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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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auf der Suche nach Jon hinaus auf den Scheunenhof.
    Der scharfe Wind trieb ihr die Tränen in die Augen, und halb lief, halb rannte sie am Zaun entlang, bis sie ihn fand. Er düngte das Maisfeld, und bei ihrem Anblick zügelte er Gig und Haley. Er war vom Bock herunter und halb über das Feld, als sie ihn erreichte. »Jack ist krank«, sagte sie, ehe er fragen konnte, warum sie in Hausschuhen über die schmutzige Erde lief.
    Er schlang seine Arme um sie und küsste Jack. »He, kleiner Mann«, sagte er. »Dir geht es nicht gut?« Sein Ton war leicht, aber als er sich zu ihr wandte, war er ernst.
    »Ich glaube, es ist Diphtherie«, flüsterte sie.
    »Wie kann das sein?« Er senkte ebenfalls die Stimme, obwohl die einzigen Geschöpfe in Hörweite die Pferde waren, die schwer und desinteressiert in ihrem Geschirr standen. »Die anderen Kinder …«
    »Vielleicht hatten sie etwas anderes. Oder vielleicht hatten sie es nicht so schlimm. Oder vielleicht irre ich mich.« Ihre Stimme brach. Sie atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Sie musste ruhig bleiben. »Der Arzt muss nach ihm sehen. Spann Gig und Haley an und hol ihn.« Jon sah hinüber zur Scheune. »Sofort«, sagte sie.
    Sie ging zurück ins Haus, während Jon die Pferde zum Stall führte. Sie legte Jack in den Polstersessel im Wohnzimmer, deckte ihn mit einer Steppdecke zu und rollte den an einer Seite wie ein Tablett ausgezogenen Serviertisch davor. Oben war Mary auf einer Steppdecke zusammengebrochen und eingeschlafen, die runden Wangen rot und voller salziger Tränenspuren. Jane hob sie mitsamt der Decke vom Boden und legte sie ins Gitterbett, wobei sie sie schuldbewusst küsste, weil sie sie alleingelassen hatte.
    Sie setzte den Kessel auf, damit Jack inhalieren konnte, und sah nach den Älteren. Peter las im Märchenbuch, und Lucy war eingeschlafen. Peter sah bei ihrem Eintreten auf. »Mama, wo warst du?« Seine Stimme war ein heiseres Flüstern. »Ich habe gehört, wie du aus dem Haus gerannt bist, und Mary hat immerfort geweint. Es war wirklich ärgerlich.« In diesem Moment hätte Jane ihn küssen mögen für die Unfähigkeit des Siebenjährigen, weiter als bis zu seiner Nasenspitze zu sehen.
    »Jack ist krank, und ich musste Daddy Bescheid sagen, damit er Dr. Stillman holt. Jetzt bin ich wieder da. Ruf mich, wenn du etwas möchtest, aber leise. Lucy braucht ihren Schlaf.«
    Im Wohnzimmer wurde Jack wach genug, um zu protestieren, als sie ihn mit einem Kissen abstützte und einen Topf mit dampfendem Wasser unter ihn stellte. Über das Mittagsläuten der Standuhr konnte sie hören, wie Jon die Küche betrat. Sie eilte hinüber. Er stand einfach da, griff nicht nach seinem guten Mantel, trank keine Tasse Milch, ehe er aufbrach, tat gar nichts. Stand einfach da.
    »Um Himmels willen«, schimpfte sie. »Fahr los. Und wenn du beim Arzt bist, frag ihn, ob du das Telefon benutzen darfst, und ruf deine Eltern an. Ich werde deine Mutter brauchen, damit sie mir bei der Pflege hilft und auf das Baby aufpasst.« Er rührte sich noch immer nicht. »Jon?« Er sah sie an. »Jon, was ist los?«
    »Ich kann nicht fahren.«
    Sie starrte ihn an. Sie wusste, was seine Worte bedeuteten, aber sie ergaben nicht mehr Sinn, als wenn er gesagt hätte: »Ich kann nicht fliegen« oder »Ich kann nicht über die Scheune springen«. Er griff nach ihren Händen. »Die Schnapsschmuggler. Sie lassen mich nicht weg. Sie sagen, sie hätten Angst, dass die Polizei mich fragt, ob ich sie gesehen habe.« Er blickte aus dem Fenster. »Ich schätze, sie haben Angst, ich könnte sie verpfeifen.«
    Sie zog ihre Hände weg. »Das ist lächerlich. Du fährst nicht zur Polizei. Du fährst zum Doktor. Warum um alles in der Welt sollten wir sie ausliefern? Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten mehr Geld damit verdient, ihnen Unterschlupf zu gewähren, als die Farm in den letzten fünf Jahren abgeworfen hat.« Sie sah zu ihm hoch. »Oh, um Himmels willen. Sind die Pferde aufgeschirrt?«
    Er nickte.
    »Ich rede mit ihnen. Du bleibst bei Jack und passt auf, dass er sich nicht verbrüht. Auf dem Herd ist noch mehr, wenn der Topf abkühlt.« Sie streifte ihre Schürze ab, warf sie über eine Stuhllehne und lief zur Tür hinaus, ehe Jon reagieren konnte.
    Helles Sonnenlicht schimmerte ohne zu wärmen auf dem weißen Anstrich von Scheune und Hühnerstall. Als sie in den Heuschober stürzte, war sie durch die plötzliche Dunkelheit geblendet. Sie hörte niemanden, aber sie roch Tabakrauch und fragte sich

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