Die Bismarcks
Singuläre seiner eigenen Person wurde fast sein ganzes Leben lang überdeckt – überstrahlt und überschattet – durch den großen ererbten Namen.« Otto teilte somit das Schicksal seines Vaters. Es nützte ihm am Ende nichts, dass er als Vertreter der dritten Bismarck-Generation gleich für vier Epochen stand: das Kaiserreich, die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die Bundesrepublik. Als er ging, war der Wiederaufbau nach dem Krieg nahezu geschafft. Der ehemalige Bundesinnenminister Paul Lücke kondolierte mit den Worten: »Fürst Bismarck zählte zu den Persönlichkeiten, denen zu begegnen und mit ihnen zu arbeiten – wie es mir im Bundestag vergönnt war – das Leben reicher gemacht hat.« 78
Ottos ältere Schwester Goedela betreute nach dem Tod ihres Mannes Hermann von Keyserling im Jahre 1946 das Lebenswerk des Philosophen. Sie veröffentlichte sein Hauptwerk Das Buch vom Ursprung, das in der NS -Zeit nicht hatte erscheinen dürfen, und drei Bände seiner Autobiografie. 1965 unterbreitete ihr die Stadt Darmstadt das Angebot, an seinen Hauptschaffensort zurückzukehren und die versprengten Teile des Archivs hier zusammenzuführen. Die mittellose Goedela erhielt eine Ehrenwohnung der Stadt und wurde von Bruder Otto mit einem monatlichen Zuschuss von 500 DM bedacht. Bruder Albrecht steuerte weitere 200 DM zum Lebensunterhalt der Schwester bei. Bis zu ihrem Tod beschäftigte sich Goedela mit dem Lebenswerk ihres Mannes. Von allen fünf Bismarck-Enkeln lebte sie am längsten. 1981 starb sie, unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit.
Albrecht, Goedelas jüngster Bruder, kehrte 1946 wieder nach Rom zurück. Hannahs jüngster Sohn Leopold-Bill hatte für die Familie Bismarck von Basel aus den Kontakt zu ihm gehalten. Albrecht war mittellos, aber die Verbindung zu Mona bestand weiter. Sie verschaffte »Eddy« schon bald nach Kriegsende Papiere, die ihm die Einreise in die USA gestatteten. Traurig schrieb er Anfang 1949 an seinen Bruder Otto, nachdem er davon gehört hatte, dass seine Möbel auf dem Weg von Schönhausen nach Friedrichsruh bei Kriegsende verschollen seien: »Es ist mein Schicksal, besitzlos durch die Welt zu gehen. Seit Pockhorst scheine ich nichts behalten zu können.« Pockhorst war das in Mecklenburg-Vorpommern gelegene Gut, das Albrechts Vormund während des Ersten Weltkriegs gegen Kriegsanleihen getauscht hatte. In seiner Grundstimmung blieb Eddy jedoch strahlend und heiter, und seine Geschwister, Cousinen und Neffen sahen ihn von Zeit zu Zeit in der Schweiz. Die Töchter von Hannah bekamen bei solchen Gelegenheiten schöne Kleider geschenkt, später auch von Mona. Eddy hielt sich in Lausanne immer dann auf, wenn er zu seinem Zahnarzt anreiste. Er stieg dann in den ersten Häusern am Genfer See ab, im »Beau Rivage« ebenso wie im »Grand Palace Hotel«.
Monas Mann Harrison Williams verstarb 1953 und hinterließ seiner Frau ein Vermögen von 90 Millionen Dollar. Mona hielt sich nun oft bei Albrecht in Italien auf, bei dem eine Darmkrebserkrankung diagnostiziert worden war. Sie entschloss sich daraufhin, ihn zu heiraten. Am 7. Januar 1956 wurde aus Mona eine Gräfin Bismarck. Am 14. Februar 1956 wurde das Paar auch kirchlich in Rom getraut. Mona und Eddy kauften sich kurz darauf eine luxuriöse Wohnung in Paris und pendelten fortan zwischen der französischen Hauptstadt und Capri. Jean Boudin, der die Inneneinrichtung des Appartements in Paris gestaltete, beriet später auch Jacqueline Kennedy, als diese mit ihrem Mann ins Weiße Haus einzog. Der jüngste Enkel jenes deutschen Reichskanzlers, der seinem Sohn Herbert einst die Ehe mit einer Katholikin untersagt hatte, konvertierte nun mit seiner Frau zum Katholizismus. Mona, »the Kentucky countess«, wie man sie nannte, sprach kein Deutsch.
Von Zeit zu Zeit hatte Albrecht weiterhin große Aufträge. Das Jet-Set-Leben des frisch verheirateten Paares hielt unverändert an, die Windsors, Churchills Sohn Randolph und andere Prominente der Zeit gingen bei den Bismarcks ein und aus. Albrecht wurde freilich auch einmal von einem angetrunkenen Gast als »deutscher Gigolo« angepöbelt.
Doch Partys pflegen auf die Dauer zu ermüden. Irgendwann begann Mona damit, sich allmählich aus dem Trubel der Feste und Feiern zurückzuziehen. Auf Capri widmete sie sich dem Garten von »Il Fortino« und der Pflege der Pflanzen und Blumen. Bei einem seiner häufigen Besuche schenkte Onassis ihr eine goldene Gartenschere. Später gründete sie
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