Die Blendende Klinge
Teufel ist da gerade passiert?«, verlangte Kip zu wissen und riss seine Hand weg.
»Hättest du es mir nur gesagt, dann hätte ich es dir einfacher machen können.«
»Was hätte ich Euch sagen sollen? Ist das irgendwie meine Schuld?« Kip war verängstigt und verärgert. War er verrückt? Was hatte sie ihm angetan?
»Willst du mir etwa sagen, dass du es nicht weißt? Die Karten stellen ihre Verbindung durch Licht her, Kip. Je mehr Farben du wandeln kannst, desto echter ist deine Erfahrung.«
»Was ist mit mir passiert?«, herrschte Kip sie an.
»Du hast mehr gesehen, als du sehen solltest. Mehr will ich jetzt nicht sagen.«
»War es Wirklichkeit?«
»Diese Frage ist schwieriger, als du dir vorstellen kannst.«
»Ist sie gestorben?«, hakte Kip nach.
»Zee? Nein, nicht in dieser Schlacht, obwohl sie sie verloren hat.«
»Sie hat gekämpft, gegen …« Kip hatte es nicht ganz verstanden.
»Darien Guile. Fünfzehn Jahre später schloss sie Frieden, indem sie ihn ihre Tochter heiraten ließ. Es hieß, sie habe ihn selbst heiraten wollen, aber sie sei schon zu alt gewesen, um Kinder zu gebären, und sie wusste, dass es dauerhaften Frieden nur geben konnte, wenn ihre Familien für immer miteinander verbunden wurden. Es gab Gerüchte über eine Affäre zwischen Zee und Darien, aber sie entsprachen nicht der Wahrheit. Darien Guile achtete Zee sehr hoch und hätte vielleicht lieber sie geheiratet, aber sie wussten beide, wie viel Blutvergießen der gebrochene Eid eines Mannes und die Torheit einer Frau zur Folge haben könnten. Eine bittere Lektion, die die Mitglieder deiner Familie einige Zeit später am eigenen Leib erfahren mussten.«
Kip wusste nicht, wovon sie sprach, aber er schloss aus der Art, wie sie es sagte, dass der zwischen Zee und Darien ausgefochtene Krieg mit etwas Persönlichem begonnen haben musste. »War er ein guter Mensch?«, fragte Kip.
»Darien? Er war ein Guile.«
»Was war die zweite Karte?« Irgendetwas mit Dagnu. Das war einer der alten heidnischen Götter. Kip fragte sich, wie alt die Karte gewesen war.
»Ein Fehler. Ich habe mir einfach die nächstbeste echte Karte geschnappt und hätte es eigentlich besser wissen sollen.«
Was alles andere als eine Antwort war. »Diese Karten bewirken all das?«, fragte Kip weiter und betrachtete die Wand voller Ehrfurcht und Angst.
»Nur die Originale.«
»Welches sind die Originale?«, wollte Kip wissen.
»Das werde ich dir nicht verraten. Aber ich kann dir sagen, dass viele der Karten hier mit Sprengfallen versehen sind. Wenn du versuchst, sie von der Wand zu nehmen, stehen dir einige sehr unangenehme Überraschungen bevor. Und wenn du sie von der Wand bekommst und dann versuchst, ihre Wahrheit zu wandeln, werden sie deinen Geist durch eine Hölle schicken, die du wahrscheinlich nicht überleben wirst.«
»Ich hatte gedacht, Ihr wolltet mir helfen«, erwiderte Kip.
»Das tue ich auch. Ich lasse dich nur wissen, dass du, wenn du mich bestiehlst, für immer den Verstand verlieren wirst. Selbst wenn man sich ihrer richtig bedient, bergen die echten Karten Gefahren. Nicht alle Wahrheiten sind schön. Diese Karten können einen Menschen in Wahnvorstellungen versinken lassen. Ihn dazu bringen, sich selbst zu verlieren. Sie können … grässliche Dinge bewirken – bei all jenen, die Macht nicht mit Weisheit verbinden.« Da war Bitterkeit in ihrer Stimme, aber bevor Kip eine Frage stellen konnte, fuhr sie fort: »Wie dem auch sei, eine Frau muss sich wohl oder übel schützen. Mich interessiert dein Vater nicht, es sei denn, es geht darum, seine Karte zu machen. Und du interessierst mich auch nicht, es sei denn, es geht um deine Karte. Das ist es, was ein Spiegel tut. Das ist es, was mich ausmacht. Es ist mein Auftrag von Orholam selbst, und ich werde ihn gut erfüllen. Wenn du mir dabei hilfst, werde ich auch dir mit Freuden helfen. Du hast mich wissen lassen, was du alles wandeln kannst. Das hilft ungemein, also möchte ich dir, als einen Anfang, den folgenden Rat geben: Wenn du mit dem Deck spielst, das Andross Guile dir gibt, wirst du immer verlieren.«
48
»Paryl ist einzigartig unter den Farben«, sagte Teias Privatlehrerin. »Und es ist auch einzigartig gefährlich.«
Teia runzelte die Stirn. Sie war davon ausgegangen, dass Paryl, da es die schwächste und schlechteste Farbe war, einen zumindest nicht in den Wahnsinn treiben oder zur Folge haben würde, dass man schließlich getötet wurde. Dann runzelte sie erneut die Stirn –
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