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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Luft. »Von meinem Leben ist eine Menge geblieben. Solace.«
    »Solace«, sagte er. »Mein armes kleines Mädchen. Muss den Platz ihrer Brüder und Schwestern ausfüllen. Was für ein Leben ist das für ein Kind?«
    Sie dachte, sie hätte zuvor Angst gehabt. Jetzt erstarrte sie vor Angst, jeder Nerv in ihrem Körper war zum Zerreißen gespannt, als wäre sie ohne Vorwarnung in einen eisigen See gestürzt.
    »Lass sie aus dem Spiel«, stieß sie hervor.
    Er drehte sich zu ihr um, langsam, als dächte er nach. »Was für ein Leben ist das, für jeden von uns? Du und ich voller Hass, Angst und Schmerz? Und Solace. Sogar ihr Name verrät, dass sie nur ein Ersatz für die anderen ist. Der Trostpreis.« Er sah sie an, sah sie richtig an, zum ersten Mal, seit sie ihn angeschrien hatte. »Wünschst du dir nicht auch ein bisschen Frieden, Jane? Sich einfach nur hinlegen und keinen Schmerz mehr spüren?«
    »Nein.« Sie zitterte. »Solace braucht mich.«
    Er wischte ihre Antwort fort. »Wir alle.«
    Sie stützte die Hände auf den Spülstein und stieß sich ab. »Ich lasse nicht zu, dass du ihr weh tust.« Sie hatte schon einmal versagt bei der Aufgabe, ihre Kinder mit ihrem Leben zu verteidigen, aber diesmal würde sie nicht versagen. »Ich schwöre bei Gott, ich werde eher sterben, als dass ich zulasse, dass du ihr weh tust.«
    Er wirkte entsetzt. »Ich würde ihr nie weh tun.« Sie spürte, wie die Erleichterung warm durch ihren Körper flutete, bis er sagte: »Ich will keinem von uns weh tun. Ich will, dass der Schmerz aufhört.«
    »Nein!« Sie sprang ihn an, schlug auf ihn ein, aber er umschlang sie mit seinen kräftigen Armen, stark von Jahren der Feldarbeit, und einen Moment lang erinnerte sich ihr Körper daran, wie es gewesen war, am Ende eines langen Tages so von ihm gehalten zu werden.
    »Denk nach, Janie!« Seine Stimme zischte heiß in ihrem Ohr. »Wer sagt, dass es nicht wieder passieren kann? Willst du, dass Solace so leidet wie sie?«
    »Raus«, sagte sie mit gepresster Stimme, weil er ihre Rippen zusammendrückte. »Raus aus diesem Haus.«
    »Und wenn es keine Krankheit ist, was dann? Wird sie von einem Auto überfahren, wie der kleine McGonnegal? Bei lebendigem Leib verbrennen wie das Mädchen oben in Cossayuharie? Oder vielleicht wird sie groß und stirbt bei der Geburt eines Kindes oder wird vom Krebs zerfressen. Kannst du es nicht erkennen, Janie?« Seine Stimme wurde ganz leise, eine winzige Schlange, die in ein dunkles Loch glitt. »Wir sind alle schon tot.«
    O Gott, dachte sie. O Gott, o Gott, o Gott.
    »Ich will dir nicht weh tun. Versprichst du mir, stillzuhalten.«
    Sie nickte.
    »Hast du Angst?«
    Sie nickte.
    »Das musst du nicht. Ich halte dich. Und wir können aufhören, uns zu hassen. Ich bin es so leid. Sterbensleid.«
    Er ließ sie langsam los, die Hände erhoben, damit er sie wieder fassen oder niederschlagen konnte. Ihr Blick schoss zur Küchentür, während sie alles in Betracht zog, was ihrer Flucht mit Solace im Weg stand. Durch das Vorderzimmer. Hinauf zu Solace. Sie hochheben. Die Treppen hinuntertragen. Zur Tür hinaus. Die Tür. Hatte er die Tür schon für die Nacht zugesperrt?
    »Versuch es nicht, Janie.« Er stand dicht vor ihr. Sie spürte die Hitze seines Körpers. »Wenn du losrennst, muss ich dich aufhalten. Ich habe nie die Hand gegen dich erhoben. Zwing mich nicht, heute Abend damit anzufangen.«
    »Ich will nicht sterben«, flüsterte sie.
    »Ich schon.« Er wandte sich ab, von der Tür zum Vorderzimmer, von der Treppe, und einen Moment lang sah sie verständnislos zu, wie er die Türklinke des Hintereingangs ergriff. Zur Veranda. Wo das Holz gestapelt war.
    Das Beil.
    Dann schloss sich ihre Hand um den Griff der Bratpfanne, nass und heiß und glitschig von der Seife, und sie erhob sie und schwang sie und schmetterte sie gegen das wundervolle dunkle Haar, mit all der Kraft, die Jahre des Futterstemmens und Wäscheschlagens und Kindertragens ihr verliehen hatten. Sie schlug zu und schlug und schlug, während er auf die Knie sank und leblos zu Boden fiel. Blut und Seife, Schaum und Wasser spritzten über den Boden und über ihre Schürze, und immer noch schlug sie mit der Pfanne auf ihn ein, wieder und wieder, bis ihre Angst verebbte und sie plötzlich innehielt und nach hinten taumelte.
    Alles war ruhig.
    Sie sah ihn an, hingestreckt auf dem Linoleum, und fragte sich, ob er tot war. Sie hatte Angst, nahe genug heranzutreten, um sich zu vergewissern. Das Einzige, was sie in

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