Die bitter sueße Fortsetzung
Lust!«
»Dann rufe sie an und sprich selbst mit ihr. Sie wird sicherlich hoch erfreut darüber sein, so kurzfristig eine Absage von dir zu bekommen. Das hätte sich mal einer deiner Gäste mit dir erlauben sollen!«
»Schlag gefälligst einen anderen Ton an, wenn du mit mir sprichst!«
»Was ist nun?«
»Ja, ich komme mit. Gib mir zehn Minuten.«
Nach eher dreißig Minuten stehen wir beide auf der Einfahrt vor dem Haus. In meinem Alter ist eine Komplettrestauration nicht mehr in zehn Minuten zu schaffen. Als ich meinen Wagen aufschließe, poltert Martin los.
»Kannst du mir mal verraten, warum ich die ganze Zeit auf dich warten musste, wenn du selber fahren willst? Willst du mich provozieren? Nun steig endlich ein! Vermutlich wirst du sowieso nicht zurückfahren können, weil du dir mit Buche wieder die Kante gibst.«
»Na, du hast ja blendende Laune. Das kann ja ein schöner Abend werden.«
»Bin halt ein wenig gereizt. Ich hatte schließlich keine Auszeit unter süditalienischer Sonne. Wie war denn dein Urlaub?«
»Kurz!«, sage ich und schaue während der ganzen Fahrt aus dem Seitenfenster.
Ich überreiche Ute mein Gastgeschenk und flüstere ihr zu, wie listig sie doch ist. Breit grinsend geht sie vor und wir folgen ihr in die Küche.
»Die Männer sind draußen. Aber keine Angst. Gegessen wird im Haus. Ich gehe auf die Terrasse, um den Hausherrn zu begrüßen. Als Buche sich vorbeugt und mir seinen Kopf entgegenstreckt, weiche ich einen Schritt zurück und reiche ihm meine weit ausgetreckte Hand.
»Guten Abend, Lutz. Vielen Dank für deine Einladung und bitte entschuldige unsere Verspätung. Ich allein trage die Schuld daran.« Ich wende mich O.J. zu und wiederhole meine förmliche Begrüßung per Handschlag.
»Na, Martin. War das anständig genug?«, frage ich in sein verblüfftes Gesicht und lasse die Männer mit ihrem Erstaunen über mein merkwürdiges Verhalten zurück. Ute steht lachend vor dem Küchenfenster und hält sich den Bauch.
»Lotte, du spinnst total. Ich lach mich gleich schlapp. Das kann ja nur ein lustiger Abend werden. Wein?«
»Unbedingt. Ich hatte schon befürchtet, es gibt nur deinen Yogi Tee.«
»Schmeckt es dir nicht?«, will Buche wissen, als ich ein zweites Stück Grillfleisch ablehne. Ich bin noch völlig satt von meinem Pfund Schokolade und kann beim besten Willen nicht noch mehr essen. Gerade setze ich an, seine Frage zu beantworten, als Martin mir zuvor kommt.
»Schnödes Fleisch vom Grill ist nicht nach Lottes Gusto. Sie bevorzugt jetzt die süditalienische Küche.«
»Was redest du denn? Es schmeckt ausgezeichnet, Ute. Wirklich lecker, Buche«, sage ich und werfe Martin einen bösen Blick zu.
»Willst du uns nicht von deinem Italienurlaub erzählen? Du hast doch bestimmt wieder hundert komische Geschichten erlebt«, stichelt Martin weiter.
»Du warst in Italien? Wann und wo?«, will O.J. wissen.
»Das letzte Mal 1990 zur Fußballweltmeisterschaft. Aber so lustig, dass ich darüber jetzt erzählen müsste, war es nicht. Das Endspiel habe ich mir mit Anja in einer Kneipe ansehen müssen, weil uns am Vortag die Tickets geklaut wurden.« Martin legt sein Besteck ab und schaut mich direkt an. Ich kann seinen Blick nicht deuten. Er atmet auffällig laut durch die Nase und auch den anderen am Tisch fällt auf, dass die Stimmung höchst explosiv ist.
»Warum streitest du es ab. Steh doch dazu! Es können doch alle am Tisch wissen, dass du ........«
»Dass ich die letzten Tage im Tiefschlaf zu Hause zugebracht habe? Das wird hier keinen am Tisch interessieren.«
»Sprich Klartext, Lotte!«, schreit er mich an.
»Wo bleibt dein Anstand, Seibert? Wie witzig, dass gerade ich es bin, die dich an richtiges Benehmen erinnern muss.« Die Bienenkönigin verfolgt unseren Schlagabtausch mit offenem Mund. Martins Schnauben wird lauter und mein anfängliches Grinsen verwandelt sich in einen ängstlichen Blick.
»Was ist mit dir? Ist dir nicht gut? Du bist blass wie eine Wand.« Ohne mir zu antworten, erhebt er sich vom Tisch und geht in Richtung Spüle. Auf dem Weg dorthin zieht er eine kleine, weiße Schachtel aus der Jackentasche, entnimmt eine Tablette und steckt sie sich in den Mund. Ich folge ihm dicht, fülle ein Glas mit Wasser und reiche es ihm.
»Martin?« flehe ich und schnaube mittlerweise genauso laut und aufgebracht.
»Bist du mit
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