Die blauen Tyrannen

bin König auf Terra. Ich will die Völker einen. Ihr alle müßt dabei helfen.“
    Die Augen der beiden Blauen leuchteten nun in einem frohen Glanz.
    „So soll es sein, König von Terra!“ entgegnete La Tinh mit sicherer Stimme. „In zwei Tagen werden wir zur gleichen Sekunde starten, ohne daß wir euch sehen können. Bis dahin haben Kandra und ich unsere Angelegenheiten geregelt, das Schiff ausgerüstet und die Fachleute für die Untersuchung des Robots bereitgestellt. Wir müssen ihn wieder handlungsfähig machen. Unser Schiff kehrt dann nach Raigol zurück, während wir zu euch umsteigen. Ich habe die Zeit während der letzten Tage nicht vertan. In den Umrissen ist bereits alles vorbereitet.“
    Er suchte in seinen Taschen und zog eine lange Rolle mit rätselhaften Schriftzeichen hervor.
    „Dieses Exemplar ist für euch. Eine Kopie besitze ich. Die genauen Ermittlungen unseres Zentralrobotgehirns sind darin enthalten. Eure Robotbedienung wird den Text entschlüsseln. Wir starten zur gleichen Sekunde, erreichen den Koordinationspunkt zugleich, überspringen ihn gemeinsam und werden dann, wenn die Theorie sich in die Praxis umsetzen läßt, auch zur gleichen Sekunde im Hyperraum nebeneinander gleichnamig rematerialisiert werden. Wenn nicht …? Nun, dann haben wir versucht, was menschenmöglich war. Mögen die Götter uns helfen!
    Haltet aber unbedingt jede einzelne Berechnung eurer Rolle ein! Es ist lebenswichtig. Der Raum, in dem wir uns wiederfinden wollen, ist euch, wie ich aus euren Berichten über das große irdische Elektronengehirn erfahren habe, unter dem Namen Andromeda-Nebel geläufig. Ich habe ihn deshalb gewählt, weil uns seine Entfernung am genauesten bekannt ist. Sie beträgt etwa 0,8 Millionen Lichtjahre. Die genaue Distanz steht auf der Rolle, ebenso der gedachte Punkt, an dem wir uns treffen. Für unsere menschlichen Vorstellungen ist das eine ungeheure Entfernung. Sie ist jedoch zeitlich gesehen für uns bedeutungslos, da wir uns ja oberhalb der Lichtjahre blitzartig entmaterialisieren. Eine meßbare Zeit im entmaterialisierten Zustand aber gibt es nicht. Das Gehirn erklärte es deshalb als Zeitdauer für den Flug für absolut unwichtig, ob die Distanz ein Lichtjahr oder mehrere Millionen beträgt, da wir nur die vergehende Zeit bis zum Erreichen der Lichtmauer und anschließend die Gegenbeschleunigungsdauer bis auf die Geschwindigkeit Null ermitteln können.
    Und nun mögen die Götter uns zur Seite stehen! Geht in euer Schiff zurück, und bereitet alles vor. Kandra und ich werden jetzt ebenfalls stark beschäftigt sein. Wir starten zusammen. Lebt wohl, meine Freunde aus einer anderen Welt, die ihr Menschen seid wie wir!“
     
8. Kapitel
     
    Zwei Tage danach verließen zwei gewaltige Weltraumschiffe den Zentralflughafen der Stadt Tana. Dem einen Schiff, einem langgezogenen, raketenähnlichen Flugkörper, sahen die zahlreich anwesenden Blauen mit offenen Mäulern neugierig nach, bis es im alles überdeckenden Blau des Himmelsdomes verschwunden war. Das andere, X 1300, startete ungesehen; denn niemand ahnte etwas von seiner Existenz außer den Eingeweihten.
    Von unvorstellbaren Kräften getrieben, rasten die Schiffe durch das Vakuum des Weltraumes, beschleunigten ihre Geschwindigkeit mit jeder Sekunde, um genau am ermittelten Koordinationspunkt hinübergeschleudert zu werden in den fremden Raum, der sie nach La Tinhs Berechnungen gleichnamig machen würde.
    Aber das wußten die entmaterialisierten Menschen in diesem Augenblick nicht. Sie erinnerten sich erst wieder, als die nebeneinander durch den Kosmos fließenden Energieströme des Schiffes der Blauen und der X 1300 am gedachten Treffpunkt zu rematerialisieren begannen und damit auch ihnen, den denkenden Besatzungsmitgliedern, Bewußtsein und Gestalt zurückgaben.
    Diesmal hatte Jack den Männern zum Zeitpunkt des Sprunges nicht zur Seite stehen müssen. Sie hatten gewußt, was sie erwartete. Die Sicherheit in der Stimme La Tinhs, als er den Freunden die Rolle mit den Berechnungen seines Robotgehirns übergeben hatte, war auch für sie ein Maßstab des Vertrauens geworden. Wenn der Sprung aber wider Erwarten nicht gelingen würde, so hätte niemand von ihnen es zu hindern vermocht.
    Mike rollte sich von der Liege.
    „Kommt! Der Sprung liegt hinter uns. Jetzt können wir nur hoffen, daß La Tinh sich mit seinem Schiff tatsächlich in der Nähe befindet.“
    Sie sprangen auf das Transport-Gleitband des Hauptganges und ließen sich zur