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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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Zimmer und war dennoch besetzt. Ein kleiner weiblicher Aufschrei verriet mir das. Auch stieß mein Kokosfaserfell gegen die Knie eines sitzendenden Menschen. Da ich nicht Anstalten machte, die Toilette zu verlassen — denn hinter mir drohte der Kokosläufer — wollte die vor mir Sitzende mich aus der Toilette weisen: »Wer sind Sie, was wollen Sie, gehen Sie!« hieß es vor mir mit einer Stimme, die auf keinen Fall Frau Zeidler gehören konnte. Etwas wehleidig: »Wer sind Sie?«
    »Nun, Schwester Dorothea, raten Sie mal«, wagte ich einen Scherz, der das leicht Peinliche unseres Zusammentreffens mildern sollte. Sie wollte aber nicht raten, erhob sich, griff im Dunklen nach mir, versuchte mich aus der Toilette auf den Läufer im Korridor zu drängen, faßte aber zu hoch, stieß über meinem Kopf ins Leere, suchte dann tiefer, packte aber nicht mich, sondern meine faserige Schürze, mein Kokosfaserfell, schrie abermals auf — daß Frauen immer gleich aufschreien müssen — verwechselte mich mit jemand, denn Schwester Dorothea geriet ins Zittern und flüsterte: »Oh Gott, der Teufel!« was mir ein leichtes Kichern entlockte, das aber nicht boshaft gemeint war. Dennoch nahm sie es als das Kichern des Teufels, mir jedoch gefiel das Wörtchen Teufel nicht, und als sie abermals, doch schon recht kleinmütig fragte: »Wer sind Sie?« gab Oskar zur Antwort: »Satan bin ich, der die Schwester Dorothea besucht!« Sie darauf: »Oh Gott, aber warum denn nur?«
    Ich, in die Rolle langsam hineinfindend, auch Satan in mir als Souffleur beschäftigend: »Weil Satan die Schwester Dorothea liebt.« »Nein, nein, nein, ich will aber nicht!« stieß sie noch hervor, versuchte dann einen Ausbruchversuch, kam so abermals in die satanischen Fasern meines Kokoskleides — ihr Nachthemdchen mochte recht dünn sein — auch gerieten ihre zehn Fingerlein in den verführerischen Dschungel, das machte sie schwach und hinfällig. Gewiß war es eine leichte Schwäche, die Schwester Dorothea vornübersinken ließ. Mit meinem Fell, das ich vom Körper weg hoch hielt, fing ich die Umsinkende auf, konnte sie lange genug halten, um einen meiner Satansrolle entsprechenden Entschluß fassen zu können, erlaubte ihr, leicht nachgebend, auf die Knie zu gehen, gab aber acht, daß ihre Knie nicht die kalten Fliesen der Toilette, sondern den Kokosläufer des Korridors berührten, ließ sie dann rückwärts und mit dem Kopf in Richtung Westen, also gegen Klepps Zimmer, der Länge nach auf den Teppich gleiten, bedeckte sie, da ihre Rückseite wenigstens einen Meter und sechzig Zentimeter lang den Kokosläufer berührte, oben gleichfalls mit demselben faserigen Material, hatte allerdings nur die fünfundsiebenzig Zentimeter zur Verfügung, setzte die dicht an ihrem Kinn an, kam mit der anderen Kante doch etwas zu weit über die Oberschenkel, mußte also die Matte etwa zehn Zentimeter höher, über ihren Mund schieben, doch blieb die Nase der Schwester Dorothea frei, so daß sie ungehindert atmen konnte; und sie schnaufte auch recht kräftig, als Oskar sich nun seinerseits legte, auf seinen ehemaligen Bettvorleger legte, den tausendfaserig in Schwingung brachte, zwar keine direkte Berührung mit Schwester Dorothea suchte, erst die Kokosfaser wirken lassen wollte, auch wieder ein Gespräch mit Schwester Dorothea begann, die immer noch unter einer leichten Schwäche litt und »Ach Gott, ach Gott« flüsterte, immer wieder nach Oskars Namen und Herkunft fragte, zwischen Kokosläufer und Kokosmatte erschauerte, wenn ich mich Satan nannte, das Wort Satan satanisch zischte, auch mit Stichworten die Hölle als meinen Wohnort schilderte, dabei fleißig auf meinem Bettvorleger turnte, den in Bewegung hielt, denn unüberhörbar vermittelten die Kokosfasern der Schwester Dorothea ein ähnliches Gefühl, wie vor Jahren das Brausepulver meiner geliebten Maria Gefühle vermittelt hatte, nur hatte das Brausepulver mich voll und ganz und erfolgreich zum Zuge kommen lassen, während ich auf der Kokosmatte eine beschämende Pleite erlebte. Es gelang mir nicht, den Anker zu werfen. Was sich zu Brausepulverzeiten und oft genug danach als steif und zielstrebig erwiesen hatte, ließ im Zeichen der Kokosfaser den Kopf hängen, blieb lustlos, kleinlich, hatte kein Ziel vor Augen, kam keiner Aufforderung nach, weder meinen rein intellektuellen Überredungskünsten noch den Seufzern der Schwester Dorothea, die da flüsterte, ächzte, winselte:
    »Komm Satan, komm!« und ich mußte sie

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