Die Bismarcks
zuvor auch Helmuth James von Moltke und seine Frau Freya mehrfach gesehen. 60 Vier Tage später wurde Gottfried zusammen mit anderen Häftlingen in das Gestapo-Gefängnis in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße verlegt, das ein britischer Luftangriff am gleichen Tag völlig zerstörte. Am 7. Februar 1945 wurde Gottfried in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Ein SS -Mann eröffnete ihm bei der Ankunft, dass er seine Habseligkeiten nicht einräumen müsse. Er werde nicht bleiben.
Gottfrieds Frau Melanie eilte am nächsten Morgen zu dem berüchtigten Gestapo-Chef Müller in die Prinz-Albrecht-Straße, trat ohne Anmeldung in sein Büro und fragte ihn: »Wo ist mein Mann?« – »Er ist in Mitteldeutschland, wo, kann ich Ihnen nicht sagen«, lautete Müllers Antwort. Als sie »Buchenwald« sagte, las sie an seinem Gesichtsausdruck ab, dass ihre Annahme stimmte. Zu diesem Zeitpunkt stand ihr Mann in Potsdam schon vor der Tür, die das ahnungslose Hausmädchen öffnete. Wenige Stunden später konnte Melanie Gottfried in die Arme schließen. Himmler hatte Gottfrieds Freilassung persönlich angeordnet. Hoffte er, mithilfe der Bismarcks und ihren Verbindungen nach Schweden einen Kontakt zu den Westmächten herzustellen, um seinen Kopf zu retten?
Dafür spricht einiges, denn Gottfrieds Name befand sich auf einer der Listen, die die schwedischen Gesprächspartner dem SS -Führer vorlegten. Die Entscheidung, Gottfried zu schonen, muss jedoch vom Diktator persönlich getroffen worden sein. Himmler konnte dies nicht machen, er hatte an Einfluss verloren. Bezeichnend schwach reagierte er auf einen weiteren Vorstoß von Gottfried, das »Missverständnis« aufzuklären, das zu seiner Verhaftung geführt habe. In seinem Schreiben vom 2. November 1944 hatte Gottfried aus naheliegenden Gründen alle Treffen mit Stauffenberg & Co. bagatellisiert und Himmler am Ende angeboten, sich zum Einsatz an der Front zu melden. In seinem Antwortschreiben vom 5. Dezember 1944 reagierte der Reichsführer SS darauf nicht und warf Gottfried stattdessen vor, defätistische Äußerungen der Verschwörer des 20. Juli 1944 nicht gemeldet zu haben. »Wie soll ich Ihnen heute glauben? Wenn ich Sie heute herauslasse, was werden Sie tun?«, beschloss Himmler sybillinisch diesen Brief. 61 Wenige Tage später überreichte er einem anderen Bismarck das Eichenlaub zum Ritterkreuz. Er hieß Klaus von Bismarck.
Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich bei einem anderen prominenten Gefangenen der Daumen senkte, während er sich bei Gottfried hob. Helmuth James von Moltke konnte eine Zeit lang hoffen, wie Gottfried zu überleben. Denn es gab bei ihm einen Zeitraum von knapp zwei Wochen zwischen Verkündung des Todesurteils und der Vollstreckung. Hier wendete sich das Blatt in letzter Minute tragischerweise gegen den zweiten Träger eines großen Namens, dessen Vorfahr an der Seite von Reichskanzler Bismarck den deutschen Nationalstaat möglich gemacht hatte. Am 8. Februar 1945, einen Tag nach seiner Freilassung, sah Gottfried seine Schwester Hannah wieder.
Am 24. August 1944 erhielt Hannah von ihrer ältesten Tochter, der Berliner Oberärztin, ein Telegramm. Der Inhalt lautete: »Deine Rückkehr erforderlich, Marguerite.« Zu Recht vermutete Hannah die Gestapo hinter der Nachricht. Sie war zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht abkömmlich, da ihr jüngster Sohn Bill mit Komplikationen im Krankenhaus lag, die nach einer Mandeloperation entstanden waren. Zwei Tage später kam das nächste Telegramm, auf das Hannah mit der Antwort reagierte, dass sie nicht kommen könne.
In den ersten Septembertagen 1944 bekam Hannah dann allmählich einen Überblick über die anhaltend bedrohliche Lage der Familie. Sie erhielt einen Anruf von der Ehefrau des Diplomaten Theo Kordt, der in Bern auf Posten war. Er war ein Freund der Familie und hatte mit Bruder Otto in London zusammengearbeitet. Kordt bat Hannah über seine couragierte Frau um ein Treffen in Bern. Bei der Begegnung übergab er ihr zwei Briefe, einen von Tochter Marguerite und einen weiteren, den die Gestapo an ihn gerichtet hatte. Hannah wurde darin aufgefordert, wegen ihrer mutmaßlichen Rolle im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 zu Vernehmungen nach Berlin zurückzukehren. Einige Tage später sah sie ihren Bruder Albrecht wieder. Eddy rechtfertigte ihr gegenüber den Entschluss, von der Wehrmacht desertiert zu sein. Die Schwester bestärkte ihn in seiner Entscheidung und sah ihn
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