Die Bleiche Hand Des Schicksals
Arme, die feuchte Flecken auf den Lehnen des Stuhl hinterlassen hatten. »Sofort aufhören. Dr. Rouse, ehe wir weitermachen, will ich Ihre Aussage darüber, was am Abend des 19. März geschehen ist. Debba Clow hat unter Eid behauptet, dass Sie bei ihr anriefen, sie baten, sich auf dem Familienfriedhof der Ketchems am Stewart’s Pond mit Ihnen zu treffen, und während Ihrer Diskussion stürzten und sich am Kopf verletzten.«
Rouse nickte. »Ich hatte viel über Mrs. Ketchem nachgedacht. Und über Mr. Ketchem. Seit ich wusste, dass ich das Geld aus dem Fond verlieren würde.« Er warf seiner Frau einen Blick zu. »Ich wollte nicht arbeiten, als ich an dem Nachmittag zur Klinik fuhr. Ich brauchte nur Zeit zum Nachdenken. Lacey hatte einen Brief an den Stadtrat geschrieben, und als ich ihn las, wusste ich, dass man meine Verwendung des Ketchem-Fonds überprüfen würde. Ich konnte nur noch an den Skandal denken. Öffentliche Schande. Gefängnis. Ich beschloss, mich umzubringen.«
Mrs. Rouse ließ ein ersticktes Stöhnen hören. Ihr Mann fuhr fort. »Aber dann fiel mir diese Clow ein. Und ich dachte, wenn ich die vom Impfen überzeugen könnte, hätte ich ein bisschen wiedergutgemacht. Mrs. Ketchem hätte es gefallen. Also habe ich genau das getan, was sie gesagt hat. Ich bat sie, sich mit mir zu treffen, und das taten wir, und wir redeten.« Sein Mund zuckte, und auf einmal war er wieder der alte Allan Rouse. »Diese dumme Frau begriff einfach nicht, dass ansteckende Krankheiten tödlich sein können, egal wie viele homöopathische Heilmittelchen man schluckt. Manche Leute lernen’s nie.«
»War Ihr Sturz ein Unfall?«, fragte Russ.
»O ja.« Russ fasste an seinen Kopf. »Ich war wirklich erschrocken. Hatte Angst, ich könnte eine Gehirnerschütterung haben. Aber meine Sicht war gut, und ich war nicht benommen. Ich wollte nicht, dass diese Idiotin Clow mich nach Hause fährt. Ich hatte die Absicht, zur Klinik zurückzukehren, Renee eine Nachricht zu hinterlassen und dann meine Waffe zu benutzen.« Der Doktor tätschelte ihre Hände, so gut es seine Handschellen erlaubten. »Ich wollte dich nicht mit hineinziehen.«
»Was ist dann passiert?«
»Ich glaube, dieser Schlag auf den Kopf war schlimmer, als ich dachte. Ich stieg in meinen Wagen, fuhr los und knallte prompt gegen einen Baum.« Sein Blick schweifte in die Ferne. »Ich erinnere mich, dort in der Kälte und Dunkelheit gesessen zu haben, während ich dachte: Das war’s. Ich hatte den absoluten Tiefpunkt meines Lebens erreicht.« Er schauderte. »Und dann hielt ein Auto, um mir zu helfen.« Seine Stimme klang verwundert. »Skitouristen, auf dem Heimweg nach New York. Und mir kam der Gedanke, einfach so, dass ich mich ihnen anschließen könnte. Dass ich nicht sterben musste. Ich konnte einfach … verschwinden.« Er sah zu Mrs. Marshall hoch. »Wie Jonathon Ketchem.« Er wandte den Blick zu Russ. »Es war, als hätten mich schwere Ketten niedergedrückt, und auf einmal war ich frei. Ich nahm meine Brieftasche und das Bargeld, das ich für unsere Reise abgehoben hatte. Alles andere ließ ich zurück. Ich sagte ihnen, ich würde in New York wohnen, und sie haben mich die gesamte Strecke mitgenommen. Sobald ich dort war …« Er spreizte die Ellbogen, führte seine Obdachlosen-Verkleidung vor. »In New York ist es für einen Fünfundsechzigjährigen einfach, zu verschwinden.«
»Und weshalb sind Sie zurückgekehrt?«
Clare dachte an Hughs Anruf und wusste es, ehe Dr. Rouse antworten konnte. »Ich habe gestern früh einen Artikel in der Zeitung gelesen«, sagte er. »Über Renee.« Er sah zu ihr auf. Sie presste die Hände an ihre geröteten Wangen. »Ich konnte sie nicht länger im Ungewissen lassen. Ich wusste, dass ich zurückkehren und alles erklären musste.«
»Wir wissen das zu schätzen«, sagte Russ.
»Liebling, warum hast du es mir nicht von Anfang an gesagt? Ich hätte dir geholfen.«
Rouse schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Erst ist es eine Sache, dann eine andere, und ehe man sich’s versieht, sind die Probleme gewuchert wie ein Tumor und beherrschen das ganze Denken.« Er sah Clare an. »Es tut mir leid, dass ich Sie in den Keller gesperrt habe. Ich wollte einfach nur Renee sehen. Ich dachte immer noch, dass ich irgendwie davonkommen könnte.«
»Ich will wissen, warum Sie Renee gesagt haben, sie soll mich anrufen«, sagte Mrs. Marshall. Auf ihren normalerweise blassen Wangen brannten rote Flecken, und ihre Stimme klang wütend.
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