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Die Bismarcks

Die Bismarcks

Titel: Die Bismarcks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Thies
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Institution war Elisabeth Gräfin von Werthern, »Betta«, eine eindrucksvolle Erscheinung im politischen Betrieb der kleinen Stadt am Rhein. 72 Otto fühlte sich in der Residenz- und Universitätsstadt nur bedingt wohl. Einmal gab er dem Berliner Telegraf ein Interview, in dem er undiplomatisch feststellte: »Ein Weg durch Bonn lohnt nicht.« Daraufhin beschwerte sich die Bonner Bundestagsabgeordnete Friede Hamelbeck schriftlich bei ihm. 73
    Trotz des Rampenlichts, das er suchte und genoss, blieb Otto im Kern ein verschlossener Mensch. Ein Verwandter, der ihn gut kannte, beschrieb ihn als tiefreligiös wie seine Schwester Hannah und sah darin ein Bismarck’sches Erbe. Ein anderer Beobachter und Freund der Familie nannte die Schattenseiten des Bismarck-Enkels: seinen unruhigen, sprunghaften Geist, vor allem das Problem seiner rasch wechselnden Stimmungen und Sympathien, die jäh in starke Antipathien umschlagen konnten.
    Die junge Republik, so hat es in der Korrespondenz des Bundestagsabgeordneten den Anschein, schaute nur nach vorn und höchst ungern zurück in die Abgründe der NS -Zeit. Aber hin und wieder wurde Bismarck von der Geschichte eingeholt. Ende 1957 wandte sich der Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Herbert Freiherr von Stackelberg, an ihn, als es um die Gewährung von Versorgungsbezügen für den ehemaligen Vizekanzler von Papen ging. Papen war mit seinem Gesuch bereits mehrfach vor deutschen Gerichten gescheitert. Otto von Bismarck wurde nun von dem hohen Außenamtsbeamten gezielt nach den Begleitumständen gefragt, die zur Ernennung Papens als Botschafter des Dritten Reichs in Ankara am 20.   April 1939 geführt hatten.
    Vergeblich wird man in der Antwort Bismarcks nach einer Abrechnung mit dieser Zeit suchen. Das war nach dem Stand der Dinge ebenso wenig zu erwarten wie angesichts seiner Persönlichkeit. Vorsichtshalber hatte Papen seinen Exdiplomatenkollegen mit Informationen zur Beantwortung des Schreibens aus dem Auswärtigen Amt gefüttert. Aber die Geschmeidigkeit, mit der Otto von Bismarck die Thematik des deutschen Angriffskrieges umkurvte – immerhin hatte Papen Ottos Schwester Hannah 1937 bei der Gestapo denunziert – überrascht schon, und noch mehr die Dreistigkeit, mit der Papen auf die alte Bekanntschaft mit Otto anspielte. 74 Einer Nichte, die ihn wegen seiner Rolle im Dritten Reich einmal zur Rede stellte, entgegnete Otto: »Es war doch interessant, da mitzumachen.«
    Im Übrigen lehnte Otto von Bismarck es ab, Beiträge über seinen Großvater zu schreiben. Eine entsprechende Aufforderung der Soldaten-Zeitung wies er im März 1955 zurück.
    1955 wurde die Bundesrepublik NATO -Mitglied und begann damit, Delegierte in eine Reihe von internationalen Organisationen zu entsenden. Im November 1956 fuhr Bismarck in Begleitung seiner Frau zu einer Jahrestagung der Interparlamentarischen Union nach Thailand. Die Parlamentarier-Delegation war einen Monat unterwegs und nutzte die zahlreichen Zwischenstopps, um zunächst Kairo zu besichtigen. Dann ging es über Nikosia auf Zypern nach Tel Aviv, zurück nach Nikosia und über Beirut nach Karachi, Neu-Delhi, Benares und Kalkutta. Erst dann kam das eigentliche Ziel in Sicht, die thailändische Hauptstadt Bangkok.
    Im Februar 1957 trat Ann Mari bei einem Wohltätigkeitsball im Palace Hotel in St.   Moritz auf und präsentierte millionenschweren Hals- und Ohrenschmuck eines US -Designers. In St.   Moritz verbrachten die Bismarcks in den 1950er-Jahren wieder ihren Urlaub. Otto mietete für einen Monat eine Villa. Die Garderobe seiner Frau wurde per Schrankkoffer von einer Spedition von Friedrichsruh hin und zurück transportiert. Bei einem Skiunfall erlitt Ann Mari einen Beinbruch, an dessen Folgen die hochgewachsene Frau sieben Jahre lang laborierte.
    An der Jahreswende 1957/58 reiste Otto von Bismarck nach Brasilien, wo er bereits 1952 gewesen war. Als Kurt Georg Kiesinger 1958 Ministerpräsident von Baden-Württemberg wurde und sein Bundestagsmandat aufgab, trat Bismarck mit Entschlossenheit an, um sein Nachfolger als Vollmitglied im Europarat zu werden. Mitglied der Interparlamentarischen Union war er ja bereits. 75 Die Chancen, dem immer noch grauen Land zu entkommen, erhöhten sich weiter. Studiert man die Programme dieser Reisen, stand Sightseeing eindeutig im Mittelpunkt, und es gab keine kritischen Fragen der heimischen Presse. Mit einer Delegation des Auswärtigen Ausschusses war Bismarck Ende 1958 wochenlang in Mittel- und

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