Graf von Hoyos, heiratete schließlich Gottfried, einen der fünf Enkel des Reichskanzlers. So schließen sich gleich mehrere Kreise der Familie in der Gegenwart.
Wie vermutlich kein zweites Mitglied der größeren Bismarck-Familie lebt Leopold-Bill von Bredow mit ihrer Geschichte. Über nahezu jedes Detail weiß dieser Mann Bescheid, der nach seiner Pensionierung geschäftsführender stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik war. Die Mitarbeiter der DGAP berichten, dass er mit ihnen oft zum Mittagessen ging. Seine Vorgänger haben das nicht getan. Bredow ähnelt in seinem Wissen und in der Fähigkeit, die kaum zu überblickenden Familienzusammenhänge zu vermitteln, seiner Mutter Hannah. Er ist vermutlich der Letzte, der eine Verbindung zu den für die meisten Deutschen untergegangenen Abschnitten der Familiengeschichte herstellen kann: ein lebendes Familienarchiv.
Sein Interesse an Außenpolitik, an den internationalen Beziehungen ist ungebrochen. Bredow erscheint zu mancher Sitzung der Strategie-Studiengruppe der DGAP , einer Runde von Experten, die unter dem Vorsitz des SPD -Bundestagsabgeordneten Hans-Ulrich Klose aktuelle Themen diskutiert. Es gibt wenige Orte in Berlin, an denen politisch so sachlich argumentiert wird.
Bredows Zuhause, eine schöne Stadtwohnung im ersten Stock eines repräsentativen Hauses unweit von Messegelände, Berliner Funkturm und Lietzenseepark, ist ein Museum. »Hier ist für mich Heimat«, sagt er, aber auch in dem kleinen österreichischen Ort an der Salzach nördlich von Salzburg, wo die Bredows im Sommer leben. Das Dorf Bredow, aus dem seine Familie stammt, liegt heute am Rande der Schnellstraße, die von Nauen über die Heerstraße nach Berlin hineinführt. Fotografien zeichnen die berufliche Karriere Bredows nach, vor allem jedoch die Geschichte der Familie, im Zentrum ein Porträt seiner Mutter. Ihr Tagebuch lässt Bill von Bredow gegenwärtig transkribieren. Er ist somit beinahe täglich mit der Erlebniswelt seiner Familie verbunden, und er teilt sie bei häufigen Besuchen mit seiner zwölf Jahre älteren Schwester Diana, die in dem Berliner Vorort Kleinmachnow in einer Seniorenresidenz lebt. Noch immer erwirbt der 80-Jährige Gemälde und Gegenstände, die ihn an sein Elternhaus und die Vorkriegszeit in Deutschland erinnern. Mit einem Ferienhaus unweit der deutsch-österreichischen Grenze bei Salzburg, mit Blick auf die Alpen, wird die Verbindung zum Hoyos-Anteil der Familie unterstrichen und optisch gehalten. Es kann als ein Glücksfall bezeichnet werden,
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